Schauspielstudio Oberberg zeigt zum Saisonauftakt das Politdrama „Terror“ von Ferdinand von Schirach in Wiehl.
SchauspielstudioIn Wiehl wurde die Schuldfrage dem Publikum gestellt

Militär im Zeugenstand: Ein Luftwaffenoffizier (Martin von Mauschwitz) schildert seine Sicht auf den Vorfall.
Copyright: Siegbert Dierke
Sachlich und kühl wirkt das Bühnenbild in Weiß, Schwarz, Grau mit einem mittig aufgestellten Vernehmungsstuhl im Blickpunkt des Publikums. Ferdinand von Schirachs Drama „Terror“ versetzt die Zuschauer in einen Schwurgerichtssaal, und die Wiehler Inszenierung will nicht vom Kern des Dramas ablenken. Es geht um Schuld oder Nichtschuld eines Kampfjetpiloten.
Der Pilot Lars Koch (Fabian Beer) hat ein Flugzeug mit 164 Passagieren eigenmächtig abgeschossen, um zu verhindern, dass Terroristen den Jet in ein Stadion mit 70.000 Besuchern abstürzen lassen. Die Frage nach der Verantwortung des Piloten überträgt der Autor an das Publikum, das am Ende der Verhandlung darüber als Jury abstimmen soll. Da der Angeklagte voll geständig ist, steht nur die Strafwürdigkeit der Tat zur Diskussion.
Leidenschaft und Rhetorik
Einer äußerst sachlichen Schilderung des Vorfalls durch die Vorsitzende des Gerichts (Sabine Müller, sehr glaubwürdig und objektiv) steht das leidenschaftliche Plädoyer des Verteidigers Biegler (Rolf Peter Klaus) gegenüber. Auf dessen Argumentation für einen Freispruch des Angeklagten reagiert die rhetorisch geschickte Staatsanwältin (Angela Harrock, beachtlich), indem sie den Schuldspruch fordert.
Mit dem Auftreten der Nebenklägerin und Zeugin Franziska Meiser (Beate Breiderhoff), deren Mann beim Abschuss der Maschine getötet wurde, wird das Publikum herausgefordert, sein Urteil zu überdenken. Eine präzise Schilderung der militärischen Schritte während der Krisensituation gibt Zeuge Christian Lauterbach (Martin von Mauschwitz, sehr überzeugend als Vertreter militärischer Prinzipien). Kritisch befragt zur Handlungsweise seines Kollegen, äußert er nur: „Es ist nicht meine Aufgabe, Befehle zu hinterfragen.“ Dass amtlicherseits keine Räumung des Stadions angeordnet wurde, quittiert er mit Ausreden.
Die bedrückende Aktualität des Vorfalls und alle sich daraus ergebenden Fragen rückt Autor von Schirach, selbst ein praktizierender Strafverteidiger, unbarmherzig ins Blickfeld der Zuschauer. Die Darsteller, hervorragend geführt von der jungen Regisseurin Anna Franziska Pflitsch, überzeugen sämtlich mit engagiertem und hinreißend beeindruckendem Spiel.
Der beste Beweis für den Erfolg dieser differenzierten Darstellung ist das gespaltene Urteil des Publikums bei der Premiere: In der Frage „schuldig“ oder „nicht schuldig“ ergibt sich nach der (geheimen) Abstimmung ein Verhältnis von 19 Stimmen (Verurteilung) zu 35 Stimmen (Freispruch).
Weitere Aufführungen folgen am 27. und 28 . September sowie 1., 3., 4., 5., 6., 25. und 26. Oktober in der Aula der Grundschule Wiehl. Karten gibt es bei Wiehl-Ticket, (0 22 62) 99-285.