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„Die Menschen lächeln nicht!“Was einer englischen Touristin beim Besuch in Köln auffällt

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Die Touristin Betty Judge aus Sussex in England erzählt, was ihr in Köln aufgefallen ist.

Die Touristin Betty Judge aus Sussex in England erzählt, was ihr in Köln aufgefallen ist.

Was erzählen Menschen, wenn man sie auf der Straße anspricht? Darum geht es Susanne Hengesbach in ihrer Rubrik „Zwei Kaffee, bitte!“.

Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen, die in diesen Wochen aus dem Vereinigten Königreich nach Köln kommen, hat diese Touristin keinen Weihnachtsmarkt-Besuch geplant, sondern ist eher an den kulturellen Sehenswürdigkeiten interessiert. Ihr liege nicht so viel am Weihnachtsfest, erklärt Betty Judge und fügt lächelnd hinzu, dass sie gut gekühlten Weißwein ohnehin einem erhitzten Roten vorziehe.

Außerdem sei Köln, wie sie festgestellt habe, eine Stadt der Bars und des Bieres. Und diese frische, leichte Variante namens Kölsch, das in schlanken 0,2 Liter-Gläsern serviert werde, habe sie sehr genossen, berichtet die 74-Jährige, als wir uns vor der Bar Galestro am Bahnhofsvorplatz gegenübersitzen.

Judge war ihr ganzes Berufsleben als Flugbegleiterin tätig

Was ihr sonst noch gefallen habe oder besonders aufgefallen sei, frage ich.„Die Menschen lächeln nicht!“, stellt mein Gegenüber fest. „Die meisten wirken sehr ernst. Und selbst, wenn man sie anlächelt, wird es oft nicht erwidert.“

Mich erstaunt diese Aussage, weil sich die Kölnerinnen und Kölner ja für besonders zugewandt halten. Ich erfahre, dass Betty Judge ihr ganzes Berufsleben lang als Flugbegleiterin für eine britische Fluggesellschaft tätig war und ihr das Anlächeln fremder Menschen schon allein aus beruflichen Gründen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Außerdem stammt sie, wie sie stolz erzählt, gebürtig aus Irland, wo die Menschen „noch freundlicher“ seien als in England, wo sie seit vielen Jahren lebe.

Die Touristin war überrascht von der Allgegenwärtigkeit der Nachkriegsarchitektur

Apropos Freundlichkeit: Diesbezüglich könnten sich nach Ansicht der britischen Touristin auch die Domschweizer ein bisschen mehr ins Zeug legen. „Sie geben einem das Gefühl, als sei es unter ihrer Würde, profane Fragen zu beantworten.“

Judge hat das Kölner Wahrzeichen gerade erst besucht und ist noch spürbar beeindruckt von dem Sakralbau, den sie sich nicht so massiv vorgestellt hatte. Beim Landeanflug auf Köln sei ihr erster Blick bereits auf die prächtigen Zwillingstürme der gotischen Kathedrale gefallen, die sich so majestätisch über dem Rhein erhebe. Später, auf der Fahrt vom Flughafen, sei ihr bewusst geworden, dass praktisch die ganze Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgebaut werden musste. Sie habe diese durchgängig sichtbare, eintönige und triste Nachkriegsarchitektur so nicht erwartet.

„Was war noch unerwartet?“, frage ich. Im Vergleich zu ihrem Wohnort in Sussex sei es eine Freude zu sehen, „wie viele Menschen das Fahrrad als Fortbewegungsmittel benutzen“, was angesichts der offenbar kurzen Entfernungen in Köln und des flachen Geländes absolut nachvollziehbar sei.

Sie sei außerdem beeindruckt von dem vielen Grün in der Stadt und den schönen, gut gepflegten Parks. „Aber ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Radfahrer ihre Klingel nicht betätigt haben, um mich als Fußgängerin zu warnen, dass sie von hinten kommen.“ Judge bezieht das nicht allein auf Grünanlagen. Auch in der Innenstadt und dort selbst in den vollen Fußgängerzonen oder auf der Brücke mit den Liebesschlössern habe sie irritiert beobachtet, wie selbstverständlich sich da Radfahrer durchschlängeln. Offenbar gebe es hierzulande anders als in England keine Schilder „Pedestrians only“ – nur Fußgänger.