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Interview

Kandidat für FC-Präsidium
Ulf Sobek: „Ich werde niemandem reinquatschen“

8 min
Ulf Sobek ist derzeit für die U20-Nationalmannschaft des DFB im Einsatz. Ende September möchte er Vizepräsident des 1. FC Köln werden.

Ulf Sobek ist derzeit für die U20-Nationalmannschaft des DFB im Einsatz. Ende September möchte er Vizepräsident des 1. FC Köln werden. 

Ulf Sobek kandidiert mit Jörn Stobbe und Jörg Alvermann für das FC-Präsidium.

Herr Sobek, wo erreichen wir Sie?

Ulf Sobek: Ich bin mit der deutschen U20-Nationalmannschaft unterwegs. Wir sind in Reutlingen, das erste Spiel haben wir 5:1 in der Schweiz gewonnen. Heute Abend spielen wir noch gegen Italien.

Was genau ist Ihre Aufgabe?

Ich bin als Fitness- und Athletiktrainer das Bindeglied zwischen der medizinischen Abteilung und dem Trainerteam. Wir bereiten die Trainings vor, kümmern uns um die Belastungssteuerung. Das ist hier eine relativ wertvolle Aufgabe, denn die Spieler kommen unterschiedlich belastet aus den Klubs zu uns. Der Cheftrainer legt die taktischen Schwerpunkte fest, wir dann gemeinsam die Belastungskomponenten.

Wie hoch ist der Kölner Faktor?

Diesmal ist kein einziger Kölner dabei. Zuletzt waren noch Max Finkgräfe dabei, Damion Downs oder Julian Pauli. Früher auch Benno Schmitz, Jonas Urbig, Dominique Heintz oder Marvin Schwäbe. Ich habe viele Kölner über die Jahre begleiten dürfen, auch Luca Waldschmidt. Aber im Moment ist keiner da.

Woran liegt das?

Der Trainer lädt die Spieler ein, die regelmäßig Erste, Zweite oder Dritte Liga spielen. Spielzeit ist für Hannes Wolf ein wichtiges Kriterium. Wenn die Jungs im Verein nicht regelmäßig auf dem Platz stehen, werden sie nicht eingeladen.

Der 1. FC Köln ist immerhin Deutscher Meister der U19-Junioren.

Das ist richtig und freut mich sehr. Aber wer von unserer U19 spielt denn momentan bei den Profis? Mein absoluter Schwerpunkt ist die Nachwuchsarbeit, und da muss es immer darum gehen, wie man diese Talente bestmöglich fördert, damit sie auf dem Platz stehen und sichtbar werden. Jeder Vereinstrainer wird am Ende seine beste Elf aufstellen, und wenn er dann die Qualität in dem Augenblick nicht sieht, muss man die Qualität so erhöhen, dass er gar keine andere Wahl hat, als auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. Das ist keine Kritik am Trainer oder am Sportdirektor. Für den Verein steckt aus meiner Sicht einfach noch viel mehr Potenzial in der Nachwuchsarbeit, das ich gern mit allen Mitarbeitern schöpfen möchte. Hier geht es darum, nun entscheidende Prozesse zu starten und Verbesserungen herbeizuführen.

Ist das die Definition erfolgreicher Nachwuchsarbeit? Wie viele Spielminuten die eigenen Nachwuchsspieler bei den Profis haben?

Nicht nur. Wir vom Team FC, das sich bei der Mitgliederversammlung am 27. September zu Wahl stellen darf, haben auch einen ganzheitlichen Ansatz und wissen um die Verantwortung für die jungen Menschen. Erfolg kann auch bedeuten, dass wir jemanden ausbilden, der später in der Regionalliga spielt, gesund geblieben ist und eine gute schulische Ausbildung genossen hat. Wir müssen ganz klar sagen, dass es nur ungefähr ein Prozent der U19-Bundesligaspieler tatsächlich in die Bundesliga schafft. Aber wir müssen auch darauf achten, dass wir unsere Top-Talente halten und in die Lizenzmannschaft einbauen. Was auf gar keinen Fall sein kann, ist, dass die Spieler ablösefrei gehen. Wenn wir gewählt werden, finde ich, dass wir die Quote verbessern müssen. In einem Kader, der Deutscher Meister wird, müssen fünf, sechs Perlen sein, sonst gewinnst du so einen Titel nicht. Die gilt es zu identifizieren.

Sie können sich zurzeit also dem Wahlkampf entziehen, der ja langsam Fahrt aufnimmt.

