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Der große KandidatencheckWie steht der neue FC-Präsident zu Pyrotechnik, Choreos und Stadionausbau?

8 min
Die FC-Vorstandskandidaten Sven-Georg Adenauer, Jörn Stobbe und Wilke Stroman präsentieren im KStA-Kandidatencheck ihre Ansichten.

Die FC-Vorstandskandidaten Sven-Georg Adenauer, Jörn Stobbe und Wilke Stroman präsentieren im KStA-Kandidatencheck ihre Ansichten. 

Am 27. September wählen die Mitglieder des 1. FC Köln einen neuen Vorstand. Im Kandidatencheck geht es um die dringendsten Fragen beim Bundesligisten. 

Hätten auch Sie die Messer-Choreografie vor dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf genehmigt? Bitte beginnen Sie Ihre Antwort mit Ja oder Nein.

Jörn Stobbe: Diese Frage lässt sich nicht einfach mit ja oder nein beantworten. Es kommt stets auf die konkreten Umstände an, zum Beispiel auf Zeitpunkt und Details der Informationen im Vorfeld. Operativ verantwortlich ist die Geschäftsführung. Sie hat die Choreo als fiktiven Comic eingestuft. Auch strafbare Inhalte waren in der Choreo nicht enthalten. Vor diesem Hintergrund fanden wir es zumindest nachvollziehbar, dass auch der damalige Vorstand nicht eingegriffen hat.

Sven-Georg Adenauer: Nein. Unser Team hätte diese Choreografie nicht genehmigt. Der 1. FC Köln steht für Leidenschaft, nicht für Gewalt und gewaltverherrlichende Inszenierungen. Der Verein muss klare Haltung zeigen gegen jede Form von Bedrohung oder Extremismus – auf und neben dem Platz. Das ist auch keine Geschmacksfrage, wie es das Team Stobbe eingeordnet hat. In diesem Fall wurden Grenzen überschritten. Und das hat den FC deutschlandweit in schlechtes Licht gerückt.

Wilke Stroman: Nein. Wir haben großen Respekt vor der enormen Arbeit der Ultras für viele tolle Choreos. Aber in dem Fall war das drüber und nicht mit den Werten des FC vereinbar.

Der 1. FC Köln hat in der Saison 2024/25 mehr als 900.000 Euro Strafe für das Abbrennen von Pyrotechnik bezahlt. Wie stehen Sie zu Pyrotechnik in der Kurve?

Stobbe: Pyrotechnik ist Bestandteil der Fankultur – das wird auch durch Verbote und Strafen niemand ändern. Die Verbotspolitik des DFB ist gescheitert. Am Ende zahlen nur die Klubs – und zwar selbst bei DFB-Veranstaltungen wie dem Pokalfinale. Wir setzen uns für eine Reform des Sanktionssystems und eine faktenbasierte Diskussion über Gefahren ein. Straftaten müssen geahndet werden, aber Kollektivstrafen lehnen wir ab. Faustregel: Alles, was die Hand verlässt, ist unkontrollierbar und gehört bestraft.

Jörn Stobbe (M.) mit seinen Mitstreitern Ulf Sobek und Jörg Alvermann (r.)

Jörn Stobbe (M.) mit seinen Mitstreitern Ulf Sobek und Jörg Alvermann (r.)

Adenauer: Pyrotechnik sorgt für eine tolle Atmosphäre. Der Einsatz ist in deutschen Stadien aber nicht nur laut DFL, sondern unter anderem laut Sprengstoffgesetz verboten und strafbar. Wir setzen auf kreative, sichere Fankultur. Die Leidenschaft der Fans darf nicht zu finanziellen oder sicherheitsrelevanten Problemen führen. Zudem kann es nicht der Anspruch des 1 FC Köln sein, jährlich einen Spitzenplatz im mit dem Einsatz von Pyrotechnik verbundenen Strafenranking zu belegen.

