Kommunen und Veranstalter geben mehr Geld für Sicherheit auf Großveranstaltungen aus. Sind Weihnachtsmärkte dadurch in Gefahr?
Auch in Köln teurerSteigende Kosten für Sicherheit belasten Weihnachtsmärkte

Mobile Terrorsperren wurden nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt 2024 in Köln aufgestellt.
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Steigende Kosten für Sicherheit belasten die Organisation von Weihnachtsmärkten. Der Overather Markt wurde aus Kostengründen abgesagt. In Kerpen wird es statt einem Weihnachtsmarkt einen „Genussmarkt im Advent“ geben, der unter anderem durch einen flächenmäßig kleineren Umfang mit günstigeren Kosten verbunden ist. „Ich finde es bedauerlich, wenn Weihnachtsmärkte abgesagt werden, weil es sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt“, sagt Innenminister Herbert Reul, „Aber die aktuelle Gefahrenlage kann man auch nicht ignorieren. Da dürfen wir keine Kompromisse eingehen.“
Wie gefährdet sind Weihnachtsmärkte durch steigende Kosten für Sicherheit? Wer entscheidet über Sicherheitskonzepte und was ändert sich in diesem Jahr an den Kölner Weihnachtsmärkten? Wir geben einen Überblick.
Wie entstehen die Sicherheitsauflagen für Weihnachtsmärkte?
Sicherheitskonzepte für Weihnachtsmärkte werden in der Regel in Zusammenarbeit mit Veranstaltern, Kommunen und Behörden wie Polizei und Ordnungsamt abgestimmt. Lokale Polizeibehörden können Auflagen formulieren. Die Genehmigung einer Veranstaltung erfolgt dann meist durch die Kommune. Für die Gestaltung von Sicherheitsauflagen für lokale Veranstaltungen sind unter anderem die Lage und flächenmäßige Größe des Festes, die erwartete Besucherzahl und die Gestaltung der Zufahrts- und Verkehrswege entscheidend.
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Gibt es Auflagen auf Landesebene?
Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen gibt in einem „Orientierungsrahmen für Veranstaltungen im Freien mit erhöhtem Gefährdungspotenzial“ Empfehlungen für Sicherheitsmaßnahmen bei größeren Veranstaltungen. Diese sind nicht rechtlich bindend, letztlich entscheidet die Kommune über die Auflagen. Der Städte- und Gemeindebund NRW betont, dass für das Erstellen eines umsetzbaren Sicherheitskonzeptes immer die Gegebenheiten vor Ort betrachtet werden müssen, allgemeingültige Lösungen könne es nicht geben.

Der Weihnachtsmarkt auf Schloss Türnich in Kerpen. Hier wird es dieses Jahr aus Kostengründen einen „Genussmarkt im Advent“ geben.
Copyright: Joachim Röhrig
Warum werden die Sicherheitsauflagen trotzdem teurer?
Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes werden die Sicherheitsauflagen vor allem durch „abstrakte Gefahren“ strenger und hängen „mit einem tendenziell in der Bevölkerung gestiegenen (subjektivem) Bedürfnis nach mehr Sicherheit bei Veranstaltungen zusammen“. Das führe dazu, dass sich Veranstalter, Kommunen und Polizeibehörden auf schärfere Auflagen einigen. Eine hundertprozentige Sicherheit könne es aber nie geben.
Ist das Aufstellen immer neuer Sicherheitskonzepte überhaupt sinnvoll?
Nicht unbedingt. Die aufgestellten Sicherheitskonzepte müssen realistisch umsetzbar sein. Der Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der mit zu hohen Auflagen verbundene Arbeitsaufwand nicht dazu führen dürfe, dass ehrenamtliches Engagement zum Erliegen kommt. Erfahrungen aus beispielsweise Bayern zeigen, dass Kosten verringert werden können, wenn nicht jedes Jahr neue Sicherheitskonzepte für wiederkehrende Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte aufgestellt werden: „Dies würde alle beteiligten Akteure spürbar entlasten“.
Gefährden steigende Sicherheitskosten Weihnachtsmärkte stärker als andere Veranstaltungen?
Generell verursachen steigende Sicherheitsanforderungen zusätzliche Kosten, die viele Städte, Gemeinden und zum Teil auch ehrenamtliche Veranstalter öffentlicher Feste kaum noch stemmen können, teilt der Städte- und Gemeindebund mit. Durch den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Jahr 2024 werde das Sicherheitsempfinden auf Weihnachtsmärkten nachhaltig beeinflusst. Auch andere Veranstaltungen scheiterten jedoch im Jahr 2025, weil die Sicherheit zu teuer gewesen wäre: Beispielsweise die Pott-Parade in Essen oder der Hanse-City-Lauf in Wesel.

