Sorge vor Einbrechern braucht Familie Scholz nicht zu haben. Neben den drei Hunden wacht Artemis mit scharfen Augen und Ohren über ihr Revier und meldet mit lauten Rufen jeden fremden Eindringling.
Falknerei FrechenEin Steinadler namens Richard

Falknerei Skyhunters der Familie Scholz: (v.l.), Rouven, Barbara und Mario "Ari". Alle haben ein Händchen für Greifvögel.
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Artemis ist ein Adler, genauer gesagt eine Kordillerenadler-Dame (Aguja), und ihr Revier ist ein großer Garten mitten in einem Frechener Wohngebiet. Sie teilt es mit zehn weiteren Greifvögeln, sechs Frettchen, den Hunden und Katzen. Betreut werden sie von Mario Scholz, seiner Frau Barbara Eggers-Scholz, Sohn Rouven und 20 weiteren freiwilligen Helfern. Die „Skyhunters“ bieten für Schulklassen und Privatpersonen Führungen, Fotoshootings, Falknerseminare oder Spaziergänge mit Raubvögeln an, besuchen aber auch Mittelaltermärkte oder Kindergärten und bieten so „gelebten Naturschutz“, wie Falkner Mario Scholz, genannt „Ari“, betont.
Schnellster Vogel der Welt
In seinem privaten Refugium hält der leidenschaftliche und inzwischen hauptberufliche Falkner seit mehr als zehn Jahren heimische Arten wie Steinkäuze und Eulen, aber auch „Exoten“ wie Amerikanische Wüstenbussarde (Harris Hawks) oder den Sakerfalken Venom, den mit 250 Stundenkilometern im Geradeausflug schnellsten Vogel der Welt. Vor allem im Nahen und Mittleren Osten werden die agilen und eleganten Tiere daher als Jagdgenossen und Statussymbole geschätzt. Die majestätische Artemis, eine Nachzucht der entlang der Anden heimischen Agujas, ist mit ihren beeindruckenden 1,80 Meter Flügelspannweite, den scharfen Krallen und dem starken Schnabel eine respekteinflößende Erscheinung, doch nicht der größte gefiederte Bewohner der Frechener Falknerei.
In seiner eigenen großen Voliere residiert der 23 Jahre alte Steinadler Richard. „Mit ihm habe ich mir meinen falknerischen Lebenstraum erfüllt“, sagt Ari beim Betreten der Voliere. Die Zuneigung beruht ganz offensichtlich auf Gegenseitigkeit, denn der mächtige Greifvogel mit einer Flügelspannweite von zwei Metern und einer Druckkraft von 1000 Kilogramm in den Fängen steigt ruhig und bereitwillig auf Aris behandschuhten Arm. „Für ihn bin ich sein Partner“, erklärt der Falkner, und streichelt Richard sanft über den Rücken. Steinadler sind in der Natur monogam und binden sich fürs Leben. Deshalb ist Ari auch der Einzige, der Richard auf dem Arm trägt. Alle anderen Raub- und Greifvögel dürfen auch die Besucher „übernehmen“, Auge in Auge mit den faszinierenden Tieren.

Marlene aus Bonn ging auf Tuchfühlung mit Schleiereule Selenia.
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Eine Erfahrung, die wohl niemanden unbeeindruckt lässt. Am Samstagvormittag ist es zum Beispiel Marlene aus Bonn, die mit ihrem Bruder und der Mutter eine Führung bei den Skyhunters gebucht hat. Auf ihrer Schulter sitzt Schleiereule Selenia und untersucht eindringlich Marlenes schulterlange Haarpracht. „Selenia ist unsere einzige Handaufzucht, deshalb sehr auf Menschen bezogen und eine echte Schmusebacke“, sagt Ari. Grundsätzlich achten der Falkner und sein Team sorgsam darauf, dass die Vögel keinen Stress haben. „Wenn sie keine Lust haben oder sie sich unwohl fühlen, zwingen wir sie zu nichts. Meine Tiere haben alles, nur keinen Stress“, betont er.
Und auch, dass die Vögel in ihren separaten Bereichen an langen Leinen angebunden seien, sei keine Tierquälerei - im Gegenteil. Bis auf die Harris Hawks, die als „Wölfe der Lüfte“ in Gruppen jagen, seien Greifvögel Einzelgänger und würden sich ohne Anbindung gegenseitig angreifen. „Wegfliegen würden sie nicht, sie haben hier alles, was sie brauchen. Außerdem sitzen Raubvögel auch in der Natur 98 Prozent der Zeit und bewegen sich kaum, um Energie zu sparen“, weiß Ari. Doch wie kommt man zu einer so außergewöhnlichen Passion wie der Falknerei? „Die Frau ist schuld“, antwortet er lachend.

Kordillerenadler Artemis beeindruckt mit starken Klauen und scharfem Schnabel.
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Als Barbara Eggers-Scholz ihrem Mann und Hobbyfotografen einmal zum Geburtstag einen Workshop in einer Falknerei geschenkt hat, war es um ihn geschehen. Er begann, ehrenamtlich mitzuhelfen, eignete sich Wissen im Umgang mit den Vögeln an und machte seinen Jagdschein. „Der ist in Deutschland Voraussetzung.“ Schließlich sei die Falknerei nur ein anderes Wort für die Beizjagd, also das Jagen mit Greifvögeln. Anschließend folgten der Falknerschein und für die Haltung der Tiere die Genehmigung von Veterinäramt und Naturschutzbehörde. Voraussetzung dafür sei nicht nur die artgerechte Unterbringung und Versorgung der Vögel, sondern auch, dass sie regelmäßig frei fliegen können, betont Ari. „Das geht nicht irgendwo, sondern nur in einem Jagdrevier, das mir zum Glück ein befreundeter Jäger zur Verfügung stellt.“
Zwei besondere Publikumslieblinge sind jetzt im Frühling allerdings bei den Skyhunters nicht zu sehen. Das Steinkauzpärchen Rommi und Nepomuk bebrütet vier Eier und verträgt dabei keine Störung. Deshalb ist ihre Voliere mit Tüchern abgehängt. „Seit sieben Jahren nehme ich an einem Auswilderungsprogramm teil“, erzählt Ari. So konnten bereits rund 30 Jungkäuze in geeignete Habitate entlassen werden. Das können Streuobstwiesen oder auch Bauern- und Pferdehöfe sein. Denn die Lieblingsspeise der winzigen Eulen sind Mäuse – was sie bei Hofbesitzern besonders beliebt macht.
Hilfe für den Notfall
Falkner Mario Scholz und sein Team arbeiten auch mit Polizei und Feuerwehr zusammen und nehmen verletzte oder kranke Greifvögel auf. Auch Privatpersonen können sich an den Falkner wenden, wenn sie ein hilfloses Tier finden. Der Frechener übernimmt die Notversorgung und übergibt die Vögel gegebenenfalls an kompetente Pflegestationen. Weitere Infos und Kontakt im Internet.