Martina Richter stellt die Höhepunkte des Film Festivals Cologne vor und muss mit deutlich weniger Geld vom Land NRW auskommen.
Film Festival Cologne 2025Jetzt mit mehr Toten und Awareness-Programm

Der neue Kölner „Tatort“ wird auf dem Film Festival Cologne gezeigt.
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Vor der letztjährigen Ausgabe geriet Kölns wichtigstes Filmfestival massiv in die Kritik. Ehemalige und aktuelle Mitarbeiter warfen Martina Richter, langjährige Leiterin des Film Festivals Cologne, in offenen, aber unter dem Schutz der Anonymität verfassten Briefen vor, das Betriebsklima zu vergiften und ihre Machtstellung als Alleingesellschafterin des von Stadt, Land und Filmstiftung NRW üppig subventionierten Festivals zu missbrauchen. Richter dementierte alle Vorwürfe und versprach zugleich, diese intern aufzuarbeiten und gemeinsam mit Mitarbeitern und Geldgebern nach Lösungen zu suchen.
Bei der Vorstellung der 35. Ausgabe ihres Festivals sprach Richter zunächst in eigener Sache und griff die Vorwürfe noch einmal auf. Sie betonte, das Gespräch mit den von ihr identifizierten ehemaligen Mitarbeitern gesucht zu haben; sie habe jedoch keine Antwort auf ihr Angebot erhalten. Ihr sei zudem bewusst geworden, wie angreifbar man als öffentliche Person sei. Als Reaktion auf die Angriffe hat sie ein Awareness-Programm für ein „respektvolles, inklusives und sicheres“ Arbeits- und Festivalumfeld aufgelegt.
Ich fand es immer problematisch, dass das Festival lediglich einer Person gehört
Bei der Trägerstruktur gibt es hingegen nichts Neues, die von Richter geführte Cologne Conference GmbH bleibt alleinige Gesellschafterin. Auf Nachfrage betonte Richter, sie habe 2018 aus eigener Initiative das Gespräch mit der Stadt Köln und dem Land NRW gesucht, um die Trägerschaft des Festivals zu erweitern. „Ich fand es immer problematisch“, so Richter, „dass das Festival lediglich einer Person gehört.“ Allerdings sei ein entsprechender, bereits vor den Coronajahren ausverhandelter Gesellschaftervertrag nicht unterschrieben worden; auch im vergangenen Jahr seien die Gespräche nicht entscheidend vorangekommen. Woran es hakt, wollte Richter nicht sagen; aber nicht an ihr, ließ sie immerhin durchblicken.
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Auch die traditionellen Geldgeber des Festivals blieben diesem treu, obwohl das Land Nordrhein-Westfalen seinen Zuschuss „spürbar“ kürzte, so Richter - um 200.000 auf 450.000 Euro. Richter erklärte dies mit allgemeinen Sparmaßnahmen in der Kultur. Das mag sein. Aber wenn die Staatskanzlei einem der wichtigsten Festivals des Landes die Subventionen um beinahe ein Drittel kürzt, wirkt das wie ein Misstrauensvotum.
Das „spürbar“ kleinere Budget führte laut Richter aber nicht dazu, dass man selbst am Programm habe sparen müssen. Tatsächlich sieht das 35. Film Festival Cologne nicht viel anders aus als seine Vorgänger. Vom 9. bis 16. Oktober 2025 präsentiert Richter die bewährte oder auch nur gewohnte Mixtur aus Kino- und Fernsehproduktionen, mit einer mehr oder weniger ergiebigen Blütenlese der großen Film- und Fernsehfestivals, einem Schaufenster der nordrhein-westfälischen Film- und Fernsehlandschaft und einer Reihe geschlossener Konferenzen, die halb als Branchentreff und halb der Wirtschaftsförderung dienen. Wie jedes Jahr vergibt das Festival zudem mehrere stattlich prämierte Preise; die Träger sollen in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden.
„Alles voller Monster“ soll der teuerste NRW-Film aller Zeiten sein
Die klangvollsten Filme laufen erneut in der Reihe „Best of Cinema Fiction“, mit den neuesten Filmen etwa von Jafar Panahi, Paolo Sorrentino, Kelly Reichardt, den Dardenne-Brüdern und Kleber Mendonça Filho; das „Beste“ des Dokumentarfilms bietet unter anderem Gianfranco Rosis mosaikartige Vulkan-Erkundung „Beyond the Clouds“, Mstyslav Chernovs Ukraine-Kriegsfilm „2000 Meters to Andriivka“ und Werner Herzogs Urwaldexpedition „Ghost Elephants“. Der NRW-Wettbewerb ist in diesem Jahr vor allem ein Schaufenster Kölner Koproduktionen, unter denen der Animationsfilm „Alles voller Monster“ mit einem Budget von 26 Millionen Euro laut Festival der teuerste NRW-Film aller Zeiten ist. Ansonsten ist dieses Format vor allem dazu gedacht, den roten Teppich vor dem Festivalkino, dem Kölner Filmpalast, zu füllen.
Bei den präsentierten Fernsehserien bleibt das Festival dabei, lediglich Schnipsel in Form der ersten Folgen zu präsentieren; die in Cannes ausgezeichnete norwegische Serie „A Better Man“ handelt von einem Internet-Troll, der vom Jäger zum Gejagten wird. In voller Länge und als „Special Screening“ zeigt Richter hingegen den Kölner Tatort „Die Schöpfung“, in dem Torsten C. Fischer einen bunten Totentanz an der Kölner Oper inszeniert. Die Handlung spielt in einer ungewissen Zukunft, nämlich während des Umzugs vom Staatenhaus in die fertiggestellte Oper. Gedreht wurde auf der Baustelle, auf der ein Opfer der intriganten Sangesbande malerisch vom Bühnenhimmel hängt.
Speziell dürfte auch der jüngste Essayfilm des 93-jährigen Alexander Kluge ausfallen. Für „Primitive Diversity“ experimentierte Kluge mit künstlicher Intelligenz und orientierte sich am Stummfilm, um das Lichtspiel in dunkler Zeit als Trostmittel in Erinnerung zu bringen. Man darf gespannt sein, wer besser halluziniert: Kluge oder die KI?
Film Festival Cologne, Filmpalast und Filmhaus, Köln, 9.-16. Oktober 2025