Geben ist seliger als nehmen. Und hebt die Stimmung. Auch bei denen, die nichts bekommen. Kölner Jugendliche erzählen von ihrem Engagement.
Was uns zusammenhältJunge Menschen engagieren sich – Wo, erzählen sie hier

Bei der Tafel, dem Blau Gelben Kreuz oder dem THW - wir haben mit drei jugendlichen gesprochen, wie glücklich sie Engagement gemacht hat
Copyright: Jens Schmitz
Lukas Inden ist 17 Jahre alt, Schüler der Jahrgangsstufe 11 an der Königin-Luise-Schule in Köln, und hat ein Praktikum beim Blau Gelben Kreuz gemacht.
Ich hatte von meinem Lehrer gehört, dass es das Blau Gelbe Kreuz gibt, weil er sich für die Menschen in der Ukraine einsetzt, aber nicht gewusst, was die alles auf die Beine stellen. Deshalb war ich schon an meinem ersten Tag dort überrascht. Ich hatte mit einem kleinen Raum gerechnet, in dem Spenden gesammelt werden. Von wegen. Das ist eine richtig große Lagerhalle. Davor stand eine Reihe von ausgemusterten Krankenwagen, die von Freiwilligen bis zur polnisch-ukrainischen Grenze gefahren und dort übergeben werden.
In der Halle arbeiten größtenteils Menschen aus der Ukraine, fast alles Flüchtlinge, die zum Teil kaum Deutsch sprechen. Die sind alle sehr motiviert, etwas für ihre Heimat zu tun. Meine Aufgabe war es, die Spenden am Eingang entgegenzunehmen. Klamotten, Spielzeug, aber auch viel medizinisches Material. Das Lager ist sehr genau sortiert, da kann man nicht einfach Sachen irgendwo ablegen.
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„Irgendwas muss man doch tun“
Trotz der Sprachprobleme haben sich alle sehr für mich interessiert, was ich so mache und warum ich bei ihnen mitarbeite. Wir haben uns mit Händen und Füßen verständigt. Das war kein Problem. Mit einem der Helfer haben ich sogar ein Werbevideo für Instagram gedreht. Ganz spannend war, dass mit den Spenden auch Medipacks gekauft werden, die Ärzte speziell für den Krieg entwickelt haben. Das sind Rucksäcke, mit denen man Soldaten an der Front versorgen kann, die besonders schlimme Verletzungen haben. Ein einziger kostet 1000 Euro. Damit wurden schon viele Leben gerettet.

Lukas Inden hat ein Praktikum beim Blau Gelben Kreuz gemacht. Er sagt: „Ich hatte mit einem kleinen Raum gerechnet, in dem Spenden gesammelt werden. Von wegen. Das ist eine richtig große Lagerhalle.“
Copyright: Peter Berger
In der Halle steht auch ein völlig zerstörter Krankenwagen, in dem Helfer bei einem Angriff gestorben sind. Das Blau Gelbe Kreuz hat ihn nach Deutschland gebracht, damit man besser versteht, wie schrecklich der Krieg ist. Das hat mich so beeindruckt, dass ich mich als Ordner für die Kundgebung zum dritten Jahrestag des Kriegsbeginns gemeldet habe. Irgendwas muss man doch tun.
„Der Gedanke, auf der Couch zu sitzen während im Fernsehen Katastrophen laufen, ist mir einfach unangenehm“
Severin Müller-Hartmann ist 18 Jahre alt und Student. Bereits seit 2016 ist er beim Technischen Hilfswerk (THW) in Köln aktiv, erst in der Jugend, nun als Helfer.
Ich bin mit zehn Jahren der THW-Jugend beigetreten. Mein Vater ist dort ebenfalls aktiv, als Kind hat er mich öfter mitgeschleppt. Ich fand die Umgebung schon immer cool – mit zehn waren es natürlich auch die Autos, die mich begeisterten.
In der Jugend geht es viel um Teamwork: Wir lernten, effektiv zusammenzuarbeiten und zu kommunizieren. Beim THW traf ich Menschen aus ganz anderen Stadtteilen und mit ganz anderen Hintergründen, die einen kompletten Kontrast zu meinem sonstigen Freundeskreis bildeten - das fand ich unglaublich bereichernd. Anfang letzten Jahres machte ich meine Grundausbildung zum vollwertigen Helfer, momentan mache ich die Ausbildung in der Fachgruppe Bergung. Dort werden wir an dem nötigen Bergungswerkzeug wie Plasmaschneidern ausgebildet und lernen, in verschiedenen Einsatzszenarien klarzukommen.
Einerseits gehe ich gerne in die THW-Unterkunft in Köln-Braunsfeld, weil mir der soziale Zusammenhalt gefällt. Aber ich mache das auch aus Pflichtgefühl. Schließlich bin ich jung und habe sowohl die Möglichkeit als auch die Energie, mich für andere einzusetzen. Als Student profitiere ich ja von der Gesellschaft – da möchte ich auch etwas zurückgegeben und der Gedanke, auf der Couch zu sitzen, während im Fernsehen Katastrophen laufen, ist mir einfach unangenehm.
Ich möchte was tun, ich möchte mich engagieren. Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal schlossen sich viele neue Leute unserer THW-Gruppe an, weil ihnen bewusst wurde, wie wichtig ein funktionierender Katastrophenschutz ist. Als junger Mensch werde ich vermutlich noch viele Katastrophen erleben. In diesen Situationen möchte ich handeln und helfen können. Dazu kommt: Ich studiere Physik, also etwas sehr Theoretisches. Da tut es mir gut, am Wochenende mit den Händen zu arbeiten.

