Barocke Gambenmusik wird in den kommenden Monaten in elf Gotteshäusern der Nord- und Vulkaneifel präsentiert.
KulturprogrammAußergewöhnliche Konzertreihe in den Kirchen der Eifel

Freuen sich auf die Konzert-Tour: Gambistin Sabine Weber und Dramaturgin Hildegard Meier.
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Eine ungewöhnliche Konzertreihe erwartet die Freunde schöner alter Kirchen in der Eifel und alter Musik in diesem Jahr: In elf Gotteshäusern der Nord- und Vulkaneifel wird barocke Gambenmusik zu hören sein. Dazu gibt es kleine Theaterszenen, Wanderungen und Vorträge.
„Das ist mein Herzensprojekt!“ Sabine Weber sitzt in der kleinen Wohnküche des alten Bauernhauses aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in Hüngersdorf und strahlt. Nicht nur über das fast fertig sanierte neue Zuhause, in das sie mit ihrem Ehemann an Ostern eingezogen ist. Weber ist Mitglied im auf Barockmusik spezialisierten Ensemble „favori“ aus Köln.
„Mit der Gambe durch die Eifel“ vom 10. Mai bis 2. November
Sie ist auch voller Vorfreude auf das, was sie neben der Haussanierung in jahrelanger Vorarbeit mit der Schauspielerin und Dramaturgin Hildegard Meier, die neben ihr sitzt, geschaffen hat: „Mit der Gambe durch die Eifel“ heißt ein bisher einzigartiges Konzertprogramm, das zwischen dem 10. Mai und 2. November in elf besonders schönen alten Kapellen und Kirchen in der Vulkan- und Westeifel, aber auch der NRW-Nordeifel zu Gast sein wird.
Schon der Titel der Tournee der Musiker des favori-Ensembles hört sich beschwingt wie ein Wanderurlaub an. Und so sei die Idee zur Konzertreihe ja auch entstanden, meint Sabine Weber. Vor fünf Jahren sei sie bei einer Wanderung per Zufall in die 1902 erbaute neo-romanische, überreich mit Gold- und bunten Glassteinmosaiken ausgestattete Erlöserkapelle im kleinen Mirbach unmittelbar an der Landesgrenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz „gestolpert“. Die spontane Idee der Gambistin: „Hier will ich einmal spielen!“
Kapellen wurden von einem Freund von Kaiser Wilhelm II. gebaut
Am 13. Juli wird es so weit sein: Das Ensemble favori wird in der wunderschönen Kapelle von Mirbach ein Konzert geben, tags zuvor am 12. Juli in der zeitgleich und ebenfalls im Auftrag des Freiherrn von Mirbach, einem Freund von Kaiser Wilhelm II., erbauten und stilistisch ähnlichen, aber noch prunkvoller ausgestatteten Erlöserkirche in Gerolstein. Beide Gotteshäuser wurden anlässlich der Eröffnung der Eifelstrecke eingeweiht, die evangelische Erlöserkirche in Gerolstein ist allerdings heute außerhalb der Gottesdienstzeiten kaum noch geöffnet.
Ein Privileg für die Besucher des Festivals „Mit der Gambe durch die Eifel“, das sie auch andernorts genießen können. Etwa beim Gastspiel in der gotischen, aber barockisierten St.-Sebastianus-Burgkapelle in Kerpen (Eifel) am 28. Juni oder in Alt St. Martin in Wiesbaum am 14. Juni. Beide Orte liegen unmittelbar an oder nahe der Landesgrenze. St. Martin stammt in der ersten Bauzeit der Kapelle aus dem Jahr 1500, es folgten Erweiterungen im 18. und 19. Jahrhundert.
In Wiesbaum wie an den meisten der elf Stationen des vom Verein „Neuraum“ veranstalteten Konzertreigens wird nicht nur ausgewählte Gambenmusik aus dem Früh- und Hochbarock zu hören sein – Weber selbst spielt dabei einen Nachbau eines siebensaitigen Barockinstrumentes des französischen Meistergambisten Monsieur de Sainte-Colombe (1640-1700).
