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Interview

Lukas Podolski
„Dann könnte endlich einmal etwas beim 1. FC Köln entstehen“

7 min
Lukas Podolski fasst sich während seines Abschiedsspiels im vergangenen Oktober im Kölner Stadion an die Brust.

Lukas Podolski während seines Abschiedsspiels im vergangenen Oktober im Kölner Stadion.

Im Interview spricht der Weltmeister über die sportliche Situation seines Heimatklubs, FC-Juwel Said El Mala, Ex-Teamkollege Thomas Kessler und die Vorstandswahlen.

Die Spannung steigt: Am 27. September kämpfen drei Vorstandsteams um die Macht beim 1. FC Köln. Für das Präsidium des Bundesliga-Aufsteigers kandidieren bei der Mitgliederversammlung die Teams „Adenauer“, „Stobbe“ und „Stroman“. Rund 6000 Mitglieder haben sich bereits für die Veranstaltung angemeldet, die erstmals im Rhein-Energie-Stadion stattfindet (ab 11 Uhr).

Der sportliche Höhepunkt des Wochenendes folgt einen Tag später: Dann empfängt der bis dato hervorragend in die Saison gestartete FC den VfB Stuttgart in Müngersdorf (17.30 Uhr).

FC-Legende Lukas Podolski spricht im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die sportliche Situation bei seinem Heimatklub, die Arbeit von Sportdirektor Thomas Kessler, mit dem er einst zusammengespielt hat sowie FC-Juwel Said El Mala. Außerdem gibt der 40-jährige Weltmeister, der weiterhin als Profi für den polnischen Erstligisten Gornik Zabrze aufläuft, eine Wahlempfehlung für den Kölner Vorstand ab.

Herr Podolski, am Wochenende waren Sie noch als Mitorganisator des „Glücksgefühle-Festivals“ auf dem Hockenheimring, am Montag hat Ihr Team Gornik Zabrze dann ohne Sie bei Rakow Tschenstochau 1:0 gewonnen. Wo treffen wir Sie gerade an?

Lukas Podolski: Wieder bei meinem Klub in Polen. Ich habe mir leider im Training einen kleinen Faserriss in der Wade zugezogen und konnte deshalb am Montag nicht spielen. Ich bin jetzt zwei, drei Wochen raus. Stark, dass meine Mannschaft bei Rakow 1:0 gewonnen hat. Wir sind jetzt nach acht Spieltagen Zweiter – das ist schon gut. Denn finanziell haben etliche Vereine ganz andere Möglichkeiten als wir. Um konkurrenzfähig zu sein, müssen wir schneller und cleverer sein, intelligente Transfers tätigen und andere Wege finden, um erfolgreich zu sein.

Intelligente Transfers scheint endlich auch einmal der 1. FC Köln getätigt zu haben. Wie gefällt Ihnen die Mannschaft?

Sehr gut. Es macht aktuell Spaß, die Spiele des FC zu schauen. Natürlich, nach drei Spieltagen ist das vielleicht noch eine Momentaufnahme und es sollte erst einmal darum gehen, schnellstmöglich die Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln. Aber ich sehe viel Energie und einen guten Geist in der Mannschaft. Lukas Kwasniok und der FC – das scheint zu passen. Ich finde es gut, wenn ein Trainer so emotional mitgeht und sich mit dem Klub und der Stadt so identifiziert. Es ist doch geil, wenn er mit dem FC-Trikot am Spielfeldrand steht. Und er hat ja allem Anschein nach bereits einen sehr guten Draht zu den Spielern aufgebaut. Wir beide sind gelegentlich im Austausch. Kürzlich hat mir Lukas ein Foto aus der Kabine geschickt, als mein Ex-Teamkollege Tomoaki Makino bei ihm hospitiert hat. Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Mit Thomas Kessler, dem heutigen FC-Sportdirektor, haben Sie früher beim FC zusammengespielt. Er erhält viel Lob für seine Transferpolitik. Auch von Ihnen?

