Der heute 85 Jahre alte Helmut Schumacher erinnert sich an das Ende des Zweiten Weltkrieges in dem kleinen Hennefer Dorf Bröl.
KriegsendeAls die Amerikaner in Hennef die Bröl überquerten und das Dorf einnahmen

Helmut Schumacher hat als Kind erlebt, wie amerikanische Soldaten die Bröl überquerten und das Dorf einnahmen.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
„Es war ein wunderbarer, sonniger Tag“, erinnert sich Helmut Schumacher an den 9. April 1945. Fünf Jahre alt war er damals, aber die Erinnerung an die damaligen Ereignisse sind sehr lebendig. Mit seinem Vater war er aus dem Oberdorf zu einer Wiese am Ortsausgang von Bröl Richtung Ruppichteroth gegangen, die die Familie bestellte. Sie standen hoch im Hang. „Wir schauten hinunter ins Tal.“
Plötzlich wurde das idyllische Bild durchbrochen. „Eine Fahrzeugschlange kam aus dem Wald raus“, erzählt der heute 85-Jährige. „Lastwagen, Jeeps und Kettenfahrzeuge rollten zur Bröl und dann durch den Bach durch.“ Die Militärwagen verteilten sich, einige fuhren die Straße Am Berg hoch, wo die Schumachers standen. „Wir sind ins Dorf rein.“
Wir hatten noch nie einen Amerikaner gesehen.
Es war eine ganz neue Erfahrung. „Wir hatten noch nie einen Amerikaner gesehen“, so der Ur-Bröler, „die Soldaten haben sich verteilt, hielten ihre Gewehre schussbereit und haben alle Häuser durchsucht.“ Es sei die Furcht vor fanatischen Kämpfern gewesen, die sie so vorsichtig agieren ließ. „Es ist kein Schuss gefallen. Die Dorfbewohner hatten weiße Bettwäsche aus dem Fenster gehängt.“
Gefunden haben die amerikanischen Soldaten nichts, „nicht mal eine Waffe“. Niemand wurde verletzt, nichts beschädigt. Die Einnahme von Bröl verlief unspektakulär, allerdings nicht für den kleinen Helmut: „Mir standen Mund und Augen offen. Wir hatten ja keine Furcht, sondern haben denen mit Spannung entgegen gesehen.“ Seine Eltern seien alles andere als Nazi-Anhänger gewesen.

In dieser Schlucht im Oberdorf von Bröl war ein Bunker in den Hang gegraben.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Die Monate und Wochen Tage zuvor waren immer wieder Bomberverbände über das Dorf geflogen. Die Bewohner hatten sich Bunker gebaut, einer für das Oberdorf war in der so genannten Kuhl, einer kleinen Schlucht. In den Hang hinein waren die Schutzplätze gegraben. Schumacher weiß noch, wie er mit seiner Familie darin ausgeharrt hat.
Schumacher hat noch frühere Erinnerungen. Im Dorf waren in nahezu jedem Haus deutsche Soldaten einquartiert worden. Auf einem Platz, dort wo heute die ehemalige Gaststätte Wolters ist, hielten sie Appelle ab. Irgendwann stellten sie den kleinen, neugierigen Jungen, der jeden Tag wiederkam, in ihre Reihen.
Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner war er Zeuge von tagelangen Artilleriegefechten. In Happerschoß war eine deutsche Stellung, wo genau die Amerikaner standen, weiß er nicht. Es gab US-Truppen auf den Höhen der Nutscheid. Bekannt ist auch, dass die Amerikaner auf den Sieghöhen auf der Stadt Blankenberger Seite stationiert waren. Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll lag in Oberauel als Soldat und beobachtete die gegnerischen Seite über die Sieg. Heimatforscher Professor Helmut Fischer hat dessen Tagebucheinträge gesammelt und in einem Beitrag zusammengefasst.
Der Frontverlauf war in diesen Tagen sehr dynamisch. Die Amerikaner hatten in Lauthausen und Weldergoven die Sieg überquert, den deutschen Widerstand gebrochen. Nach dem Ende des Beschusses rückten Soldaten des 386. Infanterieregiments über Bödingen vor, die Kräfte, die Schumacher gesehen hat, wie er bei späteren Nachforschungen erfuhr.

Über diese Wiese fuhren Jeeps, Kettenfahrzeuge und Lastwagen in Richtung Bröl.
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Am gleichen Tag wurde auch das umkämpfte Schloss Allner eingenommen, unter anderem vom 387. Infanterieregiment der 97. Infanterie-Division, das von gepanzerten Fahrzeugen der 13. US-Armoured Divison unterstützt wurde. Die Verbände gehörten zum südlichen Teil des so genannten Ruhrkessel. Die beiden Regimenter schlossen sich zusammen und zogen weiter nach Heisterschoß und Happerschoß, wo die mutige Else Kolf ihnen mit weißem Betttuch entgegen kam und das Dorf übergab, wie es Werner Gerhardus in einem Beitrag für die Heimatgeschichte nachgezeichnet hat.
Für Schumacher begann eine spannende Zeit. In den Tagen nach dem 9. April fuhren immer wieder Jeeps durch das Bröltal. Wir Kinder waren die Freunde der Amis, weiß er noch, die warfen auch schon mal Schokolade zu uns. Gesprochen hat er nicht mit ihnen, keiner beherrschte die englische Sprache. Den Amerikanern war es bei Strafe verboten, mit der deutschen Bevölkerung Kontakte zu pflegen. Eine andere Erinnerung war ebenso prägend für den Jungen aus einem kleinen Dorf fernab der Großstädte: „Wir haben die ersten schwarzen Menschen gesehen.“