In Köln marschieren am Samstag Abtreibungsgegner – und stoßen auf entschlossenen Widerstand. Worum es wirklich geht, sorgt für Streit.
Widerstand angemeldet„Marsch für das Leben“ von Abtreibungsgegnern trifft in Köln auf Protest

Zum zweiten Mal fand der „Marsch für das Leben“ 2024 in Köln statt, jetzt soll sich die Veranstaltung von Abtreigungsgegner wiederholen. (Archivbild)
Copyright: Robin Albers
Wenn am Samstag (20. September) wieder Tausende Menschen durch Köln ziehen, geht es nicht nur um Lebensschutz. Es geht auch um Deutungshoheit. Der sogenannte „Marsch für das Leben“, organisiert vom Bundesverband Lebensrecht (BVL), steht seit Jahren in der Kritik. Was die Organisatoren als Einsatz für die „Menschenwürde von der Zeugung bis zum Tod“ beschreiben, sehen viele als gefährlichen Rückschritt – bis hin zur „menschenfeindlichen Agenda“.
Nach Polizeiangaben haben die Veranstalter in Berlin und Köln jeweils eine Kundgebung mit 5000 Teilnehmenden angemeldet. Die Demonstrationen starten jeweils um 13 Uhr an zentralen Plätzen. In Berlin ist laut Polizei eine Gegendemonstration mit 2000 und in Köln mit 1000 Menschen angemeldet.
Fundamentalismus statt Lebensschutz?
Das „Pro Choice“-Bündnis in Köln, das eine Gegendemonstration organisiert, warnt: Der Marsch sei „eine Demo, auf der gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gehetzt wird“. Hinter der Fassade des Lebensschutzes stünden Akteure, „die das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper angreifen“.
Alles zum Thema Rainer Maria Woelki
- Amtseinführung des Kreisdechanten Kardinal Woelki kommt nach Bergheim
- Beschwerden beim Papst Kardinal Woelki reagiert erstmals persönlich
- Umgang mit Missbrauch Kölner Kardinal Woelki wurde erneut beim Papst angezeigt
- Dokumentation Anzeige gegen Kölner Kardinal Woelki bei Papst Leo XIV.
- Beirat sieht schwere Versäumnisse Missbrauchsopfer zeigen Kardinal Woelki beim Papst an
- Drei Prozent Zustimmung in Köln Mit Methoden wie in autokratischen Systemen verteidigt Woelki nur sich selbst
- „Sind sehr irritiert“ Forsa-Chef Güllner kritisiert Erzbistum Köln nach Kritik an Umfrage zu Woelki
Die Grünen in Köln rufen dazu auf, dem Marsch „entschlossen entgegenzutreten“. Der Ton ist unmissverständlich: „Selbstbestimmung ist nicht verhandelbar. Wer glaubt, unsere Rechte einschränken zu können, bekommt Widerstand.“ Sie betonen außerdem die Nähe zum Faschismus und christlichen Fundamentalismus.
Auch aus anderen Städten kündigt sich Unterstützung an, unter anderem aus Dortmund. Dort heißt es in einem Aufruf: „Sie nennen sich Pro-Life-Bewegung, aber wollen eigentlich körperliche Selbstbestimmung massiv einschränken und Schwangerschaftsabbrüche verbieten.“ Ihr Weltbild richte sich außerdem gegen queere Menschen und Lebensentwürfe abseits der Mutter-Vater-Kind-Familie.
Kritik auch aus Kirchenkreisen – Freude über Kampagne gegen Brosius-Gersdorf
Der Marsch wird von der Kirche unterstützt. Aus Köln sendet Kardinal Rainer Maria Woelki einen Brief: „Für Ihr Engagement zum Schutz des menschlichen Lebens danke ich Ihnen und grüße Sie herzlich“, schreibt der Kardinal. Weihbischof Dominikus Schwaderlapp feiert eigens für den Marsch eine Messe im Dom.
Doch selbst in der katholischen Kirche ist das nicht unumstritten. Schon vor zwei Jahren kritisierte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend im Erzbistum Köln, dass der „Marsch für das Leben“ auch Rechtsextreme anziehe.
Mit Bezug auf die verhinderte Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht schrieb der BVL zuletzt: „Der Wind dreht sich.“ Die Verantwortlichen lobten im Zusammenhang mit der gezielten Kampagne „die wachsende Bedeutung und Vielfalt von bisher weniger einflussreichen und von neuen Medien“.
Eine Nähe zur AfD weist Alexandra Maria Linder, Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht, zurück: Der Verband sei „überparteilich, überkonfessionell und unabhängig“. Doch dass rechte Gruppen mitmarschieren, wird regelmäßig dokumentiert – und vom Veranstalter nicht wirksam verhindert. (mit kna)