Das Kopfsteinpflaster in Alt-Kaster stellt Gehbehinderte mit Rollatoren oder Rollstühlen vor Herausforderungen. Abhilfe ist nicht in Sicht.
KopfsteinpflasterGehbehinderte wünschen sich eigene Spur durch Alt-Kaster

Sie kommen mit dem Kopfsteinpflaster in Alt-Kaster nur schwer zurecht: Andreas Becker im E-Mobil sowie Heinz und Wilma Bodewein.
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Alt-Kaster gilt als Perle an der Erft. Eine mittelalterliche Stadtmauer, alte Häuser, Reste einer Burg, wenig Autoverkehr und ein grobes Kopfsteinpflaster – Besucher fühlen sich in der Zeit zurückversetzt. Menschen, die in der Beweglichkeit eingeschränkt sind, sehen sich bei einem Abstecher in den historischen Ortskern allerdings vor eine Herausforderung gestellt. Das Pflaster ist für Menschen mit Rollator, Rollstuhl oder Elektromobilen eine Buckelpiste.
Heinz Bodewein aus Königshoven etwa besucht grundsätzlich gern mit seiner Frau Wilma die Kirche oder ein Restaurant in Alt-Kaster. Doch seine 77-jährige Frau muss der Rentner im Rollstuhl durch den Ort schieben. „Das geht auf dem Kopfsteinpflaster nur schwer“, sagt der 77-Jährige. Die kleinen Vorderräder würden immer wieder verkanten. „Ich kippe den Rollstuhl dann auf die Hinterräder, aber ich kann meine Frau so nicht durch den ganzen Ort schieben.“
Bedburg: Anliegen stößt auf Widerstände beim Denkmalschutz
Über ähnliche Probleme klagt Andreas Becker, scheidender CDU-Ratsherr, noch bis 2024 Bewohner von Alt-Kaster und oft mit einem E-Mobil unterwegs. „Das Pflaster stellt eine Unfallgefahr für ältere Leute dar, und das Geruckel macht mit Rollator oder anderen Hilfen nun wirklich keinen Spaß“, sagt Becker. Das Ehepaar Bodewein und Becker wünschen sich zumindest eine Gasse im Kopfsteinpflaster, die eben sei. „In Zeiten von Inklusion sollte eine Stadt Vorbild sein“, sagt Becker. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“
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Doch das Anliegen, die Hauptstraße in Alt-Kaster umzugestalten, stößt auf Widerstände. „Alt-Kaster ist nicht nur geschützter Denkmalbereich, sondern auch eingetragenes Bodendenkmal“, teilt die Stadt Bedburg auf Anfrage mit. Der schützenswerte Charakter des Stadtteils ziele darauf ab, die mittelalterliche Struktur und das Gesamtbild zu erhalten. „Der Bodenbelag, insbesondere auf Straßen, Wegen und Plätzen, trägt wesentlich zum historischen Charakter des Ortsbildes bei. Ein moderner, kontrastierender Bodenbelag könnte das Gesamtbild stören und das historische Stadtpanorama verfälschen.“
Selbst wenn nicht alle Pflastersteine historisch seien, so müssen sich bei einer notwendigen Erneuerung Material, Farbgebung, Struktur und Oberflächenbeschaffenheit in die geschützte Umgebung einfügen. Tatsächlich wurde das Pflaster in der heutigen Form erst Ende der 1980er-Jahre verlegt – nach dem Vorbild des Pflasters, das vorher dort lag. Fotos etwa aus den 1950er-Jahren zeigen ein Kopfsteinpflaster.
Dass der Arbeitskreis Altstadt Kaster, ein Verein zur Erhaltung, Wiederherstellung und Pflege der historischen Stadtanlage, keine Änderung am Pflaster will, ist ein offenes Geheimnis. Dessen Vorsitzende Daniela Freudemann-König begegnet dem Anliegen mit knappen Worten: „Unsere Wertschätzung gilt dem historischen Erbe, in dem wir mit allen Vor- und Nachteilen gerne leben.“
Für die kreisweit tätige Selbsthilfegruppe Handicap (SHG) ist die ablehnende Haltung ein Ärgernis. „Menschenrecht geht über Denkmalschutz“, sagt Stefanos Dulgerakis von der SHG. Ohne Kompromissbereitschaft sei keine Lösung möglich, die auch Menschen mit Handicap im Blick habe. „Früher war es wegen des Denkmalschutzes auch undenkbar, dass es einen Aufzug im Kölner Dom oder im Bedburger Schloss gibt“, sagt Dulgerakis. Heute hätten beide Gebäude einen Lift.

