Ein Gespräch mit der eigenen Seele: Alin Coen gastiert mit ihrer „Immer noch da“-Tour im Scala Club Leverkusen.
Alin-Coen-KonzertAtmende Musik im Opladener Scala Club

Ein Gespräch mit der eigenen Seele: Alin Coen gastiert mit ihrer „Immer noch da“-Tour im Scala Club Leverkusen.
Copyright: Timon Brombach
Es ist Musik im Opladener Scala Club, die leise Fragen stellt und große Antworten hinterlässt. Warmes Licht fällt auf die Bühne, als Alin Coen mit der Gitarre im Arm ans Mikrofon tritt. Vorab hat bereits Diana Ezerex am Flügel berührt. „Komm mit mir mit, wir geh’n; irgendwohin und dann schauen wir hoch und sehen uns die Wolken an“, gleitet sie ins Scala und sofort legt sich eine konzentrierte Ruhe über das Publikum. Ihre Stimme ist klar, fast zerbrechlich und doch von einer Kraft, die sich leise entfaltet. Das Schlagzeug setzt erst mal nur die Becken ein. Zwischen den Zeilen spürt man das Staunen einer Künstlerin, die nach Jahren des Suchens wieder angekommen ist. „Immer noch da“ – dieser Tourtitel beschreibt mehr als nur eine Rückkehr: Er klingt wie eine Selbstvergewisserung, eine kleine Hymne auf das Durchhalten.
Begleitet von ihren langjährigen Bandkollegen, Fabian Stevens am Schlagzeug und Philipp Martin am Bass, entfaltet Coen einen Klangraum zwischen Pop und Folk, zwischen Erdung und Entrückung. „Leichtigkeit“ steht neben „Beben“, und alle neuen Stücke, vom Album, was im Frühjahr erscheinen soll, fügen sich nahtlos ein. Coen singt mit offenem Blick, manchmal lächelnd, manchmal mit geschlossenen Augen, als würde sie den Tönen nachlauschen, mal am Flügel, mal an der Gitarre. Ihre Band agiert mit feinem Gespür: Stevens lässt das Schlagzeug atmen, Martin legt warme Bassläufe unter ihre Stimme – dann intensiver Blickkontakt. Coen singt nicht nur über Gefühle – sie verkörpert sie. Zwischen zwei Songs erzählt sie von ihrem Engagement für den Umweltschutz, von der Zeit, als sie glaubte, „etwas Richtiges“ tun zu müssen, während dieser Planet brenne. Das Publikum hört still zu, denn jeder Satz klingt wie ein Gedanke, der bleiben will. Ihr Konzert ist eine Haltung: gegen Gleichgültigkeit, für Wahrhaftigkeit.
„Das letzte Lied“ im Scala Club Opladen
Als sie später „Das letzte Lied“ anstimmt, verändert sich die Atmosphäre: Der Song, geschrieben vor fast einem Jahrzehnt, klingt wie ein Brief an ein früheres Ich – zart, entschlossen und ohne Bitterkeit. „Dieses ist bestimmt das letzte Lied, das ich für dich schreibe“, singt sie, und man spürt, dass hier jemand Abschied nehmen kann, ohne zu versteinern. Es ist kein Lied des Endes, sondern eines der Bewegung: ein Aufbrechen, das sich weigert, zynisch zu werden.
In dieser Geste liegt die Kraft des Abends. Coen zeigt, dass Verletzlichkeit kein Makel ist, sondern ein Raum, in dem Veränderung beginnen darf. „Sie singt mir aus der Seele“, flüstert eine Zuschauerin zu einer Freundin, „das sind alles Themen, die ich aus der Therapie kenne“. In einer Welt, die sich an „Lautstärke“ gewöhnt hat, wirkt ihre Musik wie ein Gegengewicht. Sie singt von Trennung, aber auch vom Weitergehen, von innerem Wachstum, das keinen Applaus braucht. Coen beweist, dass leise Kunst nicht „schwach“ ist.

