Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hat mehrere Millionen Euro staatliche Förderung beantragt. Das Innenministerium prüft, ob sie einen Anspruch auf das Geld hat.
Desiderius-Erasmus-StiftungAfD-nahe Stiftung könnte bald Millionen vom Staat bekommen

Erika Steinbach, Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, hält einen Vortrag bei einer AfD-Veranstaltung im Hamburger Rathaus.
Copyright: IMAGO/BREUEL-BILD
Das Bundesinnenministerium hat im Haushalt für 2026 Fördergeld für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) eingeplant. Ob die Stiftung die beantragten Mittel tatsächlich erhält, wird noch geprüft. Es wäre das erste Mal, dass die DES mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt gefördert wird.
Im Haushalt wurden die „Globalzuschüsse für gesellschaftspolitische und demokratische Bildungsarbeit“ auf knapp 194 Millionen Euro erhöht. Aus diesem Topf werden Fördergelder für parteinahe Stiftungen ausgezahlt. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigt, dass dort auch Gelder für die Desiderius-Erasmus-Stiftung eingeplant sind – vorsichtshalber. Das Ministerium prüft derzeit, ob die DES die Förderungsvoraussetzungen erfüllt. Dieses Verfahren werde noch „einige Zeit in Anspruch nehmen“, schreibt das Ministerium. Die AfD hat mit ihrem dritten Einzug in den Deutschen Bundestag in Folge eine wichtige Hürde genommen, um ihrer parteinahen Stiftung ein Budget aus Steuergeld zu ermöglichen.
Erika Steinbach, Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, soll rund 18 Millionen Euro staatliche Förderung für das Haushaltsjahr 2026 beantragt haben. Das Innenministerium bestätigt, dass ein Antrag der DES auf Zuschüsse bereits am 2. April 2025 eingegangen ist.
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- Energieversorgung Bund verlängert Garantie für Beschäftigte der PCK-Raffinerie
- Immobilienmarkt Preise für Wohneigentum steigen zum vierten Mal in Folge
- Neues Jahr, neue Regeln Steuer, Deutschlandticket, Wehrdienst – was sich 2026 ändert
- Entwicklung der Parteien Mitgliederboom bei Linken, AfD und Grünen in NRW
- Zusage aus Deutschland Charterflug bringt rund 140 Afghanen nach Berlin
DES muss für staatliche Finanzierung inhaltliche und formale Voraussetzung erfüllen
Gegen die mögliche Förderung der DES regt sich Protest. Der Verein „Campact“ startete einen Online-Appell mit mehr als 300.000 Unterzeichnern und fordert darin, die DES von der staatlichen Förderung auszuschließen. Konstantin von Notz, Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, bezeichnete die Bereitstellung von Mitteln für die DES im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Redaktionsnetzwerk Deutschland) als „hochproblematisch“, gerade vor dem Hintergrund der Einstufung der AfD als rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz. Von Notz sieht Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) in der Pflicht, „alle rechtlichen Mittel voll auszuschöpfen, um nicht die Feinde unseres demokratischen Rechtsstaats aus Steuergeld zu finanzieren“.
Auch Markus Ogorek, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität Köln, blickt skeptisch auf eine mögliche Förderung der DES: „Es wäre kaum nachvollziehbar, wenn der Verfassungsschutz die AfD als gesichert extremistisch einstuft und gleichzeitig das Innenministerium der parteinahen Stiftung Millionenbeträge zur Verfügung stellt.“
Die Frage, ob der Desiderius-Erasmus-Stiftung staatliche Gelder zustehen, ist schon seit Jahren Streitpunkt – auch in Gerichtssälen. Nach einer Klage der AfD verabschiedete der Bundestag 2023 das Stiftungsfinanzierungsgesetz, das regelt, welche politischen Stiftungen Anspruch auf Bundesmittel haben. Sie müssen dafür formale und inhaltliche Voraussetzungen erfüllen.
Kriterium der „politischen Grundströmung“ könnte entscheidend sein
Voraussetzung eins: Der erwähnte dritte Einzug der AfD in den Bundestag. Diese Formalie erfüllt die DES seit der Wahl im Februar.
Voraussetzung zwei: Die Partei, der die Stiftung nahesteht, darf nicht von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen sein. Auch diese Formalie erfüllt die DES. Von der Parteienfinanzierung wurde bisher nur „Die Heimat“ (ehemals NPD) ausgeschlossen.
Voraussetzung drei: Die Stiftung wurde nicht vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder gesichert extremistisch eingestuft. Auch hier kann die Desiderius-Erasmus-Stiftung einen Haken machen.
Heikel wird es für die DES bei der vierten Voraussetzung: Sie muss „aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung eintreten“. Das Gesetz nennt Fälle, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Stiftung diese Voraussetzung nicht erfüllt. Zum Beispiel wird das Innenministerium prüfen, ob in der bisherigen Stiftungsarbeit Verstöße erkennbar sind oder ob wichtige Mitarbeiter der DES verfassungsfeindliche Bestreibungen verfolgen.
Entscheidend könnte jedoch das letzte Ausschlusskriterium sein: Der Staat muss eine parteinahe Stiftung nicht fördern, wenn die „politische Grundströmung, die der Stiftung zuzuordnen ist“, eine „verfassungsfeindliche Prägung“ hat. Eine eher vage Formulierung: Die Frage, was zu einer „politischen Grundströmung“ gehört, stelle Juristen vor Herausforderungen, sagt Verfassungsrechtler Markus Ogorek.

Markus Ogorek, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität Köln
Copyright: Arton Krasniqi
Gegen eine Förderung der DES könnte laut diesem Kriterium die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz sprechen. „Die AfD hat die Desiderius-Erasmus-Stiftung per Beschluss als ihre politische Stiftung anerkannt“, sagt Ogorek. „Daher ist die AfD Teil der ‚politischen Grundströmung‘, die durch die DES repräsentiert wird.“ Laut dem Gesetz können Gelder zudem bereits verweigert werden, wenn die Grundströmung verfassungsfeindlich geprägt ist, so Ogorek – nicht erst, wenn sie in Gänze verfassungsfeindlich ist.
Födergelder würden Einfluss der DES erheblich vergrößern
Wann das Innenministerium das Prüfungsverfahren bezüglich der Förderung der DES abschließt, ist noch unklar. Auf die Frage, wie das Ministerium vorgehen wird, sollte die Prüfung zum neuen Jahr nicht abgeschlossen sein und die Stiftungen ihre Fördergelder erwarten, ging es nicht ein.
Sollte das Prüfverfahren zugunsten der DES ausgehen, würde sich ihre Bedeutung erheblich vergrößern. Die Fördermittel können für Schulungen von Kommunalpolitikern verwendet werden, für wissenschaftliche Studien, Stipendienprogramme und Büros im Ausland. „Durch eine Förderung der Desiderius-Erasmus-Stiftung könnte der Einfluss von rechtspopulistischen oder rechtsextremen Sichtweisen in gesellschaftlichen Diskursen verstärkt werden“, sagt Ogorek.