Stroman: Das unkontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik/Böllern stellt ein absolutes No Go dar, gegen das wir entschieden vorgehen. Komplex ist hingegen der Umgang mit in der Hand gehaltener Pyrotechnik. Die Verbandsstrafen tun dem FC extrem weh, dies müssen wir der Fanszene im steten Dialog deutlich machen. Zugleich ist das DFB-Verbandsstrafensystem gescheitert. Wir werden uns daher beim DFB für eine Reform des Strafenkatalogs einsetzen, womit die Strafzahlungen deutlich sinken.

Muss im Stadion intensiver auf Pyrotechnik kontrolliert werden? Bitte beginnen Sie Ihre Antwort mit Ja oder Nein.

Stobbe: Nein. Wie jedes Jahr beim DFB-Pokalfinale sichtbar wird: Auch noch so intensive Kontrollen werden Pyrotechnik im Stadion nicht verhindern. Entscheidend ist Dialog statt einer Illusion absoluter Kontrolle.

Adenauer: Ja. Die Sicherheit im Stadion hat oberste Priorität. Wir setzen auf engere Zusammenarbeit mit Fans und Security. Unser Ansatz: Prävention durch Dialog, nicht nur Kontrolle. Wir wollen gemeinsam Lösungen finden, um die Atmosphäre zu erhalten – aber ohne Verstöße. Eine Alternative wäre der Einsatz von „kalter“ Pyrotechnik die im Gegensatz zur herkömmlichen Pyros statt 2000 Grad rund 200 heiß wird und/oder die Erlaubnis unter sehr strengen Auflagen.

Stroman: Nein, da bereits umfassende Kontrollen stattfinden. Eine vollständige Durchsetzung des Verbots von Pyrotechnik ist illusorisch, da es zu viele Wege gibt, über die Pyrotechnik ins Stadion gebracht werden kann. Noch stärkere Kontrollen sind zudem praktisch kaum möglich, wenn man sich anschaut, wie groß schon jetzt das Gedränge vor den Eingängen bei FC-Heimspielen ist.

Thorsten Kiesewetter, Sven-Georg Adenauer und Martin Hollweck (v.l.). bewerben sich um das Präsidentenamt beim 1. FC Köln.

Thorsten Kiesewetter, Sven-Georg Adenauer und Martin Hollweck (v.l.). bewerben sich um das Präsidentenamt beim 1. FC Köln.

Der Mitgliederrat hat eine hybride Versammlung abgelehnt. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?

Stobbe: Sie war nachvollziehbar. Die hybride Versammlung 2021 wurde nahezu einhellig negativ bewertet. Auch andere Klubs haben negative Erfahrungen sammeln müssen. Hinzu kommen technische und rechtliche Herausforderungen bei der Durchführung im Stadion. Der diesjährige Termin an einem Wochenende im Stadion ist darauf ausgerichtet, dass möglichst viele Mitglieder teilnehmen. Das begrüßen wir. Schon 2026 wollen wir verstärkt virtuelle und hybride Formen der Mitgliederbeteiligung nutzen und bewerten.

Adenauer: Die Ablehnung hybrider Versammlungen war aus unserer Sicht nicht zukunftsorientiert. Wir stehen für Teilhabe und Transparenz. Hybride Formate ermöglichen mehr Beteiligung – gerade für Mitglieder, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes, Alters oder ihres weit entfernten Wohnortes nicht physisch teilnehmen können. Darüber hinaus möchten wir eine Briefwahl ermöglichen. Demokratie braucht digitale und analoge Zugänge.

Stroman: Wir hätten uns eine hybride Versammlung gewünscht, wie sie der amtierende Vorstand mit Carsten bereits seit mehreren Jahren dem Mitgliederrat vorgeschlagen hat. Gerade bei dieser historischen Wahl, bei der die Mitglieder erstmals zwischen drei Vorstandsteams wählen können, wäre es wichtig, allen Mitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen. Deshalb haben wir dies dem Mitgliederrat erneut vorgetragen. Wir bedauern, dass dieser bei seiner Meinung geblieben ist, ohne den Austausch mit uns zu suchen.

Sind Sie persönlich für eine hybride Mitgliederversammlung? Bitte antworten Sie hier nur mit Ja oder Nein.

