Das Het International European Ballett bot im Euskirchener Stadttheater mit dem „Nussknacker“ ein unvergessliches Kunsterlebnis.
Auch ohne OrchesterBallett „Der Nussknacker“ beeindruckt im Euskirchener Stadttheater

Mit internationalen Tänzen begeisterte das Het International European Ballett im Stadttheater.
Copyright: Stefan Lieser
Klassischer kann es zur Vorweihnachtszeit kaum sein: Mit dem Ballett „Der Nussknacker“ nach der Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski gastierte Het International European Ballett im Euskirchener Stadttheater.
Gerard Mosterd, Regisseur der „Nussknacker“-Inszenierung des Het International European Ballet, blickte ernst. Die Frage, woher das Ensemble des 32-köpfigen Balletts aus 20 bis 30 Jahre alten Tänzern und Tänzerinnen komme, beantwortete er wenig überraschend: „15 von ihnen sind aus der Ukraine geflüchtet. Sie leben in ganz Europa verteilt und kommen für die Tournee des Balletts zusammen.“ Zudem stammen die Künstler unter anderem aus Kanada, Spanien und Italien.
Am prominentesten ist dabei wohl Varankin Stanislav, der unter anderem an der Oper in Odessa getanzt hat. Er übernimmt die männliche Hauptrolle des „Nussknackers“ aus dem Jahre 1850. Genauer ist es eine Doppelrolle, denn er verwandelt sich in der knapp zweistündigen Inszenierung der Originaldramaturgie entsprechend um Mitternacht an Heiligabend bei der Familie Stahlbaum in einen Prinzen.
Internationale Tänze als bunte choreographische Weltreise
Vor dem Weihnachtsbaum werden aber zunächst internationale Tänze als bunte choreographische Weltreise gezeigt. Etwa ein „Chinesischer Tanz“, eine „Orientalische“, eine „Russische“, „Spanische“ und „Französische“ Variante. Viel Folklore ist da zu sehen – und auch viele getanzte Klischees. Der „Blumenwalzer“ ist in diesem Kaleidoskop aus Schritt- und Sprungfolgen des klassischen Balletts bei Pas de deux und kleinen wie größeren Ensemblefiguren für die gebürtige Kiewerin Telvar Nikol die Chance zu einem Solo.
Bei den Kostümen für die Tänzer und Tänzerinnen geht es, wie nicht anders zu erwarten, stilecht entsprechend der Entstehungszeit von Musik und Choreographie zu: Alle sind in konventionellen großbürgerlichen Fin de Siècle-Chic gekleidet. Um Mitternacht der Weihnachtsnacht aber verwandelt sich die Szenerie ins Fantastische: Clara, getanzt von der Japanerin Nakano Remi, verliebt sich in den „Nussknacker“, der sich als Prinz entpuppt. Es folgt ein Pas de deux, und gemeinsam geht es auf eine Art Märchenweltreise ins „Zuckerland“. Dort treffen die beiden die „Zuckerfee“, den „Mäusekönig“, die „Ingwermama“ und „tanzende Blumen“.
Viele Besucher haben eine etwas edlere Abendgarderobe gewählt
Das alles wird auf Spitze getanzt, Clara auch im erwartbaren weißen Spitzenrock. So kann man es zur Weihnachtszeit an vielen Opernhäusern weltweit sehen, ob an der New Yorker Metropolitan, der Mailänder Scala oder der Pariser Opéra Garnier.
Den Unterschied macht vor allem, dass das Het International European Ballet kein eigenes Orchester auf seiner Tournee mitgebracht hat. Auch beim Auftritt des Ensembles im Stadttheater kommt Tschaikowski also aus der „Konserve“. Das Erlebnis schmälert das kaum.
„Einfach schön, das würde ich aber nie selber versuchen“, meint Diana, die mit einer Freundinnen-Clique nach Euskirchen gekommen ist. Sie, wie viele Besucher, hat die etwas edlere Abendgarderobe gewählt. Klassisches Ballett ist eben doch noch mal festlicher als das Weihnachtskonzert einer Kölsch-Musikband. Wo Tänzerin Nakano Remi auf die Spitze geht und Pirouetten dreht, als gäbe es kein Morgen, ist Diana realistisch: „Einzelne Bewegungen üben wir auch in unserem Pilates-Kurs, als Dehnübung.“

