Was dürfen städtische Dienststellen etwa für Betriebsfeiern ausgeben? Bislang ist das unklar. Das soll sich ändern. Der Überblick.
Gin-Stand für 1200 EuroReker kündigt nach Bericht der Rechnungsprüfer neue Richtlinien für Feiern an

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker
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Als am Dienstag die Verwaltungsspitze um Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) zu ihrem wöchentlichen Treffen zusammenkommt, ist der Bericht des städtischen Rechnungsprüfungsamtes (RPA) über die Verwendung von städtischem Geld für etwa Betriebsfeiern zwar ein Thema – aber ein eher untergeordnetes, wie hinterher zu erfahren ist.
Das RPA prüft generell, ob die Verwaltung wirtschaftlich und rechtmäßig arbeitet. Die Prüfer hatten Bewirtungskonten der städtischen Dienststellen und der städtischen Bühnen geprüft.
Doch das RPA prüfte stichprobenartig nur 70 Buchungen, 20 wiesen „Auffälligkeiten“ auf. Im Rathaus und im Stadtrat geht die Sorge um, dass es sich „nur um die Spitze des Eisbergs“ handelt. Die Formulierung fällt mehrfach am Dienstag. Die wichtigsten Punkte im Überblick.
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Neue Richtlinie:
Bislang gibt es keine verbindlichen Regeln, was erlaubt ist und was nicht. Warum das so ist, ließ die Stadt am Dienstag auf Anfrage offen. Stadtsprecher Alexander Vogel kündigte aber an: „Um die Führungskräfte in ihren Entscheidungen zu unterstützen, hat die Oberbürgermeisterin eine Richtlinie beauftragt, die eindeutig regelt, in welchen Fällen und in welche Höhe städtische Mittel eingesetzt werden dürfen. Diese wird in Kürze vorliegen.“ Das RPA hatte in seinen Berichten eben jene Richtlinie für „dringend erforderlich“ gehalten.
Allerdings: Dass es diese Richtlinie braucht, hatte Reker schon in einem internen Intranet-Beitrag am 17. Oktober 2024 geschrieben und schon damals mitgeteilt, dass die zuständigen Ämter eine verbindliche Regel „in Kürze“ vorlegen. Das ist rund neun Monate her, ein Screenshot des Artikels liegt dieser Zeitung vor.
Damals reagierte Reker auf einen Intranet-Bericht des Antikorruptionsbeauftragten aus der Woche zuvor, er war überschrieben mit: „Wichtige Information: Nutzung städtischer Mittel für Weihnachtsfeiern und ähnliche Veranstaltungen“.
Reker: Bericht der Prüfer hat für „Verunsicherung“ gesorgt
Reker dankte dem Beauftragten für den Bericht, der laut ihrer Aussage aber auch für „Verunsicherung“ gesorgt hatte. Demnach stellt ein Missbrauch, auch in kleinen Beträgen, laut des Beauftragten „eine Veruntreuung öffentlicher Gelder“ dar und kann „damit den Strafbestand der Untreue sowie des Betruges verwirklichen“. Dieser Beitrag ist der Ausgangspunkt der RPA-Prüfung.
Reker sagte damals: „Natürlich sind wir im Umgang mit Steuergeldern dazu aufgerufen, ganz genau hinzusehen. Zu einer gesunden Unternehmenskultur und einem attraktiven und zeitgemäßen Arbeitsplatz gehört aber auch, dass zum Beispiel Projekterfolge und herausragende Leistungen wertgeschätzt werden. Das soll im dienstlichen Kontext weiterhin möglich bleiben.“
Das RPA urteilte nun: „In den Artikeln werden abweichende Aussagen zu der Nutzung städtischer Mittel für wertschätzende Maßnahmen getroffen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es für die Stadtverwaltung Köln keine konkrete Regelung zu diesem Thema.“ Deshalb überprüfte das RPA, wie die Stadt es zwischen 2022 und 2025 gehandhabt hatte.
Die städtischen Mitarbeitenden:
Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ wundern sich mehrere Angestellte, wofür es solche Regeln braucht. „Es reicht der gesunde Menschenverstand, was erlaubt ist und was nicht. Es geht um Steuergeld“, heißt es.
