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VerwahrlosungMehrere neue Standorte für Drogenkonsumräume in Köln in der Diskussion

5 min
23.07.2025, Köln: Am Durchgang vom Haubrich-Hof zur Lungengasse ein Junkie gibt sich ein Schuß. Rund um den Neumarkt - ein Ortsbesuch in der Innenstadt. Zahlreichen Drogenabhängigen prägen das Bild des Stadtteils. Die Polizei ist im Dauereinsatz. Foto: Arton Krasniqi

Personen müssen unkentlich gemacht werden!!!!

Drogenabhängige Menschen prägen das Bild rund um den Neumarkt.

Polizeipräsident Johannes Hermanns hat Politik und Stadtverwaltung mehrere Vorschläge gemacht, die aus Sicht der Polizei geeignet wären.

Die Suche nach neuen Standorten für erweiterte Drogenkonsumräume mit Aufenthaltsbereichen und sozialer Betreuung gestaltet sich schwierig. Grüne, SPD, Linke, Volt und die Ratsgruppe Klima Freunde und Gut hatten zuletzt beschlossen, einen alternativen Standort für den bisherigen Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt am Neumarkt zu finden, um das sogenannte Zürcher Modell umzusetzen. Die ehemalige Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße, die von der Stadt Köln angemietet wurde, soll vorrangig auf ihre Eignung geprüft werden. Bezahlt werden soll das aus den geplanten Umbaukosten für die Immobilie. Wirtschaftsdezernent Andree Haack hatte der Idee bereits in der Sitzung des Hauptausschusses des Stadtrats eine Absage erteilt. Auf Anfrage habe der Vermieter Swiss Life abgelehnt, dass in das Gebäude ein Drogenhilfeangebot einzieht. Der Mietvertrag sehe eine reine Büronutzung vor.

Vermieter lehnt ehemalige Kaufhof-Zentrale als Standort ab

Dass es dennoch möglich gewesen wäre, den Lesesaal der Kunst- und Museumsbibliothek sowie eine Feuerwache unterzubringen, bei denen es sich ebenfalls nicht um Büros handelt, hänge mit zwischen Stadt und Vermieter abgestimmten mietvertraglichen Regelungen zusammen, teilte die Stadt auf Anfrage mit. „Die Einrichtung eines Drogenkonsumraums hat der Eigentümer im Rahmen der kürzlich aufgekommenen öffentlichen Diskussion hingegen abgelehnt“, teilte ein Stadtsprecher mit. Der Mietvertrag sieht also nicht vor, dass die Stadt als Mieter eigenständig andere Nutzungen als Büros vorsehen darf.

Polizeipräsident Johannes Hermanns lehnt einen Konsumraum am Neumarkt oder im unmittelbaren Umfeld ohnehin ab. Auf Anfrage bekräftigte er, was er bereits in einem Interview mit dieser Zeitung geäußert hatte: „Aus polizeilicher Sicht dürfte es für einen Drogenkonsumraum oder für ein Drogenhilfezentrum geeignetere Standorte geben.“ Die Lage eines Konsumraums oder eines – wie es jetzt diskutiert werde – Drogenhilfezentrums an einem zentralen innerstädtischen Knotenpunkt verstärke die vorhandenen Probleme eher, ist Hermanns überzeugt. „In der Vergangenheit hat sich ja auch sehr eindrucksvoll bestätigt, dass dadurch sowohl Drogenhändler als auch immer mehr Drogenabhängige angezogen werden.“

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Polizeipräsident hat geeignete Standorte vorgeschlagen

Besonders in zentralen Lagen wie zum Beispiel dem Neumarkt erhält die Polizei zahlreiche Notrufe von Passanten, Anwohnerinnen oder Geschäftsleuten, die von Übergriffen berichten, von aggressiver Bettelei oder von augenscheinlich hilflosen Personen, die in Hauseingängen oder auf Bänken liegen – Situationen, in denen die Polizei einschreiten muss. Für ein Drogenhilfezentrum braucht es aus Sicht des Polizeipräsidenten aber vielmehr Orte, die so beschaffen sein sollten, „dass auch die Polizei die Drogenkonsumenten zur Ruhe kommen lassen kann“, sagt Hermanns. „Orte, an denen sich die Süchtigen ganztägig aufhalten können und wo sie medizinische Hilfe und andere Unterstützung erhalten, ohne nach dem Konsum immer wieder auf der Straße zu landen.“

