Zum Auftakt des Verkehrsprojektes rund um die Goethestraße gab es von Polizei und Ordnungsamt nur Ermahnungen. Ab sofort drohen Geldbußen.
Gegen ElterntaxisDie Stadt Waldbröl hat Oberbergs erste Schulstraße eingerichtet

Ende der Diskussion: Carsten Eckey, Polizeibeamter im Bezirksdienst, verwehrt in Waldbröl einem Vater die Weiterfahrt. Seit Montag (27. Oktober 2025) ist die Goethestraße, die Zufahrt zum Schulzentrum, als Schulstraße ausgewiesen und damit zeitweise für den Verkehr gesperrt.
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Plötzlich reißt er, der Geduldsfaden. Carsten Eckey möchte nicht länger am offenen Autofenster diskutieren, energisch setzt der Polizeihauptkommissar dem Disput ein Ende: „Die Straße ist ab heute gesperrt, sofort wenden und das Kind auf einem der Parkplätze absetzen“, lautet die strikte Anweisung des Beamten im Bezirksdienst. 7.25 Uhr ist es, auf der Vennstraße am Waldbröler Schulzentrum knubbelt sich seit 7.05 Uhr der Verkehr.
Wer aber von dort abbiegen und dann die Goethestraße hinauffahren will, um die städtische Gesamtschule oder das Hollenberg-Gymnasium anzusteuern, der kommt an diesem Montagmorgen nicht weit.
Spätestens an der Einmündung zum Roseggerweg ist Schluss: Dort haben Carsten Eckey und Christoph Goße von der Polizeidirektion Verkehr Posten bezogen und stoppen jedes Auto: Von 7 bis 8 Uhr und erneut von 12.30 bis 15.45 Uhr ist die Strecke eine Schulstraße – die erste in Oberberg. Fahren darf dort zu diesen Zeiten nur, wer an einer der Schulen arbeitet, an der Goethestraße wohnt oder eine Genehmigung des Oberbergischen Kreises vorweisen kann.
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Vor Inbetriebnahme der ersten Schulstraße Oberbergs hat die Stadt Waldbröl immer wieder auf das kommende Verkehrsprojekt hingewiesen. An der Goethestraße hängt zudem dieses Transparent.
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Zehn „Elterntaxis“ bremsen die beiden Polizisten bis zum Beginn des Unterrichts um 7.35 Uhr, die Väter und Mütter kommen diesmal mit noch einer eindringlichen Ermahnung davon. Ab dem heutigen Dienstag kostet ein Verstoß gegen das Verbot der Durchfahrt 55 Euro. Sie hätten von dieser neuen Regelung nichts gewusst, erklären indes die Gestoppten – und bleiben zumeist ruhig dabei. Eine Mutter möchte ihre Kinder dennoch unbedingt vor der Schultür absetzen, „weil es doch regnet“. Und ein Vater beginnt mit dem Bezirksbeamten Eckey jene aussichtslose Diskussion. Wüst wendet er das Auto – Füße einziehen ist prompt angesagt.
An der Goethestraße in Waldbröl kommen Autos kaum aneinander vorbei
„Das sind die gefährlichen Situationen“, betont Frank Bohlscheid, Rektor des Gymnasiums, mit Blick auf den schmalen Asphalt: „Zwei Fahrzeuge kommen hier kaum aneinander vorbei, die Kinder und Jugendlichen wuseln drumherum.“ Um solche Gefahren zu verhindern, hat die Stadt Waldbröl im Sommer vergangenen Jahres mit der Planung der Schulstraße begonnen, einstimmig hat der Stadtrat im März deren Ausweisung beschlossen.
„Damit ist hoffentlich ein Weg gefunden, ohne eine Schranke Elterntaxis von den Schulen fernzuhalten und den Verkehrsfluss deutlich zu beruhigen“, sagt Kirsten Wallbaum-Buchholz, die Leiterin der benachbarten Gesamtschule.

