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Kreuz Leverkusen-WestAutobahn GmbH will bei Altlast-Öffnung Vorgaben beachtet haben

Lesezeit 4 Minuten
Die Folie ist nicht mehr dicht: Deponiefolie und offenbar nicht vorhandene Deponieabdeckung auf der Autobahnbaustelle neben der neuen  A1  Bild: Ralf Krieger

Die Folie ist zurzeit nicht mehr dicht: Neben der Autobahnbaustelle der neuen A1 wird gearbeitet, die Abdichtung soll wieder geschlossen werden, sagt die Autobahn GmbH.

Die Stadtverwaltung fordert zu der offen liegenden Altlast jetzt dazu einen Bericht von der Autobahn GmbH an.

Nur weniges konnte die Leverkusener beim bisherigen Autobahnausbau mehr auf die Palme bringen, wie das Öffnen der Altlast durch die Autobahn GmbH mit ihren zum Teil über 100 Jahre alten Chemieabfällen aus dem Bayerwerk.

Derzeit ist die amtlich anerkannte Versiegelung an mindestens einer Stelle geöffnet. Und das offenbar mindestens seit Monaten: Laut Autobahn GmbH soll das aber kein Problem sein und gefährliche Chemieabfälle, die in der Altlast zu tausenden Tonnen liegen, seien nicht mit der Umgebung in direktem Kontakt, schreibt die Autobahn GmbH auf Anfrage.

Bei der auf unserem Foto sichtbaren Folie handelt es sich um die Kunststoffdichtungsbahn, mit der in den Jahren um die Jahrtausendwende herum die bis dahin weitgehend ungesicherte Kippe verschlossen wurde. An der Stelle liegen ausweislich eines Plans des Landesbetriebs Straßenbau NRW Chemie-Abfälle aus den frühen 1960er Jahren. 

Die Autobahn GmbH reagiert auf unsere Anfrage schnell mit einer E-Mail. Die Antwort fällt gegenüber früheren Anfragen ausführlich aus.

Bauarbeiten im Autobahnkreuz Leverkusen-West

Die gleiche Stelle am 11. Januar, am rechten Rand könnte der noch im Bau befindliche Regenwasser-Randkanal der neuen Autobahn zu sehen sein. Den weißen blickdichten Bauzaun hat man als Sichtschutz aufgestellt. In der Baugrube steht Wasser. Der Eingriff in die Altlast fand nicht unter einer Einhausung statt.

Die Autobahn GmbH bestätigt darin, dass das freigelegte Folienstück ein Teil der Abdichtung der Altablagerung sei, so nennt die Behörde den Körper der alten Bayer-Kippe. Für die Herstellung des Rahmenkanals der neuen Autobahn habe man in einem kleinen Bereich in den Körper der Altablagerung eingegriffen, hierfür habe man das Abdichtungssystem geöffnet, das im Bild zu sehen ist. Die Arbeiten seien dieses Jahr im Januar und Februar gemacht worden.

Die Chemieabfälle liegen nicht frei, die Sprecherin schreibt, dass der Körper der Altablagerung in diesem Bereich vollständig abgedeckt und temporär gesichert sei, „die Arbeiten wurden unter Einhaltung sämtlicher Vorgaben des Emissions- und des Arbeitsschutzes durchgeführt und überwacht. Anschließend wurde der Bereich rückverfüllt und die Altablagerung temporär gesichert.“

Die Arbeiten wurden unter Einhaltung sämtlicher Vorgaben des Emissions- und des Arbeitsschutzes durchgeführt und überwacht
Eine Sprecherin der Autobahn GmbH

Ein Foto aus dem Archiv des „Leverkusener Anzeiger“ vom Januar zeigt, dass die Arbeiten lediglich hinter einem Sichtschutz und ohne die sonst bei derartigen Eingriffen übliche Einhausung vorgenommen wurden. In der auf dem Bild sichtbaren Baugrube steht ein See Regenwasser. Dass hier Wasser in die Altlast einsickern konnte, die an der Stelle damals wie jetzt immer noch ohne Schutzfolie war und ist, kann vermutlich nicht ausgeschlossen werden.

Deponiefolie und offenbar nicht vorhandene Deponieabdeckung auf der Autobahnbaustelle neben der neuen  A1  Bild: Ralf Krieger

Deponiefolie und offenbar nicht vorhandene Deponieabdeckung auf der Autobahnbaustelle neben der neuen A1 Bild: Ralf Krieger

Dass das bald wieder in Ordnung gebracht werden soll, schreibt die Sprecherin der Autobahn GmbH: „Zeitnah soll in diesem Bereich die finale Wiederherstellung des Oberflächenabdichtungssystems hergestellt werden.“ Hierfür müsse die Oberkante des Abdichtungssystems freigelegt und aufgemessen werden, um die Höhenlage zu bestimmen. Das freigelegte Stück der Oberflächenabdichtung sei auf dem aktuellen Bild zu erkennen. Das heißt: Die Tiefbauer, die auf dem Bild zu sehen sind, bereiten mit dem Bagger eine ebene Fläche vor, auf die „zeitnah“ Schutzschichten, Asphalt und ein Stück neue Deponiefolie aufgelegt werden soll. Damit die Stelle wieder dicht wird, muss die neue Folie natürlich auch mit der bestehenden Folie verschweißt werden. 

Die Sprecherin schreibt: „Darüber hinaus ist aus Voruntersuchungen bekannt, dass kein Deponiegas auftritt. Somit können Gefahren über den Wirkungspfad Bodenluft/Deponiegas für den Mensch ebenfalls sicher ausgeschlossen werden.“

Die Stadtverwaltung bedankt sich für die Anfrage, ob die offene Altlast bekannt sei. Ein Sprecher schreibt: „Wir haben umgehend über den zuständigen Fachbereich Kontakt zur Autobahn GmbH aufgenommen und um Stellungnahme gebeten.“


Die vorläufige Sicherung der Bayer-Altlast

In einem großen Kraftakt, an dem sich auch der Verursacher Bayer beteiligen musste, bekam die bis dahin ungesicherte Altlast um die Jahrtausendwende quasi einen Deckel, weil Regenwasser durch den Abfall-Körper sickerte und im Grundwasser erhebliche Giftfrachten nachweisbar waren. Man zog um die Altlast und um die aktive Deponie eine 3,6 Kilometer lange und bis zu 38 Meter tiefen Grundwasserbarriere mit einer Brunnengalerie, über die auf einer Seite nachströmendes und auf der anderen Seite schmutziges Grundwasser abgepumpt wird. Die Pumpen dürfen nie abgestellt werden, sie müssen ewig laufen.

Wo er nicht beschädigt wurde, besteht der Deckel aus vielen Schichten, wie Fliese, Drainage-, Erd- und Schutzschichten, zum Teil liegt im Untergrund eine Asphaltschicht und eine komprimierte Mineralschicht. Unter der Abdichtung war ein weitverzweigtes Netz zum Absaugen der Gase eingebaut, das soll beim Autobahnausbau Schaden genommen haben. Bis 2014 war die Abdichtung unberührt. Dann hat man wegen des Autobahnausbaus wiederholt in die Altlast gebohrt oder in giftigen Schichten gegraben. Bei größeren Eingriffen sollte das immer unter einer Einhausung geschehen, unter einem Zelt, in dem Unterdruck erzeugt wurde, damit nichts nach außen dringen konnte. (rar)