Reinhard Krumm und Oliver Möschter aus Reichshof halfen nach dem schweren Hochwasser in der Stadt Schleiden.
SommerwettbewerbReichshofer zeigten Zusammenhalt, als es darauf ankam

Auf dieser Bank in Reichshof-Lüsberg haben Oliver Möschter (l.) und Reinhard Krumm nach jeder Tour ihre Einsätze noch einmal nacherlebt.
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„Als wir ankamen, war es die Hölle – Krieg kann nicht schlimmer sein“, beschreibt Reinhard Krumm aus der Reichshofer Ortschaft Lüsberg seinen ersten Eindruck an Ort und Stelle nach der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021, davon war nicht nur das Ahrtal betroffen. Auch die Olef, ein Fluss auf dem Gebiet der Stadt Schleiden im Kreis Euskirchen, hatte verheerende Verwüstungen angerichtet.
„Die Berichte im Fernsehen waren erschütternd“, erinnert sich Krumm. Noch am selben Abend nahm er Kontakt zu Freunden auf, um irgendwie zu helfen, denn einer von ihnen hatte einen Bekannten in Schleiden-Gemünd. Zu sechst machten sie sich auf den Weg dorthin, mit Schaufeln, Besen und Schubkarren. Bei der Fahrt durch das Dorf sahen Krumm und seine Freunde überall verstreut liegende Haushaltsgeräte, ein Fiesta steckte hochkant im Garten: „Und Schlamm gab es ohne Ende.“
Eine unglaubliche Hilfsbereitschaft
Krumm berichtet von einer unglaublichen Hilfsbereitschaft. Landwirte mit Traktoren und Unternehmer mit ihren Lastwagen beförderten Elektrogeräte und Möbel an den Rand des Dorfs und dort auf eine hunderte Meter lange Halde. Nach dem ersten Arbeitseinsatz sei für den Reichshofer klar gewesen: „Ich muss noch einmal dorthin.“
Für die nächste Tour verabredete er sich mit seinem Freund Oliver Möschter aus Wildbergerhütte. Diesmal war Krumm durch einen Hilferuf im Internet auf eine junge Frau in Schleiden-Oberhausen aufmerksam geworden, die ein altes Haus gekauft hatte. Bei ihrem Eintreffen wimmelte es dort jedoch bereits von Helfenden, sodass sie sich nach anderen Hilfsbedürftigen umsahen. Ein Nachbar berichtete von einem alten, allein lebenden Ehepaar im ehemaligen Schulhaus. Beim Anblick des Gebäudes hinter der letzten verbliebenen Brücke über die Olef prophezeite Möschter: „Wenn wir da hineingehen, verändert sich alles mit uns.“ Es sei nicht ein Helfer zu sehen gewesen und das Ehepaar habe sich sehr über die Unterstützung gefreut.
Weitere Oberberger boten Unterstützung an
Bei den Arbeitseinsätzen an den folgenden Wochenenden blieben Krumm und Möschter nicht allein. Mitglieder der Dorfgemeinschaft Wildbergehütte-Bergerhof, des Vereins „Wir für Hütte“, der Bürgerinitiative Reichshof und der FWO boten ihre Unterstützung an.
Bis in den Herbst hinein fuhren jeweils rund 15 Helfer mit Möschters Transporter und dem Reichshofer Bürgerbus zu Gigi und Rainer, beide um die 75 Jahre alt. Der Bauhof stellte einen großen Häcksler zur Verfügung, um das Schwemmholz zu beseitigen. Zusätzliche Beschädigungen auf dem Gelände hatte ein Bergefahrzeug verursacht, das einen Wohnwagen von einem Strommast klaubte.
„Wir sind gute Freunde geworden“
Nach den Aufräumarbeiten ging es um die Wiederinstandsetzung des Gebäudes, vor allem zunächst um die Trocknung. Trotz seiner guten Kontakte zu Baumaschinenhändlern hatte Maurermeister Oliver Möschter damit Probleme: „Bautrockner konnte man zu dieser Zeit nur kaufen, Leihgeräte gab es nicht.“ Daher spendete der Verein „Wir für Hütte“ zwei Trockner im Wert von 1600 Euro.
Um auch die Elektrik instandsetzen zu können, waren weitere Mittel nötig. In einer weiteren Spendenaktion kamen etwa 8000 Euro in Wildbergerhütte zusammen, die Volksbank stellte ein kostenloses Konto. Während der Elektriker Heiko Stahlschmidt die Haupt- und Unterverteilungen reparierte, sägte Möschters Sohn Lars einen ganzen Abrollcontainer Holz in seinem mobilen Sägewerk, da auch die Heizung in dem Gebäude der Senioren den Geist aufgegeben hatte.
„Es war eine Welle der Hilfsbereitschaft auf der Hütte“, sagt Oliver Möschter erfreut. Rückblickend loben Reinhard Krumm und er die unglaubliche Hilfsbereitschaft nach dem Unglück, lastwagenweise seien Nahrung, Bekleidung und Hygieneartikel aus privaten Spenden zu den Menschen gebracht worden, und auch die Helfer im Dorf seien kostenlos verpflegt worden.
Der Metzger Bernd Hochhard aus Wildbergerhütte hatte der Hilfstruppe regelmäßig Grillfleisch und Fleischwurst mitgegeben. Möschter meint schmunzelnd: „Ohne diese Fleischwurst hätten wir gar nicht aufzutauchen brauchen.“ Im Nachhinein ist das Team froh, die Hilfe auf das ältere Ehepaar konzentriert zu haben: „Wir sind gute Freunde geworden.“ Und Reinhard Krumm resümiert: „Mein größter Gewinn ist, die Erfahrung gemacht zu haben, dass die Menschen zusammenhalten, wenn es drauf ankommt.“
Mein größter Gewinn
Mit der Volksbank Oberberg haben wir Sie bei unserem Sommerwettbewerb 2025 nach ihrem ganz persönlichen Gewinn gefragt. Unsere Redaktion hat 20 Teilnehmer ausgewählt, deren Geschichte wir in der Zeitung erzählen. Nach den Sommerferien bestimmt eine Jury, welche Teilnehmer es auf die drei vorderen Plätze schaffen und welche auf die Ränge vier bis 20. Im Oktober werden die Finalisten in der Volksbank Wiehl geehrt. (r)