Weil es für eine Schulstraße (noch) keine eigene Beschilderung gibt, greifen die Stadt Waldbröl und der Oberbergische Kreis auf mehrere Formen der Anordnung zurück, um die Sperrung der Goethestraße zu erwirken.
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Von einem gelungenen Auftakt spricht nach der ersten „Sperrstunde“ Rudolf Bergen, Mobilitätsmanager der Stadt. Er ist verantwortlich für dieses Pilotprojekt. „Tatsächlich waren die Anwohnerinnen und Anwohner aus rechtlicher Sicht ein größeres Problem als zuvor angenommen“, blickt Bergen zurück.
Denn die sollen immer freie Fahrt haben, ebenso jeder ihrer Besucher – egal, ob Handwerker, Pflegedienst oder Paketbote. „Daher haben wir Anliegerstraßen mit allen Konsequenzen ausgewiesen, Lieferverkehr ist auf diesen Straßen erlaubt.“ Gerald Pohl, Abteilungsleiter Verkehrsangelegenheiten im Straßenverkehrsamt des Kreises, ergänzt mit Bedauern: „Leider gibt es für solche Schulstraßen keine Beschilderungen, sodass wir mit dem vorhandenen Inventar auskommen müssen.“

Während der Bring- und Holzeiten staut sich auf dem Parkplatz an der Nutscheidhalle in Waldbröl der Elternverkehr.
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Die Anordnungen gelten nicht für die Goethestraße, sondern auch für die Nachbarschaft, nämlich für den Höhenweg, die Schillerstraße und die Heinrich-Heine-Straße: Diese werden ebenfalls von Eltern gern genutzt, um den Nachwuchs so dicht wie möglich ans Klassenzimmer zu bringen. Ab sofort sind diese Straßen gesperrt, das Parken ist verboten. Die Stadt hat Poller gesetzt. Dort sehen zum Auftakt zwei Kräfte des Waldbröler Ordnungsamtes nach dem Rechten – mit wenigen Ausnahmen erleben auch sie einen ruhigen Morgen.
Lehrkräfte und Bedienstete müssen ab sofort in Waldbröl an die Durchfahrt-Genehmigung denken
Etwa 700 Schülerinnen und Schüler drücken derzeit am Hollenberg-Gymnasium die Schulbank, an der Gesamtschule sind es rund 950. An beiden Schulen beginnt der Unterricht um 7.35 Uhr. 55 Bedienstete haben am Gymnasium einen Durchfahrtsschein erhalten, 110 an der Gesamtschule. Doch nicht jeder hat in den Herbstferien die Hausaufgaben gemacht: So mancher gibt an, die Bescheinigung des Kreises vergessen zu haben. „Die sollte stets gut sichtbar hinter der Frontscheibe liegen“, rät Kommissar Christoph Goße immer wieder.
Unterdessen erreicht Katharina Nowak aus Morsbach die Nutscheidhalle: Dreimal in der Woche bringt sie ihre Tochter zur Schule, immer hält sie auf dem Parkplatz dort: „Denn auf der Goethestraße haben wir früher so manche gefährliche Situation erlebt.“ Die Schulstraße sei also eine gute Sache, urteilt Nowak.
Der stark genutzte Parkplatz an der Halle und auch der an diesem Morgen deutlich weniger genutzte an der Vennstraße gegenüber gehören zu den sechs Flächen, auf denen Eltern ihre Kinder fortan absetzen oder nach dem Unterricht abholen sollen. „Man läuft drei bis sechs Minuten, das ist keine Zumutung“, sagt Mobilitätsmanager Rudolf Bergen.
Das Verkehrsprojekt ist in Waldbröl zunächst auf ein Jahr befristet
Die Schulstraße ist ein Verkehrsprojekt, das zunächst auf ein Jahr befristet. Dieses soll aber eine tiefgreifende Auswertung erfahren – und zwar auf Veranlassung der Bundesanstalt für Straßenwesen, sie spendiert eine Datenerhebung mit zehn Kameras und Zählgeräten.
Die Bergische Universität und das Planungsbüro Bueffee, beide in Wuppertal ansässig, wollen das Vorhaben zudem begleiten, dokumentieren und wissenschaftlich betrachten. Geplant sind dafür unter anderem Verkehrszählungen, zwei im Winter, zwei im Sommer.
Inzwischen ist eine solche Schulstraße auch in Waldbröls Nachbargemeinde Nümbrecht im Gespräch, und zwar an der Gemeinschaftsgrundschule „Auf dem Höchsten“ in der Ortschaft Gaderoth.

