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FinanzerziehungWie man seinen Kindern den Umgang mit Geld beibringt – und wie nicht

6 min
Fuenfjahriges Maedchen zaehlt ihr Taschengeld,

Sechsjährige sollten etwa zwei Euro in der Woche an Taschengeld zur freien Verfügung erhalten.

Taschengeld soll Kindern dabei helfen, einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu lernen. Manchmal läuft aber jede pädagogische Anstrengung ins Leere.

Mein Sohn hat meine Zahlungsmoral kritisiert. Ich sei beim Taschengeld säumig und das mitunter mehrmals monatlich. Wenn der Achtjährige könnte, würde er vielleicht erwägen, die Firma zu wechseln, zumindest aus finanziellen Gründen. Das ist alles etwas übertrieben, aber auch nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Wir können jedenfalls sehr froh sein, dass dem Jungen auch das Zwischenmenschliche am Herzen liegt, da ist unsere Familie begabter als beim Thema Geld. Trotzdem ist Finanzerziehung natürlich eine elterliche Pflicht und es ist keine Kleinigkeit, dass ich hier regelmäßig scheitere.

Jeder fünfte Jugendliche und junge Erwachsene ist verschuldet, die Zahlen steigen. Verantwortungsvoll mit Geld umzugehen, ist also eine wichtige Lektion, die Kinder ohne Frage lernen müssen. Das fängt Experten zufolge schon beim Sparschwein oder im Kaufladen an, wenn Zweijährige Holzbirnen und Plastikwürstchen gegen Spielgeld rausrücken.

Am wichtigsten ist wahrscheinlich das Begreifen, dass Geld endlich ist, dass jede Mark nur einmal ausgegeben werden kann, wie mein Vater zu predigen pflegte. Es geht also um Priorisierung, Entscheidung und Verzicht. Wenn ich selbst an meine Kindheit zurückdenke, dann erinnere ich mich an das Gefühl, das ich hatte, wenn ich mit klebrigen, angesparten zehn Mark in Münzen in der Faust im Spielwarenladen stand und aufgeregt grübelte, ob ich diese lieber in die Barbie oder ihr dazugehöriges Pferd investieren sollte. Denn für beides – meine Lieblingsoption – reichte das Budget selten.

Was tun, wenn das Kind sehr knausrig ist

Mein ältestes Kind, das gebe ich zu, habe ich wahrscheinlich zu sehr verwöhnt. Ich habe ihr manchmal das fehlende Geld für Wunsch zwei dazugegeben. Einfach, um ihr eine Freude zu machen. Was natürlich ein Fehler war, sie hat daraus zumindest zwischenzeitlich einen gewissen Hang zum Konsumüberschwang entwickelt. Ich sage nur: Buy now, pay later. Ich habe im Laufe der Jahre zwar dazugelernt. Aber meine Kinder stellen mich vor immer neue Herausforderungen. Denn: Mein jüngstes Kind will sein Geld beispielsweise nun gar nicht ausgeben. Sein Sparschwein, das in seinem Fall ein alter Brustbeutel ist, wird also immer dicker, im Fach Investition lernt er dadurch aber gar nicht viel dazu.

Alexandra Langmeyer-Tornier, Leiterin der Fachgruppe „Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern“ beim Deutschen Jugendinstitut erkennt mein Problem. Taschengeld sei ja dafür da, dass man den ersten Umgang mit Geld übe und sich ausprobiere. Insofern sollte man sich schon hin und wieder mal was kaufen. „Da kann man die Kinder schon mal motivieren, ein bisschen Geld auszugeben, um ein Gespür dafür zu kriegen, was die Dinge kosten und dass man sparen muss, wenn das Geld für ihren Wunsch noch nicht ausreicht“, sagt Langmeyer-Tornier.

Aber was, wenn sich die Zahl der größeren Wünsche gerade so ausgeht, um die Großelternbedürfnisse zum Geburtstag und die Geschenkeansprüche des Christkinds zu erfüllen? Langmeyer-Tornier rät zur Verknappung von Verbrauchsgütern im Familienalltag. Denn auch wenn das Taschengeld nicht zum Kauf alltäglicher Dringlichkeiten wie Essen und Kleidung ausgegeben werden sollte, können Eltern vielleicht das Angebot unnötiger Alltäglichkeiten reduzieren, um gewisse Bedürfnisse aus dem Nachwuchs herauszukitzeln. Süßigkeiten, Limonade, solche Sachen. „Da kann man ruhig mal die Schokolade im Laden verweigern oder auch das Eis und sagen: Du kannst dir das gerne von deinem Taschengeld kaufen“, rät Langmeyer-Tornier. Einschränkungen in der Wahl des Gutes sollte es dann aber nicht geben, Taschengeld sei grundsätzlich frei in der Verwendung. Es könnten aber natürlich Familienregeln definiert werden, beispielsweise: „Waffen werden nicht gekauft und Süßigkeiten darfst du dir zwar kaufen, aber erst nach dem Abendbrot essen, und zwar nur in einer bestimmten Menge.“

