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Mannstaedt-JubiläumDie Hütte prägt Troisdorf seit 200 Jahren

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Die 200-jährige Geschichte der Mannstaedt-Werke ist Gegenstand eines Buchs, das die Historikerin Dr. Petra Recklies-Dahlmann geschrieben hat.

Eine Ansicht der Friedrich-Wilhelms-Hütte nach der Inbetriebnahme des zweiten Hochofens um 1853.

Nach der Ausstellungseröffnung liegt nun auch das fast 250 Seiten starke Buch zum Geburtstag des Profilherstellers vor.

Am Anfang steht ein Scheitern. Und doch sieht wohl nicht nur Claus Chrispeels, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Troisdorf (HGT), in der Gründung der Eisenhütte an der Sieg 1825 durch Johann Wilhelm Windgassen „einen bedeutenden Grundstein für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt“. Zum 200-jährigen Bestehen der heutigen Mannstaedt GmbH liegt jetzt eine umfangreiche Publikation mit dem Titel „Stahl mit Profil“ vor, deren Entstehen der HGT mit 20.000 Euro unterstützt hat.

Troisdorfer Autorin forschte eineinhalb Jahre im Firmenarchiv

Historikerin Dr. Petra Recklies-Dahlmann hat sich dafür eineinhalb Jahre lang unter anderem in die Archive des Profilherstellers vertieft. Bestens unterstützt, wie die Beteiligten betonen, von Monika Hansen, Assistentin der Geschäftsleitung bei Mannstaedt. Das Unternehmen finanzierte zudem die Forschungsarbeit der Historikerin, die auch das Fischereimuseum in Bergheim/Sieg leitet.

Die 200-jährige Geschichte der Mannstaedt-Werke ist Gegenstand eines Buchs, das die Historikerin Dr. Petra Recklies-Dahlmann geschrieben hat.

Dr. Pauline Liesen, Dr. Petra Recklies-Dahlmann, Claus Chrispeels und Bernadett Fischer stellten das Buch vor.

Zahllose Unterlagen wie zum Beispiel Besprechungsprotokolle habe die Autorin gesichtet, berichtete Dr. Pauline Liesen, die Leiterin des Museums für Stadt- und Industriegeschichte Troisdorf (Musit), bei der Vorstellung des fast 250 Seiten starken Bandes. Und, mindestens ebenso wichtig, sie habe ihre Forschungsergebnisse „in einen lesbaren inhaltsreichen Text gegossen.“

Dabei galt es vor allem für die zweiten hundert Jahre Firmengeschichte, echte Grundlagenarbeit zu leisten. „Es gab gar nichts“, so Pauline Liesen. Die erste Hälfte der Firmengeschichte hingegen hatte vor vielen Jahren der Heimathistoriker Matthias Dederichs schon einmal grundlegend bearbeitet.

Historisches Bild einer Fabrikhalle.

Arbeiter in der Maschinenfabrik zeigt diese Aufnahme - eine von vielen in dem reich bebilderten Buch.

Reich bebildert – Bernadett Fischer war im Redaktionsteam für die Suche nach und Auswahl von Fotos mitverantwortlich –, führt Dahlmanns Text in dem vom Musit herausgegebenen Band durch bewegte Zeiten der Firmenvita: Von den Startschwierigkeiten Windgassens, der bis zur Insolvenz gar nicht erst ins Produzieren kam, über den ebenfalls glücklosen Johann Jakob Langen, durch Kriegs- und turbulente Friedenszeiten, bis hin zum weltweit agierenden Hersteller von Spezialprofilen, der unter dem Dach der Georgsmarienhütte Holding agiert.

Ein Wunder, dass man durchgehalten hat
Claus Chrispeels, Heimat und Geschichtsverein, zur Geschichte der Hütte

„Ein Wunder, dass man durchgehalten hat“, kommentiert Claus Chrispeels im Gespräch die Wechselfälle der Unternehmensgeschichte. „Mach' Schluss“, hätte man schon nach Windgassen und Langen sagen können, pflichtet ihm die Autorin bei. Zu den ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kamen verheerende Überschwemmungen 1890 und 1909 hinzu.

Schwarz-weiß-Foto einer Lokomotive auf einem Betriebsgelände, links und rechts stehen Arbeiter.

Auch auf dem Fabrikgelände verkehrte eine Bahn: Hüttenarbeiter mit einer Lok der Hütte, aufgenommen im Jahr 1930

Die besonders enge Verbindung zwischen „der Hütte“ und der Stadt hob bei der Buchvorstellung Claus Chrispeels hervor. Und in der Tat brachten die wechselnden   Unternehmerfamilien nicht nur, wie die Langens, den Bahnanschluss in die spätere Stadt. Lebendig zeichnet Dr. Dahlmann in dem von Almut Tscheuschner sorgfältig lektorierten Buch nach, wie Arbeits- und Alltagsleben der Beschäftigten und ihrer Familien eng verflochten waren.

Viele Arbeiter zogen mit Mannstaedt von Köln nach Troisdorf um

Es gab eine Schule, die die protestantischen Langens auch für katholische Kinder öffneten. Die Einrichtung eines Betsaals ersparte den evangelischen Gläubigen den sechs Kilometer langen Fußmarsch nach Siegburg, im heutigen Troisdorf gab es kein evangelisches Gotteshaus.

Nach der Übernahme durch das Façoneisen-Walzwerk Mannstaedt zogen zahllose Arbeiter vom bisherigen Standort Köln nach Troisdorf, viele fanden ein Zuhause in Werkssiedlungen wie der Roten und der Schwarzen Kolonie. Leitende Angestellte wohnten in repräsentativen Villen, für die Arbeiterfamilien gab es einen Laden und nicht zuletzt eine wachsende Zahl an Vereinen.

Ein Mann im roten Overall bedient eine Maschine in einer Fabrik.

Im Jahr 2025 ist Mannstaedt ein weltweit agierendes Unternehmen. Bis heute entstehen in Troisdorf aus glühendem Stahl Spezialprofile.

„Menschen machen Mannstaedt“ steht im Leitbild des Unternehmens – eine Tatsache, der das Buch ebenfalls großen Raum einräumt: Zwangsarbeit unter den Nationalsozialisten ist ebenso ein Thema wie der Zuzug und das Leben der sogenannten Gastarbeiter, der Versuch, Fachkräfte über Wohnungsbau zu gewinnen, oder das Ende der Lohntüte im Jahr 1960.

Troisdorfer Museum zeigt eine Ausstellung zum Jubiläum

Wechselnde Besitzverhältnisse – Kloeckner, Corus und British Steel waren zeitweilig Eigentümer – und mehrfach wirtschaftlich schwierige Zeiten hat das Werk im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts zu überstehen, bevor 2006 die Georgsmarienhütte das Werk übernimmt: „Angekommen“, heißt das letzte Kapitel im Buch.

Das Buch „Stahl mit Profil – 200 Jahre Mannstaedt“ hat 246 Seiten und ist für 20 Euro im Museumsshop des Musit zu erwerben. Eine Ausstellung mit dem gleichen Titel in der Remise der Burg Wissem ist noch bis zum 30. November zu sehen.