Der israelische Luftangriff auf die Hamas-Führung in Katar hat Empörung ausgelöst – schließlich tritt das Emirat im Gazakrieg als Vermittler auf.
Luftangriff auf KatarNetanjahus riskanter Kurs im Gazakrieg – Angst um israelische Geiseln

Eine Sicherheitskamera hat den israelischen Luftschlag auf die Hamas-Führung in Doha festgehalten. . /Security Camera
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Der israelische Überraschungsangriff auf die Führung der islamistischen Terrororganisation Hamas in Doha im Golf-Emirat Katar ist ein Rückschlag für die Bemühungen um ein Ende des Gazakrieges. Das Golf-Emirat hat in dem Krieg zwischen der Hamas und Israel vermittelt. Das Vorgehen Israels ist international auf breite Kritik gestoßen – auch unter Verbündeten Israels wie Deutschland und den USA.
Was ist geschehen?
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Dienstag einen „chirurgischen Präzisionsschlag“ gegen die Hamas-Führungsspitze in Katar angeordnet – darunter Chalil al-Haja, der die indirekten Verhandlungen mit Israel für ein Ende des Gazakriegs leitet. Netanjahu begründete den Angriff mit einem Terroranschlag in Jerusalem am Montag, aber auch mit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, der den Gazakrieg ausgelöst hat. „Die Tage, an denen Terroranführer an irgendeinem Ort der Welt Immunität genossen haben, sind vorbei“, sagte der Regierungschef. Die Hamas bezeichnete den Luftangriff in Katar als „gescheitert“. Kein Mitglied des Verhandlungsteams sei dabei getötet worden, hieß es in einer Mitteilung. Aber sechs Menschen seien ums Leben gekommen.
Welche Rolle spielt Katar?
Katar ist nicht nur beim Gazakrieg, sondern auch in anderen Konflikten als Vermittler aufgetreten – beispielsweise in Afghanistan. Die regierungskritische israelische Zeitung „Haaretz“ nannte den Luftangriff „eine nationale Demütigung für Katar“, die einen hohen Preis haben werde. „Aus Katars Sicht war die Aufnahme der Hamas-Anführer eine Gefälligkeit für den Westen und Teil seiner Rolle als Vermittlerstaat.“ Der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, kritisierte den Luftangriff als „eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen“, den man nicht dulden werde. Unklar ist, ob Katar weiterhin im Gazakrieg vermitteln will. Die indirekten Verhandlungen stocken seit Monaten.
Wie reagiert US-Präsident Donald Trump?
Trump sagte, er sei „sehr unglücklich“ über den Luftangriff – über den nicht er, sondern ausschließlich Netanjahu entschieden habe. Der US-Präsident betonte, Katar sei ein souveräner Staat und ein enger Verbündeter der USA, der hart für den Frieden arbeite. Luftangriffe wie der vom Dienstag dienten weder den Zielen der USA noch Israels. Trump sagte allerdings auch, dass die „Eliminierung der Hamas“ ein lohnenswertes Ziel sei. Trump hatte Katar erst im Mai besucht. Die Führung des Golf-Emirats hat den USA einen Jumbo-Jet geschenkt, der zu Trumps neuer Air-Force-One umgebaut werden soll, also zum Regierungsflieger.
Was sagt die Bundesregierung?
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) telefonierte mit dem Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani. Der Sprecher der Bundesregierung, Stefan Kornelius, teilte anschließend mit, Merz habe Katars Vermittlungsbemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung der Hamas-Geiseln gewürdigt. Die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars durch den israelischen Angriff sei inakzeptabel. Die Kritik der Bundesregierung an Israel ist in den vergangenen Monaten wegen des brutalen Vorgehens im Gazakrieg deutlich gewachsen. Merz hatte im August Waffenlieferungen an Israel eingeschränkt.
Welche anderen Reaktionen gab es?
Der Luftschlag ist auf breite internationale Kritik gestoßen. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte ihn als „eklatante Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars“. Auch Russland – das mit dem Angriffskrieg in der Ukraine selbst permanent Völkerrecht bricht – und China übten Kritik. Die EU-Kommission kündigte an, wegen Israels Vorgehen im Gazastreifen die Unterstützung für das Land auszusetzen. Die Arabische Liga warnte, Israels Vorgehen könne die gesamte Region destabilisieren.
Was sagen die Angehörigen der israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas?
Das Forum der Angehörigen der Geiseln teilte mit, man verfolge die Entwicklungen in Doha mit großer Besorgnis und Angst. Von Überlebenden, die zurückgekehrt seien, wisse man, dass die Rache an den Geiseln „brutal“ sei. Der Preis für die 48 verbliebenen Geiseln könne unerträglich hoch sein. Die Angehörigen forderten die Regierung erneut dazu auf, den Gazakrieg zu beenden und ein Abkommen zur Rückkehr aller Geiseln vorzulegen. Sie waren beim Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 von islamistischen Terroristen verschleppt worden.
Wie ist die Lage im Gazakrieg?
Ein Ende des Krieges ist nicht absehbar. Netanjahus Regierung beabsichtigt, die Stadt Gaza militärisch vollständig einzunehmen. Die israelische Armee hatte die Einwohner am Dienstag zur Flucht aufgerufen. Hilfsorganisationen warnen, die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen werde sich dadurch weiter verschärfen. Das International Rescue Committee (IRC) teilte mit, nahezu eine Million Menschen sollten im Süden Gazas vertrieben werden. Die Bewohner von Gaza-Stadt seien bereits von einer Hungersnot bedroht.