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WirtschaftsnachtExperte moniert: „Köln fehlen Gewerbeflächen“

3 min
Manfred Janssen

Unternehmen müssen den digitalen und grünen Wandel gestalten, nicht nur reagieren, sagt Manfred Janssen. Er ist Geschäftsführer von KölnBusiness und hier zu sehen bei der Wirtschaftsnacht Rheinland 2024. 

Manfred Janssen, Chef der Kölner Wirtschaftsförderung, spricht im Interview über die Chancen Kölns, eine Million Euro für Star-ups und den großen Flächenmangel für die Unternehmen.

Herr Janssen, wo müssen Unternehmer heute anders agieren als noch vor wenigen Jahren?

Die Wirtschaft transformiert sich rasant – sie wird grüner und digitaler. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen diesen Wandel gestalten, nicht nur reagieren. Das zeigt sich in unserer Beratungspraxis deutlich: Jede zehnte der über 10.400 Beratungsanfragen 2024 bezog sich auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Gleichzeitig ist das Werben um Fachkräfte zur Schlüsselaufgabe geworden. Moderne Arbeitsmodelle wie Home Office sind heute Standard, nicht mehr Nice-to-have.

Ist es denn heute leichter, in Köln ein Unternehmen zu gründen?

Definitiv ja, die Zahlen sprechen für sich. Köln gehört neben Berlin, Hamburg und München zu den Top-Gründungsstandorten Deutschlands. Allein im ersten Halbjahr 2025 entstanden 47 neue Start-ups – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Insgesamt haben sich über 850 Start-ups und Scale-ups bewusst für Köln entschieden. Unser Start-up-Ökosystem lebt von einem familiären Austausch, der deutschlandweit einmalig ist. Ein Beispiel für die Unterstützung: Über das „Gründungsstipendium NRW“, das wir gemeinsam mit der IHK Köln koordinieren, flossen 2024 bereits mehr als eine Million Euro nach Köln – ein Anstieg von 71 Prozent.


Manfred Janssen ist Geschäftsführer der im Jahr 2019 neu gegründeten KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH. Arbeitsschwerpunkte sind neben der klassischen Unternehmens- und Investorenbetreuung sowie Standortmarketing insbesondere die Innovationsförderung im Start-up Ökosystem und in den Leitbranchen. Zuvor war Manfred Janssen langjähriger Geschäftsführer von Wirtschaftsförderungen, Technologiezentren und Entwicklungsgesellschaften sowie Consultant in der Strategie- und Außenwirtschaftsberatung. Manfred Janssen studierte Geographie und Anglistik in Osnabrück, Keele (GB) und Georgetown (USA). Er promovierte in Osnabrück und Maastricht (NL) im Bereich Wirtschaftsgeographie mit Schwerpunkt internationale Arbeitsmarkt- und Gründungsforschung.


Wo und wie vernetzen sich die Kölner Unternehmerinnen und Unternehmer?

Köln hat mittlerweile eine breite Veranstaltungslandschaft entwickelt. KölnBusiness hat 2024 über 100 Netzwerkveranstaltungen organisiert oder unterstützt – von Wirtschaftsforen und -dialogen in den Veedeln über branchenspezifische Meetups bis hin zu Events für Gründende und Soloselbstständige. So konnten wir rund 9000 Teilnehmende erreichen. Besonders unsere Meetups, bei denen die Wirtschaft mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Gesellschaft und Politik zusammenkommt, haben den Austausch von 850 Unternehmen gefördert.

Was könnten andere Städte von Köln als Wirtschaftsmetropole lernen?

Es ist die Vielfalt seiner Wirtschaftsstruktur: von Industrie über digitale Dienstleistungen und Gesundheitswirtschaft bis zu Finanzen und Forschung – eng verzahnt mit mehr als 20 Hochschulen. Schwächeln einzelne Märkte, gleichen andere dies mitunter aus. Die Gesundheitswirtschaft ist seit 2014 um knapp 30 Prozent gewachsen, das Finanz-, Beratungs- und Versicherungswesen ebenfalls um 30 Prozent. Mit 627.000 Beschäftigten erreichten wir 2024 einen Rekord – mitten in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Zudem zählt Köln laut Financial Times europaweit zu den Top-10-Standorten für internationale Investoren. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis dieser robusten Wirtschaftsstruktur.

In welchen Bereichen hat Köln noch Aufholpotenzial?

Ganz klar bei Gewerbeflächen. Bis 2046 fehlen uns 500 Hektar – das entspricht dem Raum für 50.000 neue Arbeitsplätze. Ohne klare Schwerpunktsetzung in diesem Bereich riskieren wir, dass Unternehmen abwandern und wir im Wettbewerb mit anderen Metropolen den Anschluss verlieren.

Ein aktuelles Thema: Welche Chancen und Risiken sehen Sie durch KI?

Ich sehe große Chancen für deutliche Effizienzsteigerungen und verbesserte Kundenzufriedenheit. Aber es gilt erst einmal den Anfang zu finden bei der schier überwältigenden Anzahl an KI-Lösungen und möglichen Berührungsängsten vor der neuen Technologie. Der Schlüssel liegt in einem nachhaltigen Kulturwandel, der die Belegschaft durch Transparenz und Weiterbildung einbezieht – kostenlose Beratung bieten beispielsweise KI.NRW und wir bei KölnBusiness an.

Köln ist hier auf einem guten Weg, denn unsere Stadt hat sich bereits als zentraler KI-Standort in Deutschland etabliert. DeepL, mittlerweile über zwei Milliarden Euro wert, ist das beste Beispiel. Mit mehr Informatikfachkräften als Berlin oder Hamburg bieten wir sehr gute Voraussetzungen, um diese Chance zu nutzen.

Wie wichtig sind Netzwerktreffen wie die Wirtschaftsnacht 2025?

Solche Veranstaltungen schaffen das persönliche Vertrauen, das für erfolgreiche Geschäftsbeziehungen fundamental ist. Die Wirtschaftsnacht würdigt Unternehmen und ihre Innovationskraft und zeigt gleichzeitig, wie stark unser Wirtschaftsstandort Köln ist. Sie bringt alle Akteure zusammen – von Start-ups über Konzerne bis hin zur Politik. Das fördert den Wissensaustausch und stärkt den Zusammenhalt. Gerade in herausfordernden Zeiten, in denen Unternehmen verstärkt Unterstützung suchen, sind solche Plattformen unverzichtbar.