Severin Müller-Hartmann (18) ist seit 2016 beim THW aktiv. Seine Grundausbildung zum regulären Helfer hat er bereits absolviert, jetzt ist er in der Fachausbildung der Gruppe Bergung.
Copyright: Müller-Hartmann
Ich kann mir gut vorstellen, wie mein Vater noch viele Jahre beim THW zu bleiben und irgendwann bei Einsätzen mehr Verantwortung zu übernehmen. Wir haben auch Auslandseinheiten – wenn ich in ein paar Jahren die notwendigen Qualifikationen erreicht habe, könnte ich mich dafür einschreiben lassen. Motiviert bin ich auf jeden Fall.
Für mein Studium bin ich mittlerweile nach Aachen gezogen, doch ich hänge noch sehr an meinem Ortsverband in Köln. Zwei Wochenenden, circa 20 Stunden im Monat, bin ich noch beim THW, für Ausbildungstermine und Dienste wie die Instandsetzung von Werkzeug. Natürlich nimmt das eine Menge Zeit in Anspruch. Aber ich mache es einfach gerne.
Wertschätzung und Dankbarkeit gespürt – das macht glücklich
Mats Plein ist Achtklässler und hat einen Tag bei der Essens- und Lebensmittelversorgung „FC-Ausgabe an St. Karl“ in Köln-Sülz mitgearbeitet.
Sozialer Tag - das war bei uns ein Schulprojekt, wir hatten erstmal nur so mittelmäßig Lust drauf. Erst wollten wir zu einer Tierschutzorganisation, aber da hat niemand das Telefon abgenommen. Jetzt bin ich aber total froh über den Job bei St. Karl.

Mats (13) hat bei der Ausgabe des Mittagessens geholfen.
Copyright: Hanno Sprissler
Ich kannte die Tafel, also diese Idee, arme Menschen mit Essen zu versorgen. Von der Ausgabe an St. Karl in Sülz hatte ich aber noch nie etwas gehört. Die Kirchengemeinde lädt bedürftige Menschen ein, bei ihnen zu bestimmten Terminen zu essen und auch Lebensmittel mitzunehmen. Dort organisiert die Gemeinde auch Kleiderspenden und anderes; wir haben beim Essenstag geholfen.
Wir waren zu viert, drei Klassenkameraden und ich. Die ganze Aktion findet in der Kirche statt. Ich hatte eher eine ganz schmucklose Ausgabestelle erwartet und ich war überrascht, wie viele Menschen schon da waren, als wir kamen: Alle ganz beschäftigt - und ruckzuck hatten wir auch einen Job: Beim Einteilen der Gruppen, in der Küche und bei der Ausgabe des Mittagessens.
Da mitzuhelfen hat Spaß gemacht, so viele ganz unterschiedliche Menschen hatten sich versammelt, so viele unterschiedliche Sprachen haben wir gehört - beeindruckend. Bei der Ausgabe war die erste Portion für jeden umsonst, für einen Nachschlag haben die Gäste dann einen freiwilligen Betrag gegeben, eine Spende. Das finde ich gut, dass jeder ein bisschen Geld geben sollte, auch wenn es nur symbolische Cents sind. Dann weiß man, dass nicht alles hundertprozentig geschenkt wird, sondern dass man auch etwas gibt - eben das, was man kann.
Ruckzuck hatten wir auch einen Job: Beim Einteilen der Gruppen, in der Küche und bei der Ausgabe des Mittagessens.
Die Lebensmittelausgabe ist wieder gratis. Jeder von uns hat einen Posten bekommen. Ich war bei den Süßigkeiten, Schokolade war superbeliebt natürlich. Und es war so süß, dass viele der Gäste mir von ihren Enkeln erzählt haben und was die besonders mögen. Manche kamen richtig ins Plaudern. Ich glaube, alle haben sich einfach wohlgefühlt.
Ganz besonders schön fand ich, dass man die Wertschätzung und Dankbarkeit spüren konnte, die an dem Tag herrschte. Das hat mich richtig glücklich gemacht. Ich werde mich, wenn ich noch etwas älter bin, selbst auch bei einer Hilfsorganisation engagieren.
Mir ist ganz stark in Erinnerung geblieben, dass es für die Leute offensichtlich besonders war, dass wir nach dem Essen die Teller abgeräumt haben. Wir sind zu jedem hin und haben gefragt „Dürfen wir Ihnen den Teller abnehmen.“ Und das kam total gut an – diese Geste des Bedientwerdens speziell. Die Leute waren überrascht, bedankten sich überschwänglich und ich war dann auch überrascht und froh über diese nette und höfliche Reaktion.
Info: Die „FC-Ausgabe an St. Karl“ ist ein Projekt der katholischen Kirche in Sülz-Klettenberg, der Stiftung des 1. FC Köln und des Caritasverbandes für die Stadt Köln. Alle Infos zu den existenzsichernden Angeboten und Kontakt zu den Organisatoren online unter karl.koeln