Warum man Fehlinvestitionen begrüßen sollte

Da steht man dann möglicherweise als Drittklässler mit der teuren Familienpackung Schokoküsse, die das Wochenbudget verschlungen hat, von der man gemäß Zuckerregel in der Familie aber nur jeden dritten Tag einen verzehren darf und die halbe Packung droht schlecht zu werden. Langmeyer-Tornier jubelt bei der Vorstellung. Denn Fehlinvestitionen sind durchaus erwünscht und dem Lernerfolg zuträglich. „Wenn Kinder sich beispielsweise billiges Plastikspielzeug kaufen und das ist nach einem Tag kaputt, ist das zwar ärgerlich, sie haben aber gelernt, dass sie beim nächsten Mal vielleicht besser auf etwas Hochwertigeres sparen.“

Taschengeld, so sagen Experten, wird gänzlich unabhängig von Leistung bezahlt. Es eigne sich keinesfalls zur Bestrafung. „Taschengeld sollte verlässlich sein, die Kinder müssen damit rechnen können, da wäre es kontraproduktiv, wenn das wegen einer Fünf in Mathe ausbleibt.“ Und auch bei der Frage nach Geld als Belohnung ist Langmeyer-Tornier zurückhaltend. Schließlich hätten Kinder in der Familie per se Pflichten, die zum Zusammenleben dazugehörten und nicht entlohnt werden sollten. „Tisch decken, Zimmer aufräumen, Staubwischen, das sollte nicht nur gegen Geld erledigt werden.“ Lediglich bei größeren Aufgaben könnte man eine Ausnahme machen, zum Beispiel wenn das Kind allein den Rasen mähe oder dergleichen. „Dafür kann man dann schon mal ein paar Euro zusätzlich springen lassen.“ Im besten Fall nehmen Kinder dadurch den kapitalistischen Leitsatz mit: Anstrengung muss sich auszahlen. Das könnte den Übergang ins lohnarbeitzentrierte Erwachsenenleben erleichtern.

Schlechtes Gewissen statt Sparsamkeit

Soweit die Theorie. Dazu gesellt sich freilich eine Unbekannte aus der Praxis: Ob Pädagogik funktioniert, ist manchmal auch abhängig vom Lernenden selbst. Verknappung ist in manchen Sparten nämlich auch ein Risiko. Bücher und Sportartikel wie Fußballschuhe, Bälle oder Fahrräder – das ist wahrscheinlich unsere Familienregel – gehören zur Grundausstattung und daran soll kein Mangel herrschen. Das ein oder andere Knauser-Kind wäre sicher im Stande, sowohl das Lesen als auch jede überflüssige Bewegung einzustellen, um nur ja nicht an seinen dicken Brustbeutel ran zu müssen. Aber man steckt natürlich eh nicht drin. Meine Eltern beispielsweise haben mir eine relativ rigide Sparsamkeit mitgegeben, die sich in meinem Fall in gewissen Lebensphasen allerdings nicht unbedingt in Konsumzurückhaltung als mehr in schlechtem Gewissen nach dem Erwerb unnützer Dinge niederschlug. Geld ausgegeben habe ich dennoch oft zu viel, meist dann eben mit schlechter Laune.

Und auch die Lektion Budgetverwaltung, die ab dem Teenageralter durch alltägliche Einkäufe eingeübt werden sollte, hält nicht jede Familie klaglos durch. Als ich als Jugendliche einmal den Auftrag erhielt, künftig die wöchentlichen Familieneinkäufe selbst zu tätigen, wurde das Experiment nach einigen Wochen abgebrochen, da ich aus einer gewissen Kompromisslosigkeit heraus ausschließlich billigere No-Name-Produkte in den Wagen legte, die meinem Vater dann nicht schmeckten.

Natürlich lehrt auch das Leben und das meist konsequenter als liebende Eltern dazu manchmal im Stande sind. Mein ältestes Kind hat nun einen eigenen Haushalt mit arg begrenztem Budget. Sie erwägt nun gar eine Buchführung. Und wenn ich heute den Vorschlag mache, bei Zeitmangel einfach eine Pizza zu bestellen, sagt sie tatsächlich: „Könnte ich machen. Aber das kostet halt dann auch wieder Geld. Ich koch lieber schnell was.“


Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) empfiehlt folgende Zahlungshöhen:

  1. unter 6-Jährige 1 bis 2 Euro in der Woche
  2. 6- bis 7-Jährige 2 bis 3 Euro in der Woche
  3. 8- bis 9-Jährige 3 bis 4 Euro in der Woche
  4. 10- bis 11-Jährige 15 bis 25 Euro im Monat
  5. 12- bis 13-Jährige 20 bis 30 Euro im Monat
  6. 14- bis 15-Jährige 25 bis 45 Euro im Monat
  7. 16- bis 17-Jährige 40 bis 60 Euro im Monat
  8. Ab 18 Jahren liegt die Empfehlung bei 55 bis 75 Euro monatlich.

Für Jugendliche ab 12 Jahren empfehlen die Wissenschaftlerinnen auch Budgets, die zusätzlich zum Taschengeld zweckgebunden ausgezahlt werden sollen. Damit meinen die Experten etwa Extra-Budgets für Kleidung und Schuhe, für die sie 45 bis 65 Euro im Monat empfehlen. Oder 25 bis 40 Euro extra für Essen außer Haus, 5 bis 15 Euro zusätzlich für Kosmetik und Pflege.

Ab etwa zwölf Jahren sei ein eigenes Konto empfehlenswert, um auch den Umgang mit bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten zu trainieren.