Vor dem Landgericht wurde der Prozess mit mehreren Zeugen fortgesetzt. Im Fokus: die Anmietung der Hürther Lagerhalle, in der es zum Verrat kam.
„Kölner Drogenkrieg“Zeuge wird nach Fragen des Richters plötzlich ungehalten

Die drei Angeklagten mit ihren Verteidigern beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht
Copyright: Thilo Schmülgen
Eine unscheinbare Lagerhalle in Hürth soll eine Kalker Drogenbande zum Umschlagplatz für 700 Kilogramm Marihuana genutzt haben. Laut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kam es zum Verrat innerhalb der Gruppierung und zum Raub der Hälfte der Drogen. Beim laufenden Strafprozess am Landgericht sagten am Dienstag der Vermieter der Halle und der Inhaber eines Nachbarbetriebes aus.
Köln: „Vier Jungs“ in weißem Mercedes mieten Lagerhalle
Vor rund anderthalb Jahren sei ein weißer Luxus-Mercedes vor der Lagerhalle in der Rodenkirchener Straße vorgefahren, berichtete der Besitzer. „Sie müssen das Schild gesehen haben, das auf die Vermietung hinweist“, berichtete der Zeuge in Saal 112 des Kölner Justizgebäudes. Aus dem Mercedes seien dann „vier Jungs“ ausgestiegen, die die Halle mit dem blauen Tor besichtigt hätten.
Dann sei es schnell gegangen. Noch vor Ort habe man einen handschriftlichen Mietvertrag aufgesetzt und 2000 Euro Miete pro Monat plus Mehrwertsteuer für die 270 Quadratmeter große Halle mit Stellplatz vereinbart. „Erkennen Sie einen von den drei Angeklagten wieder?“, fragte der Vorsitzende Richter Michael Greve. Der Zeuge verneinte. Er habe die Männer danach auch nie wieder gesehen.
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Zeuge: „Ich weiß gar nicht, warum ich hier sitze“
„Import und Export“ hätten die Mieter als Zweck angegeben. Sie hätten immer pünktlich bezahlt. „Ich weiß aber gar nicht, warum ich hier sitze“, wurde der Zeuge nach weiteren Fragen des Richters plötzlich ungehalten. „Ich vermiete zwölf Hallen“, sagte der Besitzer. „Aber in wie vielen dieser Hallen wurden Menschen an Stühle gefesselt und mutmaßlich geschlagen?“, entgegnete der Vorsitzende.
Ein Hausmeister berichtete danach, in der besagten Lagerhalle über Monate keine Bewegung festgestellt zu haben. „Die stand immer leer“, so der Zeuge. Ein Nachbar ergänzte, dass sich erst zur Zeit der Fußball-Europameisterschaft dort etwas getan habe. Einmal habe ein Mann nach einem Gabelstapler gefragt und dann, ob Überwachungskameras auf dem Gelände installiert seien.
Köln: Polizei nimmt mehrere Verdächtige fest
„Dann wurde mir berichtet, es sei etwas im Wert für eine Million Euro gestohlen worden“, nachdem er die Halle betreten habe, um sich über einen falsch geparkten Lastwagen zu beschweren. Kurz darauf sei schon die Polizei dagewesen, da habe er mit Kollegen gerade das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Schweiz geschaut. Die Beamten nahmen mehrere Männer fest.
In zwei Parallelprozessen mit insgesamt sechs Beschuldigten werden die Geschehnisse in der Hürther Lagerhalle derzeit vor dem Landgericht aufgearbeitet. Drei Männern wird vorgeworfen, an diversen Drogenlieferungen aus den Niederlanden und Marokko ins Bundesgebiet beteiligt gewesen zu sein. Wöchentlich sei es zu großen Lieferungen von Marihuana, Kokain, Ecstasy und Heroin gekommen.
Köln: Staatsanwaltschaft bereitet weitere Anklagen vor
Bei einem der Angeklagten soll es sich um einen Verräter handeln, der den Raub von 350 Kilogramm Marihuana ermöglicht haben soll. Der Kölner Drogenboss soll daraufhin drei Niederländer engagiert haben. Die sollen Mitglieder der Kalker Gruppierung in der Lagerhalle gefesselt und gefoltert haben, um an Informationen zu kommen. Nach einem Hinweis konnte die Polizei noch rechtzeitig eingreifen.
Nur Tage später kam es zu einer weiteren Geiselnahme. Ein Pärchen wurde in eine Rodenkirchener Villa verschleppt und misshandelt. Später stellte sich heraus, dass sie mit dem Drogenraub offenbar nichts zu tun hatten. Auch hierzu läuft aktuell ein Strafprozess. Bislang schweigen die Angeklagten zu den Vorwürfen. Weitere Anklagen sind in Vorbereitung, ermittelt wird gegen etwa 40 Beschuldigte.