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Kommentar

Treffen mit Putin
Donald Trump – ein Friedensengel im Oval Office?

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WASHINGTON, DC - AUGUST 14: U.S. President Donald Trump answers questions from reporters in the Oval Office on August 14, 2025 in Washington, DC. Trump signed a proclamation on the 90th anniversary of Social Security to highlight his administration's efforts on the program.   Andrew Harnik/Getty Images/AFP (Photo by Andrew Harnik / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP)

US-Präsident Donald Trump am 14. August im Oval Office 

Donald Trump ist alles andere als ein Pazifist – Trotzdem hat sich der US-Präsident schon mehrfach die Beilegung kriegerischer Konflikte erreicht.

Schon seit Monaten beteuert US-Präsident Trump, dass es ihm außenpolitisch vor allem um den Weltfrieden gehe. Seine konfuse und kontroverse Zollpolitik und seine vielen, meist durch präsidiale Anordnungen durchgesetzten innenpolitischen Maßnahmen sind hochumstritten, oftmals treten sie die demokratischen Grundrechte in den USA mit Füßen. Zurecht befürchten viele Beobachter, dass die USA auf dem Weg in einen autoritären Staat sind. Gleichwohl ist Trumps Absicht, eine beachtliche Anzahl der kriegerischen Konflikte unserer Zeit beizulegen, im Grundsatz begrüßenswert.

Nicht dieses Ziel ist fragwürdig – und welcher Politiker wollte nicht als Friedensstifter in die Weltgeschichte eingehen? Trump hat bereits mehr als einmal verkündet, dass ihm die Verleihung des Friedensnobelpreises zustünde. Dubios sind Trumps unorthodoxe Methoden und wie auch die Motive hinter seinen vollmundigen Versprechen. Beim bevorstehenden Gipfeltreffen mit Wladimir Putin in Alaska ist zu befürchten, dass Trump - meist schlecht vorbereitet und in Allgemeinplätzen redend - den Versprechungen des russischen Machthabers viel zu viel Glauben schenkt. Schon seit Monaten ist zu beobachten, dass Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für den Ausbruch des Kriegs im Februar 2022 verantwortlich macht.

Donald Trump sieht sich in großer Tradition

Mit seiner Initiative zu einer Friedenskonferenz steht Trump in der Tradition vieler US-Präsidenten. In Erinnerung geblieben sind die von Jimmy Carter und Bill Clinton einberufenen Gipfelgespräche in Camp David in den 1980er und 1990er Jahren, die tatsächlich fast zu einem israelisch-palästinensischen Frieden geführt hätten. Die Tradition, dass der amerikanische Präsident zu Vermittlungsgesprächen einlädt, um kriegerische Konflikte zu überwinden, wurde aber bereits von Theodore Roosevelt vor mehr als 100 Jahren begründet.

Als erster Amerikaner gewann Roosevelt für seine Einberufung der Konferenz von Portsmouth, New Hampshire zur Beilegung des russisch-japanischen Krieges im Jahr 1906 den Friedensnobelpreis. Trumps Berater haben ihn sicherlich über Roosevelts erfolgreiche Initiative informiert, denn wie Trump war auch Teddy Roosevelt durch eine Außenpolitik berühmt, die krasse Drohungen und nachgebende Diplomatie miteinander verband. Motto: „Speak softly and carry a big stick“ – Sprich sanft und trage einen großen Knüppel.

Roosevelt, Carter und Clinton waren cleverer als Trump

Allerdings – und das ist der große Unterschied: An der Konferenz von Portsmouth und dann viel später auch an den Camp-David-Verhandlungen nahmen immer Repräsentanten beider Kriegsparteien teil. Im Gegensatz zu Trump waren Roosevelt, Carter und Clinton clever genug, nicht nur eine Seite - und dann auch noch den Aggressor - zu einer Friedenskonferenz einzuladen.

Dem Treffen in Alaska sollte daher auf jeden Fall alsbald eine echte Friedenskonferenz mit den Präsidenten beider Kriegsparteien folgen. Selbst Trump hat die Bedeutung des Treffens mit Putin heruntergespielt und gesagt, es handele sich nur um eine erste persönliche Kontaktaufnahme. In der Tat scheint es ihm darum zu gehen, größte internationale Aufmerksamkeit zu erregen und erneut global im Rampenlicht zu stehen. Auch will er so seinen treuesten Anhängern vorführen, dass er ein Friedenspräsident ist, so wie er es ihnen im Wahlkampf versprochen hatte.