Hexenverfolgung in der Eifel wird szenisch umgesetzt
Es gibt auch Außermusikalisches: An der alten Kirche in Wiesbaum steht zum Beispiel eine uralte Linde. Die Stelle diente mutmaßlich einst als Thingstätte. Doch was wurde hier verhandelt, welche Rolle spielte die Örtlichkeit zu Zeiten der Hexenverfolgung in der Eifel? Die Schauspielerin und Dramaturgin Hildegard Meier hat Hintergründe recherchiert, der Theaterverein Wiesbaum-Mirbach wird einige Ergebnisse szenisch vor Ort umsetzen.
Am 10. Mai beim Auftaktkonzert in der St.-Katharina-Kirche von Üxheim-Leudersdorf, vier Kilometer östlich von Uedelhoven, werden Zeithistorie und Festival dann zusammenfallen. Webers Vorfahren waren aus Frankreich nach Deutschland geflohene niedrigadelige Protestanten. Die Hugenotten, wie die Religionsflüchtlinge genannt wurden, ließen sich in diesem Fall in Leudersdorf nieder.
„Der älteste Hof meiner Familie steht heute noch“, so die Nachfahrin. Sie ist überzeugt: „Gambenmusik aus dem Barock hatten auch meine Vorfahren im Ohr, als sie sich in der Eifel niederließen.“ Sie wird sie auch ihnen zu Ehren in Üxheim-Leudersdorf spielen.
„Kultursommer Rheinland-Pfalz“ und Eifel-Stiftung haben Unterstützung zugesagt
Weitere Beispiele für den Ansatz, Ortsgeschichte mit Musik zu verbinden, gibt es auch bei den drei Adressen in der Nordeifel. Nur drei von elf Konzerten? „Weil die regionale Kulturförderung durch das RKP-Büro des Landes in Aachen uns leider nicht berücksichtigt hat“, bedauert Sabine Weber.
Sie hat dennoch das nötige Geld für das 22.000-Euro-Budget von „Mit der Gambe durch die Eifel“ zusammenbekommen. Der „Kultursommer Rheinland-Pfalz“ habe ebenso zugesagt wie die Eifel-Stiftung in Kronenburg. Weitere Sponsoren sind etwa die Tourist-Information Gerolsteiner Land und die Kreissparkassen in Euskirchen und Daun.
Am 15. Juni gibt es ein Konzert in der spätgotischen Ahekapelle bei Nettersheim-Engelgau. Um 14 Uhr startet zunächst eine Wanderung unter dem Motto „Auf der Eifelschleife im Genfbachtal – Orchideen und römische Fundamente“ mit Joachim Starke von der Gemeinde Nettersheim. Ausgangspunkt ist der Bahnhof Nettersheim, Ziel die Kapelle. Dort schließt sich das Konzert an. Zudem wird Burkhard Brücker vom Förderverein Ahekapelle einen Vortrag zur Geschichte und Restaurierung der Wallfahrtskapelle halten.
Konzert in der sehenswerten Ein-Säulen-Kirche von Kronenburg
Am 17. September steht ein Konzert in der sehenswerten Ein-Säulen-Kirche von Kronenburg auf dem Programm. Pfarrer Andreas Züll, Leiter des Pastoralen Raums Blankenheim-Dahlem, wird zum Tag des offenen Denkmals an diesem Datum wertvolle Paramente und Gewänder in St. Johann Baptist ausstellen lassen. Züll kennt Sabine Weber und ihre Künste auf der Gambe von Konzerten in der Blankenheimer Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt.
Ebenfalls Johannes dem Täufer ist Ripsdorfs Pfarrkirche geweiht, wo das favori-Ensemble am 17. August zu Gast sein wird. Um 14 Uhr startet zunächst eine Kräuterwanderung mit der Volksheilkundlerin Irmgard Löffelmann. Kräuterbüsche werden gesammelt, die im Anschluss zur festlichen Gambenmusik als traditionelle Herbststräuße geweiht werden.
Letzte Konzertstation der Gambenreise ist Euskirchen-Euenheim mit St. Brictius am 7. November. Kunsthistorikerin Jennifer Kirchhoff vom Stadtmuseum Euskirchen wird einen Vortrag über die Bezüge zwischen Kirchenkunst in St. Brictius und den Patronatsheiligen halten.
Eintrittskarten sind in der Regel an der Abendkasse erhältlich, zu einigen Konzerten ist der Eintritt frei. Alle Konzerttermine gibt es im Internet.