Ein anderer Mitarbeiter erzählt davon, dass in seinem Amt die Führungskraft die Berichte dieser Zeitung als mahnendes Beispiel nannte, was passieren könnte. „Aber auch für uns muss es eine Möglichkeit geben, eine Wertschätzung zu erhalten.“ Das hatte auch das RPA konstatiert. Der Mitarbeiter wünscht sich klare Regeln oder ein Budget für Feiern. In der Regel tragen laut RPA die Mitarbeitenden die Kosten selbst.
Das Bühnen-Budget:
Das RPA hatte moniert, dass die städtischen Bühnen, in den drei Jahren ab 2022 insgesamt 178.200 Euro für Betriebsfeiern bezahlten – und damit das 2,4-fache des angemessenen Budgets ausgegeben hatten. Als Grundlage nahmen die Prüfer eine Dienstanweisung der Bühnen von 2009, die allerdings keine Anwendung fand. Und dieses Regelwerk sah ein jährliches Budget für Bewirtungs- und Präsentationskosten Außenstehender in Höhe von 24.500 Euro vor. Das wären für drei Jahre 73.500 Euro.
Die Bühnen wehren sich gegen die Bewertung in einer internen Stellungnahme: „Der Betriebsleitung erschließt sich nicht, warum eine nicht anwendbare Richtlinie als Anhaltspunkt für einen nicht vergleichbaren Sachverhalt im Rahmen einer rechtlichen Bewertung als Analogie dienen soll. Im vorliegenden Fall ging es um Bewirtungen im Rahmen wertschätzender Maßnahmen für die Künstlerinnen und Mitarbeitenden und des Hauses.“ Bei den Bühnen arbeiten 850 Beschäftigte, sie entwickeln Opern-, Kinderoper-, Schauspiel- und Tanzproduktionen.
Weitere Auffälligkeiten:
Das Stadtplanungsamt unter Führung des Baudezernenten Markus Greitemann hat am 16. Dezember 2023 jeweils einen mobilen Kaffeestand für 1867 Euro und einen sogenannten Promotionsstand einer Gin-Firma für 1190 Euro gemietet. Es ging um die Abschlussfeier des Wettbewerbs, wie der neue Plan für den geplanten Stadtteil Kreuzfeld in Chorweiler aussehen soll.
Nur: Der Beschluss des Rates zu dem Verfahren weist laut RPA gar keine Abschlussfeier oder Kosten dafür aus – das hatte das Stadtplanungsamt aber behauptet, als die Prüfer von ihnen eine Begründung forderten.
Anderes Beispiel: Als ein ein Jahr zuvor in Pension gegangener Angestellter der Bühnen gestorben war, gab es am 28. November 2022 eine Gedenkveranstaltung, 70 Teilnehmer waren dabei. 40 Liter Kölsch und 48 Flaschen Schorle verursachten Kosten von 460 Euro. Das Schauspiel bezahlte aus seinem Budget.
Socken, Taschen und T-Shirts:
Wie berichtet, veranstalte das Schauspiel am 10. Juni 2024 ein Spielzeit-Abschlussgrillen. Das Schauspiel ist eine Bühnen-Sparte. Laut RPA haben die Bühnen-Chefs mitgeteilt, „dass T-Shirts, Socken und Taschen als ‚Abschiedsgeschenke‘ des scheidenden Intendanten an die Mitarbeitenden des Schauspiels Köln bei einem ‚Abschiedsgrillen‘ verteilt wurden“.
Es handelt sich dabei um Stefan Bachmann, der seit vorigem Jahr am Burgtheater in Wien tätig ist. Die Bühnen gehen davon aus, dass Bachmann „ausschließlich“ die Taschen bezahlt hat und die Bühnen die 600 bedruckten T-Shirts (10.108,46 Euro) und 530 bedruckten Socken (2838,15 Euro) bezahlten.
Die Sprecherin des Burgtheaters wies das nach Rücksprache mit Bachmann zurück. Ihrer Aussage nach handelte es sich um keine privaten Abschiedsgeschenke von Bachmann, sondern um eine Aktion der gesamten Direktion. Bachmann habe auch die Taschen nicht bezahlt.