Trump will Normalisierung der Beziehungen mit Russland

Nicht zuletzt geht es Trump aber wohl vor allem um die Normalisierung der Beziehungen mit Russland. Insbesondere die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sollen deutlich verbessert werden. Russland verfügt nicht nur über reiche Vorkommen von Nickel und Kupfer, sondern auch über zahlreiche der begehrten Seltenen Erden.

Sowohl Moskau als auch Washington haben angedeutet, dass sie großes Interesse daran haben, bei der Ausbeutung und Raffinierung der Mineralien eng zu kooperieren. So wollen beide ihre Abhängigkeit von China bei den für viele Industrie- und Militärprodukte so wichtigen Seltenen Erden deutlich verringern. Ein Gespräch mit Putin ist daher für Trump erheblich wichtiger als eine Diskussion mit Selenskyj. Denn ein Mineralienabkommen mit der Ukraine haben Washington und Kiew ja bereits vor einigen Monaten unterschrieben.

Für Trumps Image als Friedenspräsident

Man kann Trump also abnehmen, dass er großes Interesse daran hat, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu beenden. Nicht zuletzt würde es seinem Image als Friedenspräsident nutzen. Dabei ist Trump alles andere als ein Pazifist. Er wendet durchaus Gewalt an, wenn ihm danach ist. So ließ er im Januar 2020, während seiner ersten Amtszeit, den iranischen General Qassem Soleimani, Anführer der Quds-Eliteeinheit, durch eine Bombe ermorden. Vor kurzem bombardierte er Stellungen der Huthi-Milizen im Roten Meer, da deren Angriffe dort die internationale Schifffahrt bedrohten. Auch versuchte er zusammen mit Israel, durch eine umfangreiche nächtliche Bombardierung Irans das nukleare Potenzial des Regimes in Teheran zu vernichten.

Andererseits hat Trump sich schon mehrmals erfolgreich um die Beilegung kriegerischer Spannungen bemüht. Das sollte man anerkennen. Während seiner ersten Amtszeit förderte Washington entscheidend den Abschluss der „Abraham-Abkommen“, die zu der Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und später dem Sudan führten.

In den vergangenen Monaten hat Trump durch Gespräche und ökonomischen Druck die eskalierenden militärischen Konflikte zwischen Indien und Pakistan wie auch die ernsten Grenzstreitigkeiten zwischen Thailand und Kambodscha entschärfen können. Die Trump-Regierung betont zudem, dass der Präsident einen Waffenstillstand im Kongo erreicht habe, indem es ihm gelungen sei, die Zentralregierung und die von Ruanda unterstützten Truppen im Osten des Landes miteinander zu versöhnen.

Stabilisierung zum eigenen Vorteil

Noch vorige Woche brachte Trump die Präsidenten der seit Jahren verfeindeten Länder Aserbaidschan und Armenien im Oval Office zusammen und unterzeichnete zusammen mit ihnen ein wirtschaftliches Kooperationsabkommen. Insbesondere konnte Trump die Zukunft eines kleinen Streifens armenischen Gebiets sichern, das in Aserbaidschan nahe der Grenze mit Iran liegt.Der sogenannte Sangesur-Korridor, der bisher zum Einflussbereich Moskaus gehörte, wird zukünftig von den USA verwaltet werden, und eine amerikanische Firma wird sich um die Verbesserung der Infrastruktur in der Region kümmern. Das Territorium wurde bei dieser Gelegenheit in Trump-Korridor umbenannt.

In all seinen Bemühungen geht es Trump um wirtschaftliche Stabilisierung zum eigenen Vorteil. Das möchte er auch bei dem Treffen mit Putin erreichen. Doch der wird sich als geschickter Verhandlungspartner erweisen, dem Trump womöglich nicht gewachsen sein wird. So wenig es Trump bisher gelang, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu von seinen diversen Friedensplänen zu überzeugen und damit den furchtbaren Krieg im Gazastreifen zu beenden, so wenig ist davon auszugehen, dass das Treffen in Alaska zu einem Waffenstillstand in Putins Krieg führen wird.


Klaus Larres ist Professor für Geschichte und Internationale Beziehungen an der University of North Carolina/Chapel Hill. In seiner Kolumne schreibt der gebürtige Schleidener über die USA als Wahlheimat und liebstes Forschungsgebiet.