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Vogelgrippe-RisikoTausende Martinsgänse müssen in Rhein-Sieg in den Stall

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Martins- und Weihnachtsgänse

Ab in den Stall: Die Gänse auf Gut Schiefelbusch müssen für ein paar Wochen aufs Graszupfen verzichten, zu groß ist das Vogelgrippe-Risiko. (Archivfoto)

Landwirte stallen die Tiere auf, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Biobetriebe dürfen das aber nicht.

Auf Gut Schiefelbusch ist Hochsaison für Martins- und Weihnachtsgänse, Thanksgiving-Puten und Enten. Knapp 5000 Tiere schnattern und gurgeln im Freiland - normalerweise. Doch im Moment ist nichts mehr normal für die Lohmarer Landwirte. Trimborns fürchten die Gefahr von oben: Fällt ein kranker Kranich wegen der Vogelgrippe vom Himmel, wie anderswo geschehen, müsste der gesamte Bestand gekeult werden.

Daher hieß es schon vor Wochen: Abmarsch in den Stall, erzählt Jungbauer Andreas Trimborn, im Familienbetrieb zuständig fürs Federvieh. „Zum Glück haben wir in den letzten Jahren große Ställe gebaut, darin fühlen sich die Tiere auch bei Regenwetter und bei Kälte wohler.“   

Statt Gras gibt es nun Getreide – ein Minusgeschäft für den Bauern aus Lohmar

Mit Stroheinstreu, Heu und Getreideschrot sei auch für gesunde Ernährung gesorgt. Denn saftiges Gras zu zupfen, sei ja momentan unmöglich. Das wäre die kostengünstigste Variante der Versorgung, so der 38-Jährige. So zahlt der Bauer drauf. Es sei ein Glück, dass Gut Schiefelbusch das komplette Futter selbst erzeuge.   

Damit werde auch das Ansteckungsrisiko gemindert, denn jeder Lkw von außen berge die Gefahr, das Virus auf den Hof zu transportieren. Die Schlachtung finde ebenfalls vor Ort statt, bis Weihnachten sei man damit durch.

Andreas Trimborn ist auf Gut Schiefelbusch verantwortlich fürs Federvieh.

Andreas Trimborn ist auf Gut Schiefelbusch verantwortlich fürs Federvieh. (Archivbild)

Dann spätestens sei auch die Vogelgrippe kein Thema mehr, erklärt Andreas Trimborn. Die wüte in diesem Jahr so stark wie noch nie, „es sind brutale Zahlen, da wird einem Angst und Bange“. Noch betreffe das vor allem Höfe in Niedersachsen und Ostwestfalen und keinen Kollegen im Westen, jeden Abend schicke der Geflügelverband NRW eine Zusammenfassung vom Tag.

Die Züchter und Halter seien bemüht, ihre Tiere zu schützen. Auch, weil die Tierseuchenversicherung nicht den kompletten Schaden ausgleiche, zum anderen könnte dem Kunden beim Anblick von gekeulten Tieren auf längere Zeit der Appetit vergehen: „Das sind keine schönen Bilder.“ In ein bis zwei Wochen, so rechnet Andreas Trimborn, sei der Vogelflug vorbei.

Nur die Baby-Puten dürfen auf dem Biohof Klein in Hennef in den Stall

Der Geflügelhof Klein in Hennef hofft, dass die Gefahr vorüberfliegt. Hunderte Gänse, Puten, Enten und Hühner tagsüber in den Stall zu sperren, sei keine Option, sagt Inge Klein. „Wir sind ein Bio-Hof, dann verlören wir unser Bio-Siegel.“ Seit den 1980er Jahren gibt es die Zucht in Uckerath, die erfahrene Landwirtin hat die Verantwortung zwar längst in die Hände von Sohn Florian gelegt, hilft aber nach wie vor tatkräftig mit. Zweimal in der Woche steht sie auf Märkten.

Mit der Gefahr durch die Vogelgrippe würden sie schon seit Jahren leben, sagt sie: „Solange die Politiker keine Stallpflicht anordnen, haben wir keine Wahl.“ Nur dann könne man das Bio-Siegel weiter nutzen. Im Stall dürften derzeit nur die Baby-Puten bleiben, „die sind besonders empfindlich“.                

Die Hühnerhaltung ist ein Liebhaber-Projekt, das „Weideei“ aus Much ein Bioprodukt

Morgens um zehn Uhr öffnet die Stalltür in Much-Gippenstein automatisch, abends kehren die rund 550 Hühner freiwillig in den Schutzraum zurück, erzählt Alexandra Metzner. Tagsüber geht's an die frische Luft, denn das „Weideei“, das es im SB-Hoflädchen gibt, ist ein Bioprodukt.    

Die Hühnerhaltung sei ein Liebhaber-Projekt auf dem Milchviehof. Klein angefangen haben Metzners mit einem Mobilstall, als das Geschäft mit den regionalen Produkten während Corona boomte, wollten sie weitere Mobilställe anschaffen, entscheiden sich aber wegen des hohen Kaufpreises für den Ausbau eines alten Gebäudes.

Nachts müsse der Stall zu sein, wegen des Fuchses: „Wenn der in einen Blutrausch gerät, sind alle Tiere tot.“ Diese Gefahr zumindest könne man minimieren, sagt Alexandra Metzner. Gegen die Vogelgrippe aber, wenn ein Zugvogel vom Himmel falle, seien die Biobetriebe machtlos.  


55 Betriebe

Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es 55 Geflügel-Betriebe. 13 davon haben mehr als 1000 Tiere, der größte Betrieb in Niederkassel hat etwa 17.000. 16 Höfe haben zwischen 350 und 1000 „Stück Geflügel“, so die Kreis-Pressestelle, in 26 Betrieben wachsen zwischen 100 und 350 Tiere heran. Nicht unterschieden wird zwischen den Schwerpunkten Fleisch- und Eierproduktion. Das Geschäft mit Gänsen spielt vor allem von Mai bis Dezember eine Rolle.