Abo

Epstein-AktenZum ersten Mal kann Trump seine Partei nicht auf Kurs bringen

4 min
Trump kehrt von einem Wochenende in Florida zurück: Diese Woche könnte spannend werden für den US-Präsidenten. /Pool/ABACA

Trump kehrt von einem Wochenende in Florida zurück: Diese Woche könnte spannend werden für den US-Präsidenten. /Pool/ABACA

Monatelang hat der US-Präsident alles getan, um eine Veröffentlichung der Akten über Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu verhindern. 

Seit seinem Amtsantritt vor zehn Monaten gab es eine Konstante in Donald Trumps Innenpolitik: Je stärker der Gegenwind, desto rücksichtsloser zog der Präsident seine Vorhaben durch. „Ich werde niemals aufgeben. Ich werde mich niemals beugen. Ich werde niemals zerbrechen. Ich werde niemals weichen – nicht einmal vor dem Tod“, hatte er im Wahlkampf martialisch verkündet.

Doch dann kam der Sonntag. Beim Golfen in Florida muss Trump klargeworden sein, dass er den Kampf um die Veröffentlichung der Epstein-Akten vorerst verloren hat. „Wir haben nichts zu verbergen, und es ist an der Zeit, diesen von radikalen Linken inszenierten Schwindel der Demokraten hinter uns zu lassen“, schrieb er unvermittelt am späten Abend auf seinem Propagandakanal „Truth Social“. Das Repräsentantenhaus solle die Freigabe der brisanten Dokumente beschließen: „Ist mir egal!“

Hinter dem lapidaren Post verbirgt sich die bislang abrupteste Kehrtwende in Trumps zweiter Amtszeit. Zunächst hat er im Wahlkampf noch wilde Spekulationen über eine angebliche geheime Kundenliste Jeffrey Epsteins, den verstorbenen und in der High-Society bestens vernetzten Betreiber eines Mädchenhandelrings, befeuert. In den vergangenen Monaten aber setzte der Präsident alle Hebel in Bewegung, um die Veröffentlichung von Ermittlungsakten zu dem Sexualstraftäter zu verhindern, mit dem er mindestens bis zum Anfang der 2000er Jahre persönlich verkehrt hatte.

Repräsentantenhaus soll neu über Offenlegung abstimmen

So ließ Trump im Repräsentantenhaus über 50 Tage die Vereidigung einer Nachrückerin der Demokraten hinauszögern, deren Unterschrift einer Petition für eine Abstimmung über die Epstein-Akten zur Mehrheit verholfen hätte. In der vergangenen Woche bedrängte er zwei republikanische Abgeordnete, die für die Freigabe stimmen wollen. Er ordnete eine Untersuchung führender Demokraten an, die angeblich in den Epstein-Skandal verwickelt sein sollen. Und er überwarf sich mit seiner langjährigen Unterstützerin Marjorie Taylor Greene, die er als „Verräterin“ beschimpfte.

Geholfen hat das nichts. Im Gegenteil: Der Druck aus Trumps eigener Partei ist nur gewachsen. „Der Zug ist abgefahren“, konstatierte am Sonntagmorgen der republikanische Abgeordnete und Ex-General Don Bacon in einer populären CBS-Politiksendung: „Je mehr sich das Weiße Haus sträubt, desto schlechter sieht es aus.“ Dieser Erkenntnis konnte sich am Ende offenbar auch Trump nicht widersetzen.

Noch am Dienstag (Ortszeit) sollte das Repräsentantenhaus über die Freigabe der Epstein-Akten abstimmen. Die Initiatoren der Petition erwarteten, dass mindestens 40 bis 100 Republikaner mit den Demokraten für die Offenlegung sämtlicher Ermittlungsunterlagen stimmen würden. Anschließend muss freilich noch der Senat zustimmen, wozu die Stimmen von mindestens 13 Republikanern erforderlich sind. Dann muss Trump das Gesetz unterzeichnen.

Epstein hegte offensichtlich Groll gegen Trump

In den vergangenen Tagen waren vom Kongress bereits tausende E-Mails Epsteins veröffentlicht worden. Diese belegen, dass der Finanzinvestor zwischen seiner ersten Verurteilung 2009, als er eingestand, eine Minderjährige zur Prostitution gezwungen zu haben, und seiner Anklage wegen systematischem Mädchenhandel und dem mutmaßlichen Selbstmord im Gefängnis 2019 rege Kontakte zu zahlreichen Prominenten unterhielt. Darunter waren Prinz Andrew, Ex-Präsident Bill Clinton, der Tech-Investor Peter Thiel und der ultrarechte Vordenker Steve Bannon. Die Dokumente sind nach derzeitigem Kenntnisstand aber juristisch nicht relevant.

Aus den E-Mails lässt sich ableiten, dass Epstein in seinen letzten Jahren vor seinem Tod offenbar einen erheblichen Groll gegen seinen einstigen Bekannten Trump hegte, der ihn noch 2003 mit einem schlüpfrigen Geburtstagsgruß geehrt hatte. Aber es gibt keine Belege für eine direkte Verwicklung des heutigen Präsidenten in die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen.

Bekannter Ökonom Summers zieht sich zurück

Unterdessen kündigte der bekannte US-Ökonom Larry Summers an, sich wegen seiner früheren Verbindungen zu Epstein weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. „Ich schäme mich zutiefst für mein Handeln und bin mir bewusst, welchen Schmerz es verursacht hat“, erklärte er in einer Stellungnahme.

Summers war früher unter dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton Finanzminister und später Berater des damaligen Präsidenten Barack Obama. Zu Beginn der 2000er war er Präsident der Elite-Universität Harvard. Zuletzt hatte der Ex-Minister neben einer Harvard-Professur auch etliche andere Posten inne, unter anderem im Vorstand von ChatGPT-Betreiber OpenAI.

E-Mails und Textnachrichten, die jüngst ein Ausschuss des US-Repräsentantenhauses veröffentlicht hatte, legten einen engen persönlichen Austausch zwischen Summers und Epstein bis kurz vor Epsteins Festnahme 2019 offen, in dem sich Summers auch abfällig über Frauen äußerte.

Summers erklärte nun, er übernehme „die volle Verantwortung“ für seine „fehlgeleitete Entscheidung, weiterhin mit Herrn Epstein“ in Kontakt geblieben zu sein. Seine Lehrverpflichtungen in Harvard wolle er bisauf weiteres weiter erfüllen.