Langsam ist gut (lacht). Ich bin jetzt neun Tage außerhalb von Köln unterwegs, aber ich kriege natürlich alles mit. Das sind teilweise schon turbulente Tage, und hier und da wird es von anderer Seite aus für meinen Geschmack etwas zu persönlich. Mir gefällt es besser, wenn man eine saubere inhaltliche Auseinandersetzung hinbekommt, statt über irgendwelche Netzwerke Dinge auszutragen. Ich möchte lieber herausstellen, was ich für den FC tun kann, und wer auf meine Vita guckt, wird da einiges finden. Ich habe die wissenschaftliche Ausbildung, kenne aus vielen Jahren im Trainerbüro auch die Geschichten aus dem Fußball, die man eher nicht in der Zeitung liest. Und als Stabsoffizier weiß ich, was es bedeutet, einer Sache zu dienen. Und so sehen auch wir als Team FC unsere Rolle – wir möchten das Beste für den Verein und ein faires Miteinander.

Jörn Stobbe, Ulf Sobek und Jörg Alvermann wurden im Juni vom Mitgliederrat des 1. FC Köln als Kandidatenteam vorgeschlagen.

Jörn Stobbe, Ulf Sobek und Jörg Alvermann wurden im Juni vom Mitgliederrat des 1. FC Köln als Kandidatenteam vorgeschlagen.

In drei Wochen könnten Sie im Amt sein. Wie operativ würden Sie Ihre Rolle interpretieren?

Erst einmal habe ich großen Respekt vor der Arbeit von Thomas Kessler. Den Sportdirektor-Posten, den hat er sich verdient, und seine Transferphase in diesem Sommer war wirklich beachtlich. Ich sähe mich in der Rolle als Sparringspartner, aber mir ist die Trennung wichtig. Das heißt: Ich kann Fragen stellen und Impulse geben – aber am Ende entscheidet Thomas. Es geht darum, dass der FC von meiner Erfahrung beim DFB, von meinen Netzwerken und meiner akademischen Ausbildung profitieren kann. Aber nur weil man Ahnung hat, will man nicht zwangsläufig alles auch selbst machen.

Grundsätzlich ist es kein Makel, wenn man sich auskennt.

Da stimme ich zu. Ich will fachliche Frage stellen, um die bestmöglichen Antworten und Ergebnisse für den FC zu erzielen. In dieser Hinsicht werde ich mein Wissen und meine Erfahrungswerte einbringen.

Geht es auch darum, ein Auge zu haben für personelle Konstellationen, die nicht funktionieren? Zum Beispiel in der Zusammenarbeit Trainer/Sportchef?

Ich stelle mir schon vor, dass ich am Geißbockheim so viel Präsenz habe, dass ich ein Gefühl dafür entwickele, ob zum Beispiel ein Spieler, Trainer oder Sportchef das Problem sein könnte, falls es irgendwann mal nicht läuft. Es darf nie um Personen und Befindlichkeiten gehen, sondern immer nur um den Verein. Da ist Bayer 04 Leverkusen ein gutes Beispiel: Die haben einen Fehler gemacht, haben den erkannt und eine unternehmerische Entscheidung getroffen. Dann muss man natürlich immer noch analysieren, wie es zu dem Fehler gekommen ist. Aber wichtig ist, die Nerven zu haben, auf diesen Fehler zu reagieren. Für so eine harte Entscheidung braucht es aber auch Vertrauen und Geschlossenheit. Dann kann man mit Fehlern besser umgehen.

Der Beirat hat sich in der vergangenen Woche für Sie ausgesprochen. Wie ist das bei Ihnen angekommen?

Das war in diesem Kontext eine großartige Geschichte für uns. Ich habe im Anschluss auch die Diskussion verfolgt, ob der Beirat das darf oder nicht. Fakt ist: Wir haben jetzt das Votum von Mitgliederrat und Beirat; also von zwei Gremien, die sich intensiv inhaltlich mit uns beschäftigt haben. Diese Einigung im Verein, das ist eines unserer Ziele. Am Ende ist es ja so: Der Beirat ist durch den amtierenden Vorstand ausgewählt worden, um seine Arbeit zu unterstützen und zu bewerten. Vor dem Hintergrund fand ich stark, dass sie dann eine mehrheitliche Entscheidung für uns getroffen haben, obwohl ein Mitglied des amtierenden Vorstands kandidiert. Für uns als Team FC ist jetzt eines wichtig: Wir wollen nach dem Mitgliederrat und dem Beirat am 27. September auch die Mitglieder inhaltlich überzeugen.