Der Overather Weihnachtsmarkt muss in diesem Jahr aus Kostengründen ausfallen (Foto von 2024)
Copyright: Christopher Arlinghaus
Warum wurde der Overather Weihnachtsmarkt abgesagt?
Das Overather Stadtmarketing konnte sich bezüglich einer Kostenübernahme für die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen nicht mit der Stadt Overath einigen. Das Stadtmarketing berief sich auf ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, nach dem die „Gewährleistung von Maßnahmen zum Schutz vor terroristischen Gefahren“ nicht von privaten Veranstaltern getragen werden darf. Die Stadt Overath lehnte eine Übernahme der Kosten jedoch ab. Da auch für andere öffentliche Feste die Sicherheitskosten stiegen, konnte der Veranstalter diese nicht selbst tragen.
Welche Sicherheitsmaßnahmen sind neu auf Weihnachtsmärkten?
Häufig werden mobile oder auch permanent verbaute Sperren oder ähnliche Vorrichtungen verwendet. Diese können für Kommunen jedoch mit hohen Kosten verbunden sein. Hier wiegen Kommunen außerdem ab, wie sie den Charakter traditioneller Veranstaltungen dennoch erhalten können, so der Städte- und Gemeindebund: „Innenstadtbereiche oder Verkehrswege sollen sich nicht in hermetisch abgeriegelte Festungen verwandeln.“
Wie sorgt die Stadt Köln für Sicherheit auf Weihnachtsmärkten?
Zur Sicherung von Großveranstaltungen, zu denen auch die Weihnachtsmärkte zählen, setzt auch die Stadt Köln seit Juni 2024 sogenannte technische Überfahrsperren ein. Zu den konkreten Sicherheitsvorkehrungen äußern sich weder die Stadt noch die Betreiber der Weihnachtsmärkte. Der Einsatz von technischen Sperren sei „ein dynamischer Prozess, den die Stadt in Kooperation mit ihren Sicherheitspartnern abstimmt“, heißt es auf Anfrage.

Am Kölner Alter Markt wurden nach dem Attentat in Magdeburg im Dezember 2024 mobile Absperrungen aufgestellt.
Copyright: Uwe Weiser
Was ist dieses Jahr anders auf den Kölner Weihnachtsmärkten?
Eine zusätzliche Terrorsperre wird es nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger beim Weihnachtsmarkt am Dom an der Straße Am Hof in Höhe des Brauhauses Früh am Heinzelmännchenbrunnen geben. Auch der neue Weihnachtsmarkt am Friesenplatz dürfte wegen seiner Lage auf der Fläche westlich des Hohenzollernrings und der Limburger Straße gegen unbefugtes Befahren entsprechend abgesichert werden.
Wie stark sind die Kosten für Sicherheit auf Weihnachtsmärkten in Köln gestiegen?
Die Kosten für diese Terrorsperren beliefen sich einschließlich des eingesetzten Personals und der Logistik 2024 auf knapp 920.000 Euro. Im Jahr 2025 sind es knapp 1,1 Millionen Euro. Für 2026 wird nach Angaben der Stadt ein vergleichbarer Betrag erwartet.
Stimmt es, dass zahlreiche Weihnachtsmärkte wegen der steigenden Sicherheitskosten abgesagt werden müssen?
Nein. Die Kosten für Weihnachtsmärkte sind zwar in Verbindung mit Sicherheitsauflagen gestiegen, diese haben jedoch nicht zu gehäuften Absagen geführt. Abgesagte Weihnachtsmärkte sind eher in Einzelfällen bekannt geworden und stehen nicht immer im Zusammenhang mit Sicherheitskosten.
Welche Weihnachtsmärkte in NRW sind tatsächlich gefährdet?
Die Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes NRW geht aktuell nicht davon aus, dass weitere Weihnachtsmärkte wegen steigender Sicherheitskosten ausfallen müssen. Es liegen hierzu jedoch keine Zahlen vor.
„Wir wollen sicher sein und uns sicher fühlen. Die Vorkehrungen dazu machen niemandem Spaß“, so Innenminister Herbert Reul, „aber dabei geht es darum, dass die Menschen unbeschadet wieder nach Hause gehen können. Ob auch nichts passiert wäre, wenn es diese eine Wegeleitung nicht gegeben hätte, ist Kaffeesatzleserei.“

