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Ticket nur mit KarteGo.Rheinland verzichtet an Bahnhöfen im Rhein-Erft-Kreis auf Barzahlung

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt einen Fahrkartenautomaten.

Der Fahrkartenautomat in Kerpen-Buir nimmt kein Bargeld an.

Bei vielen Menschen in Kerpen sorgt diese Entscheidung für Verärgerung. Denn vor allem ältere Kunden zahlen gerne in bar.

Im Bahnhof von Kerpen-Buir ist das Barzahlen abgeschafft. Der Kauf von Tickets des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) ist hier nur noch bargeldlos möglich. Das bestätigte „go.Rheinland“ auf Anfrage. Go.Rheinland ist der Dachzweckverband, dem der VRS und der Aachener Verkehrsverbund angehören. Beim Ticketkauf am Automaten sind künftig Scheine und Münzen nicht mehr vorgesehen. Der Beginn des bargeldlosen Zeitalters hat mit einem Wechsel der Gesellschaft zu tun, die für die Fahrkarten-Automaten verantwortlich ist. Das teilte die Deutsche Bahn mit: „An den Stationen im Gebiet des Aufgabenträgers go.Rheinland hat bislang die Deutsche Bahn (DB) die Fahrkartenautomaten auf den Bahnsteigen betrieben. Künftig ist die Transdev Vertrieb GmbH für diese Automaten zuständig.“

Noch ist die Umstellung nicht vollkommen abgeschlossen: „Die Übergabe von DB an Transdev erfolgt im Zeitraum von März bis Ende August 2025“, teilt ein DB-Sprecher mit. Er klärt weiter auf: „In Horrem gibt es nach der erfolgreichen Übergabe nur noch drei Automaten. Der vierte wird nicht mehr benötigt und daher bis Ende des Jahres zurückgebaut. In Buir sind die Automaten seit Mitte Mai umgestellt. In Sindorf hat die DB keine Automaten betrieben. Hier sind jedoch Automaten von Transdev in Betrieb.“

Kerpen: Rund 50 Prozent der Automaten bargeldlos

Susanne Bölke, Pressesprecherin bei go.Rheinland, in deren Auftrag die Transdev arbeitet, erklärt: „Mittlerweile arbeiten rund 50 Prozent unserer Fahrscheinautomaten bargeldlos – eine Entwicklung, die sich zunehmend als notwendig erwiesen hat. Ein zentraler Grund dafür ist der zunehmende Vandalismus: Automaten, die Bargeld annehmen, werden häufiger Ziel von Aufbruchsversuchen und Beschädigungen.“ Die Reparaturkosten und Ausfallzeiten der Automaten seien hoch, beides zulasten des Serviceangebots.

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Zudem bezahlen ihr zufolge mittlerweile viele Kunden kontaktlos oder mit EC- oder Kreditkarte. „Durch den Einsatz bargeldloser Fahrscheinautomaten können nicht nur die Betriebskosten gesenkt, sondern auch die Verfügbarkeit und Funktionsfähigkeit der Automaten verbessert werden“, erläutert die Sprecherin. Die Entscheidung diene also dazu, „mehr Zuverlässigkeit, Sicherheit und Effizienz im Vertriebssystem“ zu etablieren.

In Buir seien durch die Übernahme demnach zwei neue Automaten aufgestellt worden, beide funktionieren bargeldlos. „In Horrem gibt es drei neue Automaten, zwei davon funktionieren bargeldlos, während an einem die Bezahlung mit Bargeld möglich ist“, sagt Bölke.

Doch das sind nicht die einzigen Automaten in Hand der go.Rheinland, an denen nur noch mit Karte gezahlt werden kann. Bölke erklärt: „Nach aktuellem Stand befinden sich im Zuständigkeitsbereich von go.Rheinland an folgenden Stationen Fahrscheinautomaten, die ausschließlich bargeldlose Zahlungen ermöglichen: Buir, Glesch, Hürth-Kalscheuren, Paffendorf.“ An diesen Bahnhöfen sei die Umstellung „bereits vollständig erfolgt“.

Tickets können auch im Kundencenter gekauft werden

Auf die Frage, wie vor allem ältere, wenig technikaffine Menschen weiterhin mit Bargeld zahlen können, antwortet sie: „Alternativ können Fahrgäste in Horrem ihre Tickets in unserem im April eröffneten Kundencenter per Barzahlung kaufen.“

Eine weitere Option, Tickets zu kaufen, sei die „myGo-App“. Die Sprecherin erläutert das Angebot: „Über die App können Fahrkarten gekauft und verwaltet sowie Rechnungen eingesehen werden.“ Auch das Deutschlandticket sei darüber erhältlich. „Zudem können die Fahrgäste auch den elektronischen Luftlinien-Tarif eezy.nrw problemlos nutzen, indem per myGo vor dem Einstieg eingecheckt und am Ziel wieder ausgecheckt wird. Im Hintergrund übernimmt die App die Berechnung des Fahrpreises für die gefahrene Strecke, der über das zuvor hinterlegte Zahlungsmittel abgerechnet wird. Die Fahrgäste benötigen daher keine Tarifkenntnisse mehr.“

Für Kritik sorgte die Entscheidung bei der SPD-Fraktion in Kerpen. Sie fordert „die Deutsche Bahn auf, umgehend sicherzustellen, dass Fahrkarten an allen Automaten wieder mit Bargeld bezahlt werden können“.

Thomas Jurczyk, Bürgermeisterkandidat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD in Kerpen, äußert sich empört: „Es ist absolut unverfroren, in einem Land, in dem immer noch über 50 Prozent der Transaktionen bar bezahlt werden, die Möglichkeit der Bargeldzahlung an Ticketautomaten ersatzlos zu streichen. Das ist eine Missachtung der Bedürfnisse vieler Bürgerinnen und Bürger, insbesondere älterer Menschen oder solcher ohne Zugang zu digitalen Zahlungsoptionen. Zumal nun auch Ortsteile ungleich behandelt werden. Wer entscheidet bei der Bahn oder bei go.Rheinland, in welchem Ort man mit Bargeld bezahlen darf und in welchem nicht?“

Jurczyk betont weiter den Mangel an Transparenz: „Dass ein solcher Wechsel ohne jegliche Vorabinformation oder Kommunikation stattfindet, ist ein Unding.“ Einen entsprechenden Antrag reichte der sachkundige Bürger Torsten Müller (SPD) im Nachgang ein. Er beantragt, „dass die Kolpingstadt Kerpen die go.Rheinland auffordert, unverzüglich die Möglichkeit des Fahrkartenerwerbs in bar am Buirer S-Bahnhof wiederherzustellen sowie an den anderen Kerpener Bahnhöfen zu erhalten“. 

Die go.Rheinland behält sich zudem vor, weitere Automaten auf bargeldlose Zahlung umzustellen. Bölke sagt: „Grundsätzlich behält sich go.Rheinland vor, besonders im Falle von erhöhtem Vandalismus weitere Automaten auf bargeldlose Zahlung umzustellen. Eine konkrete Planung für zusätzliche Umstellungen liegt zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht vor.“