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Unterstützer gesuchtMorsbacherin hat plötzlich eine Großfamilie in Amerika – Reise geplant

Lesezeit 5 Minuten
Familie Kowalski aus Morsbach möchte in die USA reisen und dort die bislang unbekannte Familie kennenlernen. Die Kowalskis, das sind: Mutter Nathaly und Vater Dave mit den Kindern Faye (von links), Yuuki, Leif und Cory (hinten).

Familie Kowalski aus Morsbach möchte in die USA reisen und dort die bislang unbekannte Familie kennenlernen. Die Kowalskis, das sind: Mutter Nathaly und Vater Dave mit den Kindern Faye (von links), Yuuki, Leif und Cory (hinten).

Die Zeit drängt: Die Großeltern von Nathaly Koslowski sind schwerstkrank. Die 32-Jährige würde mit ihrer Familie am liebsten sofort aufbrechen.

Nathaly Kowalski kann ihre Gefühle kaum beschreiben, zu aufgewühlt ist sie. Denn noch immer ist da dieser Moment ganz fest in ihren Gedanken – jener Moment, als sie erfährt, dass sie eine große Familie hat – in den USA. Unzählige Cousinen und Cousins, Tanten und Onkel, Oma und Opa. Zwei Wochen ist es nun her, dass die heute 32 Jahre alte Morsbacherin diese Nachricht bekommen hat – und das nur, weil sich in den USA Halbschwester Emily am Mittagstisch verplaudert hat. „Bis dahin hat mein leiblicher Vater geheimgehalten, dass er auch in Deutschland eine Tochter hat“, schildert Nathaly Kowalski. „Warum er kein Wort über mich verloren hat, das weiß ich immer noch nicht.“

Jetzt möchte die freiberuflich tätige Geburtshelferin ihre Verwandten in den Vereinigten Staaten kennenlernen. Und das so schnell wie möglich. Denn die Zeit drängt unerbittlich: Großvater John (82) ist herzkrank und körperlich stark eingeschränkt, Großmutter Conni (etwa 83) leidet an Krebs, befallen sind die Bauchspeicheldrüse und die Nieren. „Sie wird von meiner Tante Laura gepflegt, transportfähig ist sie nicht“, weiß Nathaly Kowalski.

Großvater John plant eine letzte Reise, die auch nach Europa führen soll. Gerade versucht er, auch zwei Tage in Morsbach möglich zu machen.

Großvater John plant eine letzte Reise, die auch nach Europa führen soll. Gerade versucht er, auch zwei Tage in Morsbach möglich zu machen.

Die Großeltern, seit vielen Jahren getrennt, leben in Nevada City, Kalifornien, und Phoenix, Arizona. Und dorthin möchte Nathaly Kowalski mit Ehemann Dave (32) und den vier Kindern Leif (9), Faye (5), Yuuki (3) und Cory (1) in den kommenden Sommerferien aufbrechen. „Am liebsten würden wir die vollen sechs Wochen in Amerika verbringen.“

Weil der Morsbacher Familie aber das Geld dafür fehlt, hat Mutter Nathaly auf der Online-Plattform „Go Fund Me“, eigenen Angaben zufolge das weltweit größte soziale Crowdfunding-Forum, eine Spendenkampagne gestartet. Sie hofft, dass ihr Schicksal auch viele der mehr als 190 Millionen Menschen berührt, die laut „Go Fund Me“ derzeit dieser Community angehören. „32 Jahre lang habe ich geglaubt, ich sei unerwünscht – und allein auf der Welt“, sagt Nathaly Kowalski. „Immer waren da dieser Riesen-Wunsch nach vielen Geschwistern, der sich nicht erfüllen konnte, und der Wunsch, später selbst eine große Familie zu haben.“ Doch wächst sie in Bonn als Einzelkind auf, als leibliches Kind von Mutter Wendy und als Adoptivkind von Vater Bernd (beide 62).

Für die Neu-Morsbacherin ist der leibliche Vater in Kindertagen nur ein „Freund der Familie“

Den leiblichen Vater (59) beschreibt Nathaly Kowalski in der Zeit ihrer Kindheit als „Freund der Familie“. Er ist Amerikaner, arbeitet in der früheren Bundeshauptstadt für die US-Streitkräfte, lebt heute in einem Bundesstaat an der Ostküste und befindet sich gerade in einem Einsatz – seine weiteren Personalien sollen daher vertraulich bleiben.