Wir stehen vor einer Wahl, bei der es keine Sonntagsfragen gibt. Haben Sie denn ein Gefühl, wie es ausgehen könnte?

Nein, das wäre wirklich der Blick in die Glaskugel. Unser Umfeld unterstützt uns, gibt uns ein gutes Gefühl. Wir versuchen, jeden Tag unser Bestes zu geben und die Mitglieder und Fans zu überzeugen. Aber ich bin froh, wenn am 27. September eine Entscheidung gefallen ist. Ich bin echt auf den ersten Balken gespannt (lacht).

Ohne es zu hoch hängen zu wollen, aber die Wahl könnte für Sie durchaus lebensverändernd sein.

Absolut. Ich habe ein sehr gutes Leben. Sollte es also schiefgehen, könnte ich mich schütteln und dieses sehr gute Leben fortsetzen. Ich muss aber gestehen, dass ich mich schon sehr darauf eingestellt habe, dass wir gewählt werden und ich bald andere Schwerpunkte haben werde, auf die ich mich sehr freue.

Es wird sich einiges verändern.

Ja, aber ich werde auch nach wie vor zu einer Karnevalssitzung gehen, auf die ich Bock habe. Klar wird es Verpflichtungen geben. Aber ich werde im Stadion auch mal auf der Süd-, Ost- oder Nordtribüne sein. Und bei den Alten Herren des SV Fühlingen-Chorweiler will ich auch weiterhin spielen. Das kriege ich hin, wenn man da montagabends mal fehlt, ist das nicht weiter schlimm. Das kann man mit einer Kiste Kölsch wieder gutmachen.

Sie haben also ein paar Anker.

Ich habe meine Familie, einen sehr festen Freundeskreis schon seit Abizeiten. Ich weiß, dass es mal herausfordernd werden kann im Leben. Aber dann habe ich ganz viele sichere Häfen, in die ich mich zurückziehen kann. Das kenne ich schon aus anderen Führungspositionen. Auch als Fitnesstrainer ist man nicht immer der Beliebteste. Aber ich möchte die Leute besser machen, und das akzeptieren sie dann auch und sagen: Ja, ist jetzt ein bisschen unangenehm, aber danach ist es auch besser. Deswegen bin ich vielleicht auch Professor geworden.

Wie oft würden Sie im Geißbockheim sein?

Ich will schon mehrmals wöchentlich da sein. Man kann so eine Organisation nur leben und spüren, wenn man vor Ort ist. Damit meine ich nicht, den Leuten auf den Geist zu gehen. Es geht um die kleinen Gespräche. Ich möchte ansprechbar sein, ohne den Leuten reinzuquatschen. Ich werde nicht jede Woche drei Meetings mit den Geschäftsführern ansetzen, weil ich auch deren Arbeit nicht behindern will. Da reicht dann ein Jour-fix, projektbezogen und anlassbezogen. Da haben wir im Team FC schon ein ganz klares Projektmanagement aufgezogen. Weil viele Dinge parallel laufen und auch überwacht werden müssen. Da verlange ich dann schon, dass die Mitarbeiter in Leitungspositionen auskunftsfähig sind, wenn ich nach einem Sachstand frage.

Im Kontext konsequenter Personalentscheidungen: Wie wären Sie mit Christian Keller umgegangen?

Er ist in vielen Bereichen sehr negativ weggekommen. Dass er eine gute Organisationsstruktur geschaffen hat, dass er klare Konzepte hatte – das kommt mir manchmal etwas zu kurz. Und er hatte klare Prinzipien, vielleicht manchmal etwas zu klar. Manchmal muss man vielleicht Fünfe gerade sein lassen.

Kellers sportliche Bilanz ist schlecht.

Die Wintertransfers waren keine Erfolgsgeschichte. Er hat Fehler gemacht, wenn man etwa den Abstieg sieht. Seine Prinzipien haben in diesem Fall nicht funktioniert. Aber er hat daraus gelernt, Leistungsträger gehalten und nachher immerhin einen Kader zusammengestellt, mit dem wir wieder aufgestiegen sind. Das muss man auch sagen. Ich finde, es war gut, Christian Keller zwischenzeitlich den Rücken zu stärken. Ich hätte in der Kommunikation nur mehr darauf geachtet, zwischendurch auch das Warum herauszustellen. Denn das wurde nicht immer ganz klar. Letztendlich kenne ich aber sicherlich nicht alle Hintergründe und Gespräche, die intern geführt wurden und kann daher nicht alles vollumfänglich bewerten. Ich freue mich deshalb, wenn ich ab dem 27. September neue Einblicke in den FC erhalten sollte.