Stobbe: Derzeit nein.

Adenauer: Definitiv Ja.

Stroman: Ja.

Überlegen Sie, die Rechtsform der Kapitalgesellschaft des 1. FC Köln zu verändern? Sollte die Spielbetriebsgesellschaft womöglich ganz aufgelöst werden?

Stobbe: Wir wollen raus aus der GmbH & Co. KGaA. Diese wurde gewählt, um Investoreneinstiege zu ermöglichen. Wir erteilen eine klare Absage an Investoren und stellen zwei Alternativen jeweils mit Vor- und Nachteilen vor, damit die Mitglieder eine Entscheidungsgrundlage haben: Rechtsformwechsel in eine GmbH und Rückkehr in den Verein. Beides muss vorab sorgfältig rechtlich und steuerlich geprüft werden. Hierbei braucht es eine Lösung für die Markenrechte, die sich fahrlässigerweise in der KGaA befinden.

Tugba Tekkal, Wilke Stroman und Carsten Wettich (v.l.) treten als das Team „Next Level FC“ an.

Tugba Tekkal, Wilke Stroman und Carsten Wettich (v.l.) treten als das Team "Next Level FC" an.

Adenauer: Die vom Team Stobbe geplante Rückführung der Profiabteilung in einen e.V. lehnen wir ab. Die Corporate Governance eines e.V. eignet sich nicht für die Profi-Abteilung. Außerdem sind damit erhebliche rechtliche und steuerliche Risiken verbunden. Weil der FC investorenfrei bleiben soll, ist die GmbH & Co KGaA nicht notwendig, schadet aber auch nicht. Eine Umwandlung in eine GmbH würde Strukturen vereinfachen und wäre eine Alternative. Wir setzen auf stabile Strukturen und eine behutsame Reform.

Stroman: Ein professioneller Fußballklub braucht professionelle Strukturen. Da wir beim FC keine Investoren haben möchten, ist die GmbH die logische Rechtsform für die Spielbetriebsgesellschaft. Zugleich planen wir, die Marke „1. FC Köln“ in den e.V. zurückzuholen; denn da gehört sie hin. Einen reinen e.V. lehnen wir ab. Dieser bietet keinen Insolvenzschutz und ermöglicht keine professionelle Strukturen für einen Profiklub mit Umsätzen weit über 100 Millionen Euro und mehr als 1000 Mitarbeitenden.

Braucht der 1. FC Köln eine Reform seiner Satzung und/oder eine neue Gremienstruktur? Welche Gremien könnte man möglicherweise zusammenfassen?

Stobbe: Die Gremienstruktur des FC muss vereinfacht werden. Der Mitgliederrat ist satzungsgemäß zuständig für die Überwachung des Vorstands, er ist de facto der Aufsichtsrat des Vereins. Deshalb wollen wir ihn auch zukünftig so benennen. Für die operative Geschäftsführung ist er nicht verantwortlich – das werden wir nicht ändern. Den gemeinsamen Ausschuss wollen wir ersetzen durch den bereits bestehenden Aufsichtsrat der Spielbetriebsgesellschaft. Dieser muss dann nur personell erweitert werden.

Adenauer: Eine Satzungsreform ist überfällig. Dabei haben eine hybride Mitgliederversammlung mit Abstimmungsmöglichkeit und die Briefwahl Priorität. Die Gremien sollen wieder besser zusammenarbeiten. Bei einem Rechtsformwechsel entfällt der verpflichtende Aufsichtsrat, auch der Gemeinsame Ausschuss muss überdacht werden. Der Mitgliederrat soll den Vorstand kontrollieren und alle Mitglieder vertreten – nicht nur die Südkurve.

Stroman: Mit der Umwandlung der GmbH & Co. KGaA in eine GmbH entfällt mit dem Aufsichtsrat der KGaA ein Gremium. Das ermöglicht zugleich die Umbenennung des Mitgliederrats in „Aufsichtsrat“; denn das ist der Mitgliederrat schon jetzt, der Aufsichtsrat des Vereins. Darüber hinaus sieht unser 100-Tage-Plan die Einleitung einer Satzungsevaluation gemeinsam mit den Mitgliedern vor. Die Ergebnisse sollen den Mitgliedern auf der Mitgliederversammlung 2026 vorgestellt werden.

