Der Vormarsch der KI wirkt sich noch nicht so sehr auf Oberbergs Ausbildungsmarkt aus. Und das hat einen guten Grund.
AusbildungsmarktIn oberbergischen Betrieben zählt praktische Intelligenz

Fischer-Technik, die begeistert: Unitechnik-Ausbilder Dennis Hertel (r.) und Azubi Nils Bergerhoff arbeiten gern mit dem Fabrikmodell.
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Unitechnik-Chef Wolfgang Cieplik hat es einst selbst so gemacht. Eine Ausbildung hält er noch immer für den „goldenen Weg“ zum Berufseinstieg. Später hat er ein Informatikstudium drangehängt und leitet heute mit Erfolg ein Automatisierungsunternehmen, das mehr als 300 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von mehr als 60 Millionen Euro macht.
Am Standort im Wiehler Industriegebiet Bomig waren am Donnerstag die Vertreter der Ausbildungsinitiative Oberberg zu Gast und berichteten von der Situation auf dem hiesigen Ausbildungsmarkt. Nicole Jordy, Geschäftsführerin der für Oberberg zuständigen Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach meldet, dass es erstmals seit 2018 wieder mehr Bewerber als Stellen gibt. Das rechnerische Verhältnis ist nun 115 zu 100.
Noch 240 Plätze frei in Oberberg
Erfreulich ist aus ihrer Sicht, dass die Zahl der jungen Leute, die sich von der Arbeitsagentur beraten lassen, um zehn Prozent gestiegen ist. Dass derzeit noch 310 Bewerber eine Stelle suchen und zugleich 240 Plätze unbesetzt sind, liege auch am mangelnden Wissen über die Möglichkeiten: „Es gibt mehr als 300 verschiedene Ausbildungsberufe, aber viele Leute kennen nur zehn.“
Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Oberberg, beschreibt schwierige Rahmenbedingungen, die besonders in Oberberg auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe durchschlagen: „Die aktuelle Wirtschaftskrise ist eine Industriekrise.“ Bei den gewerblich-technischen Berufen seien darum 11,6 Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen worden. Die junge Leute sollten aber wissen: „Auch jetzt im November kann man noch eine Ausbildung beginnen.“
Oberbergische Handwerker setzen auf die Strompreisbremse
Wie immer um zwei Jahre verzögert sei die Krise auch in seiner Branche angekommen, berichtet Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Er beklagt die politische Unsicherheit bei der Wärmewende, setzt aber einige Hoffnung auf die für Januar angekündigten Senkung des Strompreises für die Industriebetriebe.
Bei Unitechnik gibt es derzeit 16 Azubis in vier Berufen, nämlich angehende Fachinformatiker, Elektroniker, Industriekaufleute und Lagerlogistiker. Die Zahl der eingehenden Bewerbungen sei zuletzt hoch gewesen, sagt Personalleiterin Marion Minniker. Darunter allerdings viele, die schluderig mit KI-Programmen erstellt wurden.
Sie ist mit ihrem Chef einig, dass Künstliche Intelligenz auch bei Unitechnik auf unabsehbare Zeit noch auf menschliche Begleitung angewiesen sein wird. Wolfgang Cieplik ist überzeugt: „Es ist ein Irrglaube, dass wir keine Informatiker mehr brauchen.“ Diese Fachleute seien weiterhin unverzichtbar, wenn digitale Anwendungen auf die komplexen Anforderungen der Kunden angepasst werden müssen.
Eine Ausbildung zum Fachinformatiker sei darum zukunftsträchtig. Cieplik ist zugleich der Auffassung, dass die klassische Lehre (mit anschließendem Hochschulbesuch) dem derzeit hoch gehandelten Dualen Studium vorzuziehen ist. Die aufeinander aufbauende Qualifikation sei ein stabileres Fundament. Und dafür muss man auch nicht unbedingt ein Abitur mitbringen – und hat dennoch alle Chancen.