Ja, absolut, der Kess macht das schon. Kaminski, Johannesson, Bülter oder Ache: Das sind Transfers, die Sinn ergeben und die Mannschaft besser machen. Was mir auffällt: Die Mannschaft wurde nicht nur sportlich verstärkt, sondern auch charakterlich passen die Jungs offenbar gut zusammen. Der Zusammenhalt in der Truppe stimmt. Es ist kein Zufall, dass der FC die Spiele auch noch spät für sich entscheiden kann. Thomas und Lukas scheinen auch in einem ganz engen Austausch zu sein, denn allem Anschein nach hatte Lukas bei den Transfers auch ein großes Mitspracherecht, sodass sie zu seiner Philosophie und seinem Spielstil passen. Es wäre schön, wenn man dieses Team länger zusammenhält, noch weiter verstärkt und den eingeschlagenen Weg nicht verlässt. Dann könnte endlich einmal etwas beim FC entstehen.

Nicht jeder hat Kessler das zugetraut. Sie?

Thomas ist ein cleverer, intelligenter Typ und hat den großen Vorteil, dass er den Klub seit Jahren kennt und als Kölner auch ein gutes Gespür für das Umfeld hat. Ich finde es gut, dass der Klub ihm diese Manager-Laufbahn ermöglicht hat. So etwas hatte es zuvor beim FC Jahre nicht mehr gegeben, dass man Ex-Spieler klug an den Klub gebunden hat. Und dann profitiert Thomas sicherlich auch davon, dass der FC wieder deutlich mehr Geld hat, um in den Kader zu investieren.

In aller Munde ist Said El Mala.

Der Junge erinnert mich bisschen an mich damals! (lacht). Er hat super Anlagen. Er hat keine Angst, sondern ist unbekümmert, selbstbewusst, gibt Gas und traut sich auch Tempo-Dribblings zu. Hoffen wir, dass er noch lange beim FC bleibt oder in ein paar Jahren für eine angemessene Summe verkauft wird. Typen wie Said, das sind genau die Jungs, die dem Klub gefehlt haben. Er hat was von einem Straßenfußballer. Mit einem wie ihm können sich auch die Fans identifizieren. Ich sage das ja schon länger: Wir bräuchten wieder allgemein mehrere solche Typen und nicht die Muttersöhnchen, denen alles abgenommen und hinterhergetragen wird. Da werden leider in den Akademien seit Jahren die immer gleichen Fehler gemacht und fast nur stromlinienförmige Spieler produziert. Das Ergebnis davon sieht man ja.

Wie intensiv verfolgen Sie den Wahlkampf vor den Vorstandswahlen? Mit Wilke Stroman kandidiert ein langjähriger Geschäftspartner von Ihnen als Präsident.

Dass sich drei Teams und zwei davon unabhängig vom Vorschlag des Mitgliederrats zur Wahl stellen, finde ich erst einmal gut. Dafür gebührt jedem Team Respekt, da eine Kandidatur auch mit hohem Aufwand verbunden ist. Ich denke, alle Teams sind mit Herzblut dabei. Und es ist gut für die Mitglieder, dass sie jetzt erstmals eine echte Wahl haben. Man merkt aktuell, dass das Interesse an der Mitgliederversammlung deshalb viel größer geworden ist. Das kann nur positiv sein.

Wilke Stroman bei der Wahlarena des 1. FC Köln in der Halle Tor 2

Wilke Stroman bei der Wahlarena des 1. FC Köln in der Halle Tor 2

Sie könnten als Mitglied am 27. September auch vor Ort wählen. Werden Sie?

Ja, das könnte ich. Warten Sie mal ab, vielleicht komme ich noch als Überraschungsgast (lacht). Im Ernst: Wir spielen genau an dem Tag in Krakau. Auch wenn ich dann vielleicht noch nicht wieder richtig fit sein sollte, werde ich deshalb wohl in Polen sein.

Wer bekäme Ihre Stimme? Und weshalb?