Sehen Sie noch eine realistische Möglichkeit, im Ringen um die Erweiterung des Geißbockheims nicht nur Recht zu bekommen, sondern auch tatsächlich zu bauen?

Stobbe: Im ersten Schritt sprechen wir mit der Geschäftsführung, um den Status quo zu erfassen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Anschließend suchen wir den Schulterschluss mit der Politik und den weiteren Projektbeteiligten, etwa aus dem Breitensport. Mit unserer Immobilienerfahrung trauen wir uns zu, zügig einen realistischen Lösungsweg zu definieren und die Erweiterung des Geißbockheims in unserer ersten Amtszeit einzuleiten.

Adenauer: Ja. Wir bringen neue Bewegung in den Dialog mit der Stadt. Erste Schritte: Gespräche mit Politik, Verwaltung und Fans, transparente Planung und Vermittlung. Dabei setze ich auf meine politische Erfahrung, die ich in 26 Jahren als Landrat gesammelt habe. Das Geißbockheim ist unsere Heimat. Wir wollen es modernisieren, ohne den einzigartigen Grüngürtel, den mein Großvater 1920 geschaffen hat, zu gefährden. Tradition und Fortschritt gehören zusammen.

Stroman: Ja. Wir können auf das Wissen von Carsten aufbauen und haben bereits Gespräche mit vielen OB-Kandidierenden und Ratsfraktionen geführt. Daher werden wir direkt nach unserer Wahl zu einem Geißbockheim Gipfel einladen. Binnen 100 Tagen schaffen wir lösungsorientierte Verhandlungen auf Augenhöhe. Binnen sechs Monaten werden wir mit der Stadt eine Lösung für die Trainingsplätze für den FC-Nachwuchs vereinbaren und das bereits stehende Finanzierungskonzept zum Bau des Leistungszentrums finalisieren.

Das Kölner Stadion ist stets ausverkauft. Welche Pläne (kurz- und langfristig) haben Sie, mehr FC-Fans den Stadionbesuch zu ermöglichen?

Stobbe: Als Vorstand werden wir gemeinsam mit den Mitgliedern eine zukunftsfähige Stadionlösung für unseren 1. FC Köln entwickeln. Bis zur nächsten Mitgliederversammlung legen wir die Grundlagen einer Masterplanung vor. Im Fokus steht dabei sehr wohl die Prüfung eines Ausbaus am Standort Müngersdorf. Kurzfristig werden wir eine gerechtere Ticketverteilung sowie bauliche Anpassung untersuchen, um im Bestand zusätzliche Plätze schaffen zu können.

Adenauer: Kurzfristig setzen wir auf ein faires, transparentes Ticketvergabesystem mit Priorität für langjährige Mitglieder, sozialen Ticketkontingenten, Fanklub-Zugängen und einer offiziellen Tauschbörse. Langfristig planen wir den Stadionkauf über ein Genossenschaftsmodell und den Ausbau auf 75.000 Plätze. Alternativ einen Stadionneubau mit einer Kapazität von 80.000 Plätzen. So schaffen wir mehr Raum für echte FC-Fans und stärken die Vereinsidentität.

Stroman: Der Standort Müngersdorf ist unsere Heimat und nicht verhandelbar. In den ersten 100 Tage starten wir einen Dialog zur Ticketvergabe. Unser Ziel ist es, jedem FC-Mitglied den Besuch von mindestens einem Spiel je Saison zu ermöglichen (z.B. über Jokerphase). Nach Abschluss der finanziellen Konsolidierung des FC bieten Vorstandswahl und Kommunalwahl den perfekten Zeitpunkt, um das Thema Zukunft Stadion wieder auf die Agenda zu holen. Hier wollen wir als Vorstand mutig vorangehen.