Großmutter Conni leidet ist an Krebs erkrankt und kann nicht reisen. Auch sie hat bisher nichts von ihrer Enkeltochter in Morsbach gewusst.

Großmutter Conni leidet ist an Krebs erkrankt und kann nicht reisen. Auch sie hat bisher nichts von ihrer Enkeltochter in Morsbach gewusst.

„Mit 18 habe ich meinen Vater zum ersten Mal getroffen – in New York“, verrät die Neu-Morsbacherin, die mit der Familie vor nicht mal einem Jahr in die Mitte der „Republik“ gezogen ist, weil Sohn Leif in Oberbergs Süden eine freie Grundschule besucht. „Nicht nur aus mir hat mein Vater ein Geheimnis gemacht, sondern auch aus seiner Familie in den Staaten – warum, das weiß ich nicht.“

Nathaly Kowalski ist elf, zwölf Jahre alt, als sie beginnt, Fragen zu stellen: Sie will wissen, warum jener Freund der Familie nicht mehr da ist, mit dem sie sich so gut verstanden hat. Sie stellt Nachforschungen an, bezahlt in Berlin sogar eine Organisation für Informationen. „Da wollte meine Mutter nicht länger schweigen und hat mir erzählt, wer mein wirklicher Vater ist.“ Groll gegen die Eltern habe sie nie verspürt, beteuert die 32-Jährige. „Ganz im Gegenteil, ich wurde sehr geliebt und hatte eine wunderbare Kindheit in Bonn.“ Jedoch spricht sie auch von vielen Krisen in späterer Zeit und von einer zermürbenden, scheinbar endlosen Suche nach der eigenen Identität.

In Morsbach findet Nathaly Kowalski Großvater John plötzlich bei Facebook

Als sie den Vater endlich aufgespürt hat, entwickelt sich ein nur sporadischer Kontakt, bis Nathaly Kowalski in Kontakt kommt mit dessen Schwester Laura in den USA. „Fotos hat mir mein Vater nie gezeigt. Aber Laura schickt ein Bild nach dem anderen, das ist unglaublich schön.“ Vor etwa zwei Jahren erfährt dann auch Halbschwester Emily zufällig, dass sie in Deutschland eine Verwandte hat. Und beim Mittagsmahl gibt sie dieses bis dahin so gut gehütete Geheimnis preis und erklärt, sie wolle diese unbedingt kennenlernen.

Als Opa John das hört, beginnt er zu suchen – ohne Erfolg. Er kennt nur den Vornamen der Enkelin, nicht aber deren Familiennamen nach der Hochzeit mit Dave, einem Historiker. In Morsbach aber sitzt Nathaly Kowalski ebenfalls am Computer und stößt bei Facebook endlich auf Opa John: „Alles passte, ich schrieb ihm – und bekam sofort eine Antwort.“ John wiederum gibt ihre Handynummer an Oma Conni weiter, sie schreibt der bis dahin unbekannten Enkelin ebenso prompt per Whats-App. „Im Juli vergangenen Jahres kam dann plötzlich die erste Krebsdiagnose.“

Wie es der Zufall will, hat John da schon eine Europa-Reise, die letzte Reise seines Lebens, geplant, weil er Verwandtschaft hat in Großbritannien. „Wenn alles gutgeht, kommt er im Juni für zwei Tage auch nach Deutschland – er versucht gerade, die Rückreise umzubuchen“, berichtet Nathaly Kowalski. „Doch ob seine Gesundheit eine solche Tour dann überhaupt noch zulässt, das steht in den Sternen.“

Daher ruhe ihre ganze Hoffnung auf der geplanten Reise in die Vereinigten Staaten – dort wollen sich die sechs Morsbacher an zentralen Orten mit der Verwandtschaft treffen und dann zudem diejenigen besuchen, die aus den verschiedensten Gründen nicht mobil sind. Ob sie erneut ihren Vater treffen werde, das sei offen, sagt Nathaly Kowalski. „Es wäre mir wirklich sehr wichtig, aber meistens ist er beruflich irgendwo auf der Welt unterwegs und nicht anzutreffen.“

Wer Nathaly Kowalski und ihrer Familie helfen möchte, der findet hier die Spendenkampagne:

www.gofundme.com/f/33-jahre-verloren-eine-reise-zuruck-zu-meiner-familie