Das Baden im Rhein ist gefährlich – aber beliebt bei vielen und bislang grundsätzlich erlaubt.
Wer ist eigentlich zuständig?Köln stößt beim Rhein-Badeverbot an Behörden-Wirrwarr

Strömungsretter der Feuerwehr Köln demonstrieren die Rettung eines Verunglückten aus dem Rhein in Rodenkirchen.
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In Rodenkirchen haben zwei Polizistinnen am Freitagvormittag einen Mann aus dem Rhein gerettet. Zeugen hatten den 28-Jährigen um 11.40 Uhr in Höhe der Rodenkirchener Brücke treiben sehen, er drohte zu ertrinken. Die Passanten konnten ihm eine Hundeleine zuwerfen und ihn in Höhe eines Stegs daran festhalten. Mit einer längeren Rettungsleine zogen die Polizistinnen den Mann Minuten später schließlich aus dem Wasser.
Auch wenn es sich offenbar nicht um einen leichtsinnigen Schwimmausflug handelte, sondern um einen Unfall – der 28-Jährige war nach eigenen Angaben versehentlich in den Fluss gefallen – zeigt auch dieser Fall erneut, wie gefährlich der Rhein ist. Am Maifeiertag hatten zwei Männer in der Altstadt gewitzelt, wer schneller ans andere Ufer schwimmen könnte; einer der beiden ging in der Mitte des Stroms unter und wurde fünf Tage später am Fähranleger in Langel tot geborgen. In Düsseldorf wurde am Mittwochabend ein Sechsjähriger von der Strömung im Rhein erfasst und abgetrieben, seine Leiche wurde am Freitag in Duisburg gefunden.
Köln: Kommunen verweisen an den Bund, der an die Länder
Die Städte Köln und Düsseldorf sprechen sich jetzt für ein komplettes Badeverbot im Rhein aus. Das gibt es bislang nicht. Schwimmen ist nur im Bereich etwa von Brücken, Hafeneinfahrten oder bebauten Ufern, zum Beispiel in der Kölner Altstadt, verboten – aber eben nicht grundsätzlich.
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Die entscheidende Frage ist nur: Wer könnte ein solches Verbot erlassen? Und ab jetzt wird es kompliziert. Um es vorwegzunehmen: Niemand fühlt sich am Freitag zuständig. Aber der Reihe nach.
Anruf bei der Pressestelle der Stadt Köln. Eine Sprecherin verweist auf die „Rechtsverordnung über das Baden in den Bundeswasserstraßen Rhein und Schifffahrtsweg Rhein-Kleve im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Duisburg (BadeVRhein-Kleve)“. Diese Verordnung ist 53 Jahre alt und stammt von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes in Bonn.
Ein Anruf in Bonn, aber sofort die Ernüchterung: „Wir sind nicht zuständig.“ Die Länder seien zuständig, vermutlich das Verkehrsministerium, sagt ein Sprecher.
Köln: Vorerst setzen die Städte auf Appelle an die Vernunft
Anruf beim Landesverkehrsministerium in Düsseldorf. Aber auch hier die Auskunft: nicht zuständig, bitte mal im Innenministerium nachfragen. Das NRW-Innenministerium teilt mit: nicht zuständig. „Da es sich bei der Verordnung um ein Bundesgesetz handelt, kommen aus ordnungsrechtlicher Sicht landesweite Badeverbote nicht in Betracht“, heißt es schriftlich. Also doch nicht die Länder?
Anruf im Bundesinnenministerium in Berlin – sind Sie zuständig? „Das ist eine gute Frage.“ Man berät sich kurz, dann die Antwort: nicht zuständig, bitte an die Kommune wenden, also die Stadt Köln. Aber die hatte doch an den Bund verwiesen? „Dann vielleicht mal beim Bundesverkehrsministerium versuchen“, ergänzt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums noch, denn dem Bundesverkehrsministerium untersteht die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung WSV in Bonn – die ja immerhin 1972 die Rechtsverordnung über das Baden im Rhein erlassen hat.
Anruf im Bundesverkehrsministerium, Antwort der Pressstelle: „Das kann ich Ihnen ad hoc nicht beantworten.“ Es wird um eine schriftliche Anfrage per Mail gebeten. Am frühen Abend meldet sich ein Sprecher: „Wir sind nicht zuständig.“ Die Länder müssten das mit einer eigenen Verordnung regeln.
Zwischendurch ergibt sich ein zusätzlicher Hinweis auf eine mögliche Zuständigkeit: das Landeswassergesetz aus dem NRW-Verkehrsministerium von 1995. Darin, Paragraf 19, steht: „Jede Person darf unter den Voraussetzungen des § 25 des Wasserhaushaltsgesetzes auf eigene Gefahr natürliche oberirdische Gewässer zum Baden, Viehtränken, Schwemmen, Schöpfen mit Handgefäßen, Eissport und Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft benutzen, Wasser mittels fahrbarer Behältnisse entnehmen…“ und so weiter.
Also könnte das NRW-Verkehrsministerium dies im Umkehrschluss auch alles wieder verbieten? Jein. Das ginge nur, wenn andere beeinträchtigt würden, schädliche Gewässerveränderungen verursacht oder der Naturhaushalt beschädigt werden würde (Paragraf 20). Beim Baden im Rhein aber gehe es um konkrete Gefahren und die Sicherheit von Menschen, heißt es aus dem Ministerium, und damit wäre eigentlich wieder das Innenministerium im Spiel.
Auch wenn Köln und Düsseldorf gerne ein Badeverbot durchsetzen würden – es bleibt also vorerst unklar, wer ein solches erlassen könnte. Und bis es so weit ist, wenn es denn jemals so weit kommt, bleiben den Kommunen, der Polizei, der Feuerwehr und der DLRG nur Appelle an die Vernunft. „Wir setzen vor allem darauf, die Menschen in Köln durch intensive Medienarbeit und Öffentlichkeitskampagnen fortlaufend darauf aufmerksam zu machen, dass das Baden im Rhein eine große Gefahr birgt“, sagt Kölns Stadtsprecherin Simone Winkelhog. „Wer im Rhein badet, riskiert, im Rhein zu sterben.“