Die Tafel der Dinge beschäftigt ehemals Langzeitarbeitslose. Doch ihr könnten finanzielle Kürzungen drohen.
LangzeitarbeitslosigkeitWas der Leverkusener „Tafel der Dinge“ durch Kürzungen drohen würde

Mitarbeitende der Tafel der Dinge in der Annahmestelle für Spenden
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„Wir haben 30 Paar neue Schuhe bekommen“, ruft Michael Frimmersdorf seinen Mitarbeitenden zu. Die stehen an einem großen Tisch und packen Umzugskartons mit Spenden aus, von Klamotten bis hin zu Kulturbeuteln ist alles dabei. Hier, in der Annahmestelle des kommunalen Hilfezentrums „Tafel der Dinge“, werden gespendete Gebraucht- und Neuwaren sortiert und in Kisten verpackt.
An der Wand stapeln sich bereits einige Behälter mit Brillen, Spielzeug und Hygieneartikeln für Frauen. Das von der Stadt finanzierte Projekt der Job-Service-Beschäftigungsförderung Leverkusen (JSL) unterstützt nicht nur Bedürftige, sondern auch ehemals Langzeitarbeitslose, die die Tafel der Dinge beschäftigt und an andere Arbeitgeber weiter vermittelt. Doch diese Hilfe könnte von potenziellen Kürzungen bedroht sein, mit denen die Stadt ihr großes Finanzloch stopfen will.
Zumindest im letzten Haushaltsentwurf hoffte die Stadt durch Kürzungen bei der JSL auf 9,6 Millionen Euro Ersparnis in den kommenden zehn Jahren. Eher unwahrscheinlich ist, dass sich dieses Ziel auch im neuen Haushaltsentwurf, der im Oktober beschlossen wird, finden wird. Denn die großen Fraktionen hatten sich schon gegen diesen Vorschlag ausgesprochen. Allerdings steht weiterhin der Beschluss, in den kommenden fünf Jahren gestaffelt 15 Prozent in jedem Dezernat zu sparen.
Weniger Qualifizierungsplätze durch Kürzungen
Die JSL hatte die vorgeschlagenen Kürzungen in einer Stellungnahme kritisiert. Darin heißt es, die potenziellen Einsparungen beschädigten die Projekte der JSL, zu denen die Tafel der Dinge gehört, „nachhaltig“ und beendeten sie „mittelfristig“. Genauer will sich JSL-Geschäftsführer Thomas Schorn dazu noch nicht äußern. Er sagt aber: „Wir könnten weniger Arbeitssuchende beschäftigen und für den Arbeitsmarkt qualifizieren. Dadurch würden mehr Menschen in der Langzeitarbeitslosigkeit verbleiben“.
Ziel der Tafel der Dinge ist es, die Beschäftigten auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Allein in diesem Jahr hat die Einrichtung eigenen Angaben zufolge insgesamt 134 Arbeitssuchenden Jobs vermittelt, vorrangig im Servicebereich und in der Logistik. Im Moment arbeiten laut Leiterin Pia Wimmershoff zehn Angestellte in Vollzeit und weitere in Teilzeit bei der Tafel der Dinge. Doch auch in anderen Projekten beschäftigt die JSL ehemals Langzeitarbeitslose, etwa beim Sammeln von Wildmüll und bei der Pflege der Leverkusener Radwege. Beide Projekte wären ebenso von den Kürzungen betroffen, heißt es im Statement der JSL.
Ein großer gesellschaftlicher Mehrwert
„Wenn eine Stadt Langzeitarbeitslosigkeit nicht angeht, wird dieses Problem immer größer“, warnt Geschäftsführer Schorn. Kürzungen bei der JSL sind in seinen Augen auch wirtschaftlich unklug: Gespart werde nicht durch weniger Geld für die JSL, sondern umgekehrt durch das Ermöglichen ihrer Projekte, weil diese Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integrierten und so städtische Ausgaben für Sozialleistungen reduzierten. „Außerdem erbringen die Beschäftigten bei der JSL durch ihre Arbeit einen Mehrwert“, sagt Schorn – und meint sowohl einen Gewinn für die Wirtschaft als auch für die Gesellschaft.
Die Spenden der Tafel der Dinge kommen zum Beispiel bedürftigen Kindern aus Stadtteilen mit finanziell schwächeren Familien zugute. Das Team sucht etwa für Einschulungen Schnellhefter, Spiele und andere nützliche Dinge zusammen. „Einmal haben wir mitbekommen, dass ein Kind keine Schultüte hatte“, erinnert sich Wimmershoff. „Die haben wir ihm dann gebracht.“
Aktuell hat die Tafel der Dinge zwei Ausgabestellen für die sortierten Spenden: eine an der Josefstraße, die einmal die Woche geöffnet hat, und die Hauptausgabestelle an der Gerichtsstraße, zu der Bedürftige jeden Tag kommen können. Hier herrscht reges Treiben. Noch nicht einmal zwei Stunden nach Öffnung hat das Team schon 36 Menschen gezählt, die sich vor allem Klamotten abgeholt haben. „Im Schnitt kommen pro Tag 90 Bedürftige“, sagt Pia Wimmershoff. Die Nachfrage scheint also groß zu sein – aber ob sie bald noch so gut bedient werden kann, bleibt bis zur Vorstellung des nächsten Haushaltsentwurfs im Oktober ungewiss.