Abo

Kölner GastrokritikCarsten Henn blickt auf das Gastro-Jahr 2025 zurück

3 min
Ein gedeckter Tisch steht vor der Bar.

„Grubers Restaurant“ im Agnesviertel ist eine Institution, die modern-österreichische Küche stets verlässlich.

Joachim Wissler geht, Dennis Kuckuck übernimmt – NRW erlebt ein turbulentes Jahr voller Sternerückgänge und neuen Talenten.

Den Knall, der am 17. September in der Restaurant-Szene des Rheinlands zu hören war, nahm man im ganzen kulinarischen Deutschland wahr. Joachim Wissler, einer der erfolgreichsten und einflussreichsten Köche, die unser Land je hervorgebracht hat, kündigte an, schon sechs Wochen später die Kochschürze an den Nagel zu hängen. Nach 25 Jahren im Bensberger Vendôme beschloss er, von nun an als Berater für die Althoff-Gruppe tätig zu sein. Alle Augen schauen deshalb seit dem 1. November auf seinen Nachfolger Dennis Kuckuck, der zuvor als Wisslers Sous-Chef agierte. Was nach einem überstürzten Ende aussieht, war im Hintergrund vorbereitet worden. Kuckuck prägt schon länger die Küche maßgeblich mit und wurde als Thronfolger im Haus aufgebaut.

Und Bergisch Gladbach hat in diesem Jahr sogar noch für einen weiteren Knall gesorgt: Mit Nelson Müller übernahm ein berühmter Fernseh- und Sternekoch die Diepeschrather Mühle. Einen Michelin-Stern konnte er sich hier zwar bisher noch nicht erkochen, aber seine Ambitionen sind groß.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

mehr

Ansonsten gab es aber auch viel geschockte Stille im Rheinland, denn was Michelin-Sterne betrifft, war es überhaupt kein gutes Jahr. Düsseldorf – jetzt müssen Sie stark sein – schickt sich an, Köln im nächsten Jahr als kulinarische Hauptstadt NRWs zu überholen.

Mit dem MaiBeck (nach 14 Jahren Michelin-Stern), dem NeoBiota und dem geschlossenen Astrein verglühten gleich drei Sterne in Köln. Vor den Toren der Stadt in Niederkassel musste sich das Le Gourmet im Hotel Clostermanns Hof ebenfalls von der renommierten Bewertung verabschieden. Das Sternerestaurant Bembergs Häuschen in Euskirchen schloss ebenfalls seine Tore, wie auch – schon recht kurz nach der Eröffnung – das unbesternte aber ambitionierte Le Petit Pure White in Köln.

Am härtesten war der Sterneverlust wohl für das NeoBiota, das gerade erst an den Pantaleonswall umgezogen war und in neue Räumlichkeiten investiert hatte. Sie erhielten auch abermals nicht den verdienten grünen Stern für nachhaltige Gastronomie.

Ein Blick in den Gusto

Der Gault-&-Millau-Restaurantguide erschien 2025 zum vorerst letzten Mal in Deutschland, deshalb ein Blick in den Gusto, der ihm schon länger den Rang als zweitwichtigster Gastroführer streitig gemacht hat. Hier stehen im Rheinland das Vendôme und das Restaurant des Guts Lärchenhof mit jeweils zehn Pfannen an der Spitze, gefolgt von Ox & Klee und La Société mit neun.

Apropos Ox & Klee: Kölns einziges Zwei-Sterne-Restaurant hat nicht nur sein Interieur, sondern auch sein Menü weiterentwickelt von „Experience Taste“ zu „The Art Of Taste“. Was man hier erlebt, gleicht mittlerweile einer Theater-Inszenierung, die den Gast kulinarisch, aber auch emotional berühren soll – und in Deutschland ihresgleichen sucht. Der Falstaff wählte Gottschlich auch deshalb zum „Koch des Jahres“.

Gute Nachrichten gab es 2025 für alle, die 2023 enttäuscht waren, als das „Le Moissonnier“ verkündete, nur noch mittags geöffnet zu haben. Seit diesem Jahr gibt es am Freitag „Les Vendredis de Vincent“ mit einem festen Überraschungs-Menü aus fünf Gängen.

Und auch vom besten italienischen Restaurant Nordrhein-Westfalens gibt es Neues zu berichten. Roberto Carturans Sohn Giacomo – zuvor Kellermeister bei den Spitzenweingütern Heitlinger und Burg Ravensburg – ist als Sommelier zum Team dazugestoßen, und wird als zukünftiger Gastgeber an der Seite der wunderbaren Restaurantleiterin Susanne Schmelzle aufgebaut. Es sind ausgesprochen große Fußstapfen, in die er treten soll, aber er beweist schon jetzt, dass in diesem Fall das Sprichwort vom Apfel und seinem Stamm zutrifft.

Wer noch ein kulinarisches Buch für den Gabentisch sucht: Sowohl Vincent Moissonnier, wie auch Daniel Gottschlich und – nicht weit entfernt in Velbert – Sascha Stemberg haben 2025 großartige Bücher auf den Markt gebracht!