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Umgang mit MissbrauchKölner Kardinal Woelki wurde erneut beim Papst angezeigt

4 min
Kardinal Rainer Woelki (r.) nimmt an der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im März in Kloster Steinfeld teil. Im Hintergrund der päpstliche Nuntius (Botschafter), Erzbischof Nikola Eterovic.

Kardinal Rainer Woelki (r.) nimmt an der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im März in Kloster Steinfeld teil. Im Hintergrund der päpstliche Nuntius (Botschafter), Erzbischof Nikola Eterovic.

Die Eingaben an Rom beziehen sich auf einen laufenden Prozess um Schmerzensgeld für die Pflegetochter des Ex-Priesters und Serientäters Hans Ue.

Gegen Kardinal Rainer Woelki gibt es wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln weitere Eingaben an Papst Leo XIV. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist die von ihrem Pflegevater, dem Ex-Priester und Serientäter Hans Ue., über Jahre hinweg vergewaltigte Melanie F. einer Anzeige des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz gegen den Kölner Erzbischof beigetreten. Auch die Opfer-Initiative „Eckiger Tisch“ bittet den Papst offiziell um eine unabhängige kirchliche Untersuchung zu Woelkis Vorgehen.

Zudem wandte sich eine Gruppe von 15 Katholikinnen und Katholiken aus Köln und Umgebung – unter ihnen ein Pfarrer und zwei Theologen – mit einer Beschwerde gegen Woelki und einem Hilfsersuchen an den Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Victor Fernández, die Nummer 3 in der Vatikan-Hierarchie.

Schmerzensgeldklage im Zentrum der Vorwürfe gegen Woelki

Alle drei Vorgänge beziehen sich vor allem auf die laufende Schmerzensgeldklage von Melanie F. gegen das Erzbistum. Dieses bestreitet eine Amtshaftung für die – in der Sache unstrittigen - Missbrauchsverbrechen des Ex-Priesters Ue. mit dem Argument, der Geistliche habe die Taten in seiner Freizeit begangen, nicht in Ausübung seines priesterlichen Amts. Darin sehen F. und die beiden anderen Beschwerdeführer den Versuch der Kirche, sich „durch ausdauernde juristische Manöver“ und „Haarspaltereien“ ihrer Mitverantwortung für die Missbrauchstaten zu entziehen.

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

Auftakt Zivilprozess vor dem Landgericht Köln: Missbrauchsopfer Melanie F. fordert 850.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum Köln.

Melanie F. klagt gegen das Erzbistum Köln auf Schmerzensgeld.

„Das ist nicht nur für mich, sondern auch für viele andere Katholiken – und auch für kluge Theologen – wie ein Schlag ins Gesicht“, schreibt Melanie F. „Ich habe gelernt: Ein Priester ist immer im Dienst, mit seiner Weihe stellt sich der Priester ganz und gar in den Dienst, es gibt für einen Priester keine Freizeit, vor allem dann nicht, wenn er sich als Seelsorger um andere Menschen kümmert.“ Dass Ue. „als Seelsorger zum Verbrecher wurde“, sei nicht nur für sie „offensichtlich und unbestreitbar“. In dem Zivilprozess vor dem Landgericht Köln war F. Anfang Juli mit ihrer Klage gegen das Erzbistum gescheitert. Sie hat Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln angekündigt.

Erzbistum wiederholt Erklärung: Anschuldigungen „offenkundig haltlos“

Die Verfasser der Beschwerde an Kardinal Fernandez schreiben zu dem Gerichtsverfahren, sie seien „verstört, empört und wütend“, wie Woelki die katholische Lehre vom Weihepriestertum „mit Füßen tritt und verrät, nur um einen staatlichen Prozess zu gewinnen“. Er habe damit „großen geistlichen Schaden bei unzähligen Gläubigen in seinem Erzbistum ausgelöst“.

Das Erzbistum vermied auf Anfrage eine Antwort auf Melanie F.s Vorwürfe. Ein Sprecher wiederholte lediglich die Erklärung des Erzbistums zur Anzeige des Betroffenenbeirats: Die vorgebrachten Anschuldigungen seien „offenkundig haltlos“ und bauten, „sicherlich unabsichtlich mangels besseren Wissens, auf einer Reihe falscher Annahmen und Behauptungen auf“. Von der weiteren Beschwerde habe das Bistum „bisher inhaltlich keine Kenntnis“ und sei dazu auch nicht im Vorfeld kontaktiert worden.

Leo XIV. soll Woelkis Rücktrittsangebot annehmen oder ihn entlassen

In ihrem Schreiben an Fernandez bitten die Beschwerdeführer den Kardinal „inständig und in größter geistlicher Not“, sich bei Leo XIV. dafür zu verwenden, dass dieser das 2022 von Woelki an Leos Vorgänger gerichtete Rücktrittsangebot „aus der Schublade“ nehme oder Woelki aus dem Amt entlasse, „um weiteren Schaden von unserem Bistum abzuwenden“.

Auch Melanie F. wendet sich in der Hoffnung an den Papst, „dass Sie mit Ihrer Autorität den unter Rainer Maria Kardinal Woelki eingetretenen Vertrauensverlust – gerade auch für die Opfer von sexuellem Missbrauch – beenden und im Erzbistum für einen Neuanfang sorgen“.

Formal bezieht sich F. – wie auch der Betroffenenbeirat in seiner Anzeige - auf eine mögliche Verletzung von Spezialnormen, die Papst Franziskus zur Handhabung von Missbrauchsfällen erlassen hat. Dort sind Sanktionen bis zur Amtsenthebung unter anderem für den Fall vorgesehen, dass Bischöfe ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt und dadurch anderen schweren Schaden zugefügt haben. Das Kirchenrecht sieht außerdem ein mögliches Einschreiten gegen Amtsträger vor, um „Ärgernissen zuvorzukommen oder sie zu beheben“.

Anzeige geht auf dem Dienstweg nach Rom

Ihre Schreiben richteten F. und der Eckige Tisch zur Weitergabe auf dem Dienstweg zunächst an den Bischof von Trier, Stephan Ackermann. Dieser ist als dienstältester Bischof der Kölner Kirchenprovinz für Fälle zuständig, in denen der Kölner Erzbischof als Metropolit (Vorsteher einer Kirchenprovinz) selbst Gegenstand eines Verfahrens ist.

Eine Sprecherin des Trierer Bischofs konnte auf Anfrage den Eingang noch nicht bestätigen, teilte aber mit, Ackermann habe die Anzeige des Betroffenenbeirats vom 18. Juli an den päpstlichen Nuntius (Botschafter) in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, übermittelt, und dieser habe sie nach Rom weitergegeben. Auf die Frage, wie dort der Stand ist und ob es im Rahmen der im Kirchenrecht vorgesehenen Frist von 30 Tagen bereits eine Mitteilung zum weiteren Verfahren gibt, gab die Nuntiatur keine Antwort.

Fernandéz beschied die Beschwerdeführer aus Köln Ende Juli per E-Mail, dass er ihr Schreiben „an die zuständige Disziplinarabteilung“ sende.