Ich habe das ja schon mal im Frühjahr gesagt: Wilke Stroman. Ich kenne ihn seit fast 15 Jahren. Ich bin mir sicher, dass Wilke ein sehr guter FC-Präsident wäre. Er ist noch ziemlich jung und würde frischen Wind rein- und den Verein voranbringen. Wilke ist ein Macher, der anpackt und einst aus dem Nichts ein äußerst erfolgreiches Unternehmen aufgebaut hat. Er ist in der Stadt verwurzelt und eine positiv-verrückte Persönlichkeit. Ich weiß: Er liebt den FC. Er hat dieses Amt überhaupt nicht nötig, will es aber unbedingt, weil er etwas bewegen will. Und das würde er.

Sind Sie da als Geschäftspartner nicht ziemlich befangen?

Sie haben mich nach meiner Meinung gefragt, und zu der stehe ich. Gerade weil ich mit ihm auch geschäftlich zusammenarbeite, kann ich sagen: Wilke wäre nicht nur als Mensch, sondern auch als Unternehmer der richtige Präsident. Er würde dem FC guttun.

Seinem Team gehört der aktuelle Vizepräsident Carsten Wettich an, der nicht nur sechs Jahre im Amt war, sondern der auch innerhalb der Mitgliederschaft und Fans polarisiert. Weil Wettich dem Team Stroman angehört, ist es für einige unwählbar.

Es ist Wilkes Entscheidung, dass Carsten Wettich seinem Team angehört. Es ist für mich als Außenstehender schwierig, seine Arbeit genau zu beurteilen. Aber ich denke, es ist kein Nachteil, dass Wilke mit Carsten Wettich schon mal einen im Team hat, der den Verein, die Vorgänge und die Mitarbeiter bereits kennt.

Hat Stroman Ihnen ein Amt oder eine Position versprochen?

Sie können mir glauben: Keiner hat mir irgendetwas versprochen. Ich spiele mindestens noch bis Mai Profifußball und weiß auch noch gar nicht genau, was danach kommt. Es ist ja bekannt, dass wir uns als Familie in Polen wohlfühlen und ich bei Gornik Zabrze schon in mehrere Abteilungen reinschnuppern konnte, was mir Spaß gemacht hat. Wenn die Zeit reif ist, dann sollte jeder rund um den FC wissen: Meine Tür ist immer offen. Der FC ist mein Verein, dem ich immer gerne helfen würde. Wilke hat mir signalisiert, dass er im Fall seiner Wahl mich wieder mehr beim FC einbinden möchte und mir auch Optionen aufgezeigt, die ich für den Klub bereits während meiner Karriere machen könnte.

Finden Sie denn die Zeit, dem neu gegründeten „Club der FC-Legenden“ beizutreten? Nicht nur Organisator Stephan Engels würde sich darüber freuen.

Ich bin da mit Stephan im Austausch. Aber er weiß auch, dass es für mich als noch aktiver Profifußballer in Polen nicht so einfach ist, an den Treffen teilzunehmen. Schauen wir mal. Ich finde es einfach gut, dass der FC verdiente ehemalige Spieler wieder einbindet. Das hätte es schon viel früher geben müssen.

Befindet sich der 1. FC Köln wieder auf einem guten Weg?

Abwarten, wir hoffen ja schon seit 30 Jahren, dass es endlich mal wieder kontinuierlich aufwärts geht. Erst einmal sollte der Klassenerhalt das Ziel sein. Aber auch bei mir ist immerhin wieder die Zuversicht da, dass nun bessere Zeiten kommen. Dieser Verein müsste eigentlich dauerhaft um die Europapokal-Plätze mitspielen, das Potenzial dafür hätte er auf jeden Fall. Der FC hat aber immer viel zu wenig aus seinen Möglichkeiten gemacht und ständig das Personal gewechselt. Doch besser wurde es eigentlich nie. Ich hoffe, dass der Verein nun die notwendige Kontinuität findet und endlich auf dem richtigen Weg ist. Immerhin scheint es schon mal in die richtige Richtung zu gehen.