Der Beschuldigte muss sich wegen gewerbsmäßigen Betrugs vor dem Kölner Landgericht verantworten.
Fake-Überweisung per AppKölner (21) spricht von Notlage und zockt mehr als 200 Passanten ab

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht
Copyright: Hendrik Pusch
Mit einer perfiden Masche soll ein heute 21-jähriger Kölner mehr als 200 arglose Passanten um teilweise sehr hohe Bargeldbeträge gebracht haben. Seit Donnerstag muss sich der Beschuldigte wegen gewerbsmäßigen Betrugs und räuberischer Erpressung vor dem Kölner Landgericht verantworten. Zum Prozessauftakt in Saal 32 legte der Mann ein umfassendes Geständnis ab.
Köln: Passanten auf der Straße um Bargeld gebeten
Laut Anklage habe der junge Mann zwischen August 2023 und Juni 2024 in Köln und sogar im Urlaub auf Mallorca diverse Personen angesprochen, eine Notlage vorgetäuscht und um Hilfe gebeten – immer mit der Bitte, ihm kurzfristig Bargeld zu leihen. Anschließend habe er per Smartphone eine Überweisung über die Sparkassen-App simuliert, die auf dem Konto des Opfers ankommen sollte.
Tatsächlich sei das Konto des Mannes nicht gedeckt gewesen – die Zahlung wurde später storniert. Die Kölner Tatorte verteilten sich über weite Teile der Stadt: Ebertplatz, Neusser Straße, Hansaring, Friesenplatz, Hornstraße, Subbelrather Straße, Ottoplatz und viele weitere. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 21-Jährige gezielt das Vertrauen hilfsbereiter Menschen ausnutzte.
Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln
- Im Schwimmbad angesprochen Kölner Bademeister erhält lange Haftstrafe nach „Liebesbeziehung“
- Fahndung nach Tat in Pulheim Männer überfallen und töten Rentner – Polizei sucht Hassan Issa
- „Idiotentest“ Kölner DJ soll MPU-Dokumente für Kunden gefälscht haben – Prozess geplatzt
- True Crime im Landgericht Gerichtsreporterin Hariett Drack berichtet von ihren Fällen
- „Kölner Drogenkrieg“ Zeugen verweigern die Aussage – Richter spricht von erheblichen Vorstrafen
- Alles nur erfunden? Kölner meldet Einbruch – und landet selbst auf der Anklagebank
- Arzt soll bei Abzocke geholfen haben Tochter des Rösrather Angeklagten packt in Betrugs-Prozess aus
Köln: Auch mehrere Raubgeschehen angeklagt
In einigen Fällen habe der Angeklagte sich bei der Anwendung des Trickbetruges äußerst aggressiv verhalten, teils mit Drohungen oder Einschüchterungsversuchen. An einem Tag sei ein Opfer am Ottoplatz in Deutz bedrängt worden – der Angeklagte habe erst Schattenboxen angewendet und diesem Kampfsport-Videos gezeigt. Der Bedrohte zahlte nicht, letztlich wurde die Polizei verständigt.
Ein Bekannter habe ihm den Tipp gegeben, dass man mit dieser Masche sehr leicht an Geld komme. „Das hat direkt gut funktioniert und dann habe ich weiter gemacht“, räumte der Beschuldigte ein. Die Sparkassen-App habe zunächst eine erfolgreiche Überweisung angezeigt und die Geschädigten so in Sicherheit gewogen. Die Bank habe den Vorgang dann erst am nächsten Morgen um 6 Uhr storniert.
Köln: Angeklagter soll rund 38.000 Euro erbeutet haben
Meist habe er zu den Geschädigten gesagt, dass er sein Bahnticket verloren habe und nun dringend mit dem Taxi nach Hause fahren müsse, sagte der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft fordert die Einziehung von rund 38.000 Euro, die der Mann erschlichen haben soll. Die Anklage listet Beträge von 10 bis 700 Euro auf. Letzterer Betrag käme ihm ein wenig hochgegriffen vor, meinte der Verteidiger.
Die Staatsanwältin sprach von 97 weiteren Fällen, die noch nicht angeklagt seien. Diese werden womöglich noch mitverhandelt. Da viele Taten noch unter das Jugendstrafrecht fallen könnten, hofft der Angeklagte, der nicht zum ersten Mal vor Gericht steht, offenbar auf eine Bewährungsstrafe. Die Untersuchungshaft habe ihn wachgerüttelt. Im August könnte er eine Lehre als Schlosser beginnen, sagte der Angeklagte. Ein Urteil soll im Mai fallen.