Der Stadtverwaltung und Politikern hat der Behördenleiter daher nach eigenen Worten „einige aus polizeilicher Sicht mögliche und geeignete Standorte im Stadtgebiet“ genannt. Auf konkrete Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ will die Polizei diese Orte aber nicht nennen. Der Grund: „Letztlich kann nur die Stadtverwaltung in Abstimmung mit der Politik prüfen und feststellen, welche Standorte tatsächlich zur Verfügung stehen und realisierbar sind“, sagt Hermanns. Nur so viel: „Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht oder fährt, wird in erheblichem Umfang leerstehende Gebäude, freie Grundstücks- und auch Brachflächen feststellen, die potenziell geeignet sein dürften.“

Infrage kommen nach Auffassung des Polizeipräsidenten nicht nur Bestandsimmobilien. „Containerbauten auf freien Flächen würden schnell umsetzbare Ergebnisse ermöglichen“, schlägt er vor. Sicher sei: „Wenn Lösungen gesucht werden, wird man auch Lösungen finden.“ CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau steht in der Standortfrage hinter Hermanns. „Wir unterstützen den Polizeipräsidenten, der hierzu konkrete Überlegungen hat, die weit genug entfernt vom Neumarkt liegen“, sagte er. 

Sozialdezernent weist auf schlechte Erfahrungen mit Raum in Deutz hin

Sozialdezernent Harald Rau sieht das anders. „Bei der Forderung eines weiter entfernten Drogenkonsumraums weise ich auf Erfahrungen hin, die mit einem Drogenkonsumraum in Deutz entstanden sind, der 2010 in Betrieb und bereits 2012 wegen mangelnder Auslastung wieder geschlossen wurde“, sagte er. Ein Drogenkonsumraum entfalte nur dort seine Wirkung, wo er auch von den Suchtkranken angenommen werde.

Grüne, SPD und Linke wollen sich zudem noch nicht damit zufriedengeben, einen Drogenkonsumraum in der ehemaligen Kaufhof-Zentrale unterzubringen. „Die Verwaltung muss nun zügig unseren Beschluss umsetzen und prüfen, ob ein Drogenkonsumraum in der ehemaligen Kaufhof-Zentrale realisierbar ist“, sagt Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin. Dazu gehöre es auch, „ergebnisorientierte Gespräche“ mit dem Vermieter Swiss Life zu führen. „Da diese bereits einer Nutzung als Feuerwache zugestimmt hatten, sehe ich keine Gründe, warum sie einen Drogenkonsumraum verweigern sollte“, sagte Martin.

SPD will Lösung auf dem Verhandlungsweg finden

„Angesichts von insgesamt 300 Millionen Euro Mietzahlungen, die hier in Rede stehen und einem Vertrag, dessen Rückabwicklung aufgrund fehlender Rechtsgrundlage derzeit geprüft wird, halten wir die Verhandlungsposition der Stadt Köln für ausreichend stark, um hier die Nutzung als Drogenkonsumraum – der ja in einem ersten Schritt nur als Containerlösung auf dem Hof der Immobilie gedacht ist – auf dem Verhandlungsweg zu erreichen“, sagte SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Die Fläche an der Leonhardt-Tietz-Straße böte eine schnelle Verbesserung der Rahmenbedingungen, insbesondere Platz für Aufenthalts- und Ruheräume sowie ein geschütztes Außengelände.

Jörg Detjen (Linke) betonte auf Anfrage, dass aus seiner Sicht eine Rückabwicklung des Mietvertrags für die ehemalige Kaufhof-Zentrale nach wie vor eine Option sei. Ein Drogenkonsumraum an dieser Stelle sei aber sinnvoll, falls das nicht wirtschaftlich wäre. „Dass die Stadt den Vermieter aktiv anruft, um zu fragen, ob ein Drogenkonsumraum überhaupt einziehen darf, das ist eine Unterwürfigkeit, die ist nicht zu überbieten“, sagte Detjen.


Auf Anfrage wollte die Polizei nicht mitteilen, wo sie sich im Stadtgebiet ein Drogenhilfezentrum vorstellen kann. Aber wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, prüfen Stadtverwaltung und Politik derzeit mehrere mögliche Standorte. Darunter die Fläche an der Luxemburger Straße nahe dem Gerichtsgebäude, auf der seit einigen Jahren das Autonome Zentrum untergebracht ist. Geplant ist allerdings ein Umzug des AZ nach Kalk. Auf dem Gelände an der Luxemburger Straße soll dann eine Grünfläche angelegt werden. Des Weiteren ist für ein Drogenhilfezentrum die große Fläche gegenüber dem Polizeipräsidium in Kalk im Gespräch, die zurzeit als Parkplatz genutzt wird. Außerdem sollen alte Industrieflächen im Mülheimer Süden in der Diskussion sein.