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Riecht es gut, komm‘ ich wiederWie ein Kölner Unternehmer mit Duftmarketing Millionen verdient

6 min
Eine Frau riecht intensiv an einer Flasche, die auf einem Podest im Museum Kunstpalast ausgestellt ist.

Am 29. Oktober 2025 eröffnet die Ausstellung „Die geheime Macht der Düfte“ im Düsseldorfer Kunstpalast, kuratiert von Robert Müller-Grünow.

Mit seinem Unternehmen Scentcommunication entwickelt Robert Müller-Grünow nicht nur Duftkonzepte für große Konzerne wie Eurowings, sondern beduftet auch namhafte Museen weltweit.

Robert Müller-Grünow hat schon viele Ausstellungen beduftet. Sehr viele sogar: in Museen und Galerien, an renommierten Adressen weltweit. Etwa im MoMA in New York, der Serpentine Gallery in London, Luma in Arles, Punta della Dogana in Venedig, wo die Pinault-Collection beheimatet ist. In dem Fall hat der Unternehmer es mit zeitgenössischen Künstlern wie Pierre Huyghe, Rosemarie Trockel oder Tania Bruguera zu tun und steigert das visuelle Erlebnis, indem er mit seiner 25-jährigen Duftexpertise Krankenhausduft nachbaut oder Gestank erzeugt, der an menschliche Ausscheidungen erinnert.

Bei der Ausstellung „Die geheime Macht der Düfte“, die am Mittwoch, 29. Oktober, im Düsseldorfer Kunstpalast eröffnet, wird es allerdings anders sein: Der Kölner Duft-Unternehmer Müller-Grünow kuratiert eine sinnliche Reise durch knapp tausend Jahre Kunst- und Kulturgeschichte. Anhand von 30 Duftstationen rückt er die Exponate der Sammlung für die Besucher in ihren olfaktorischen Kontext.

Aber die Kunst ist nur eine Sparte seines weltweit agierenden Kölner Unternehmens. Den größten Gewinn macht seine Firma Scentcommunication mit Duftmarketing für Big-Player wie Telekom, Eurowings, Commerzbank, Deutsche Bahn, verschiedene Thermen, 25hours Hotels, Dorint Hommage Hotels und weitere rund 100 Luxushotels. Und das seit mehr als 20 Jahren, mit gerade mal acht Mitarbeitern.

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Jahresumsatz im niedrigen einstelligen Millionenbereich

Das Unternehmen ist weltweit tätig und erzielt einen Jahresumsatz im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Genauere Zahlen will Müller-Grünow nicht kommunizieren, auch aktuelle Aufträge eines großen deutschen Automobilherstellers oder einer bedeutenden Airline sind derzeit wegen entsprechender Vertragsklauseln noch unter Verschluss.

Scentcommunication ist aus der 1997 gegründeten Firma Aerome seiner beiden Freunde Marc und Mike Meiré hervorgegangen. Müller-Grünow stieg noch als BWL-Student ein, seit 2003 ist er alleiniger Besitzer und führte die Entwicklung hochwertiger Düfte und hochkomplexer Technologien fort, die Unternehmen als Marketinginstrument für die emotionale Bindung ihrer Kunden einsetzen. Es handelt sich also nicht um Duft für den Endverbraucher in der Parfümerie, sondern um Konzepte, „die intuitiv das Wohlbefinden der Menschen steuern, um eine positive Bewertung der Marke zu erreichen“, erklärt Müller-Grünow. „Ganz logisch: Riecht es gut, komm‘ ich wieder“, heißt sein Erfolgsrezept.

Düfte per Knopfdruck

„Mit unseren Technologien können wir Düfte per Knopfdruck oder Sensor erscheinen, aber auch wieder verschwinden lassen.“ Das ist der Unterschied zu den herkömmlichen Raumduftherstellern, die über Dampf oder Hitze Duft in den Raum bringen, und teilweise im Gehirn das Gefühl auslösen, als liefe man gegen eine Betonwand beim Betreten eines Geschäfts. „Hitze ist immer schlecht für Düfte“, weiß der 57-Jährige.

Mit dem akzentuierten Einsatz von hochwertigen Düften als positive Manipulation der Sinne hingegen hat sich Scentcommunication in einer Nische etabliert, die deutschlandweit quasi konkurrenzlos ist. „Ich wüsste nicht, wen es da vergleichbar noch gebe.“ Mit dem Hauptmitbewerber Scentair in den USA, „teilen wir uns das Business auf diesem Niveau sozusagen auf. Wir sind tatsächlich sehr spezialisiert“, sagt Müller-Grünow selbstbewusst.

Portrait von Robert Müller-Grünow

Robert Müller-Grünow arbeitet seit über 25 Jahren in der Duftbranche. Sein Unternehmen Scentcommunication hat sich in einer nahezu konkurrenzlosen Nische etabliert.

Die Basis für diese Erfolgsgeschichte liegt unter anderem in der Erforschung des menschlichen Riechens von Professor Hanns Hatt. Er war als Biologe, Zellphysiologe und Mediziner an der Ruhr-Universität Bochum tätig. Jahrzehnte untersuchte er die Wirkung von Gerüchen auf Menschen, Tiere, Lebewesen bis hin zu menschlichen Spermien. Seinen Ergebnissen zufolge spiele der Duft bei jeder Entscheidung der Menschen eine wichtige Rolle.

Hatts Erklärung, auf die der Kölner Unternehmer baute: „Der Riechnerv endet im limbischen System, jenem Areal im Gehirn, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Wann immer wir einen bestimmten Duft wahrnehmen, bringt das Gedächtnis uns den Moment zurück, an dem wir ihn das erste Mal erlebt haben, aber auch die damit verbundenen Emotionen, gute wie schlechte.“ In Müller-Grünows Umsetzung heißt das: „Düfte schaffen Identität und Vertrauen. Sie wirken nachhaltiger als jedes andere Medium.“

Scentcommunication kreiert Düfte für Unternehmen wie Eurowings und die Hotelkette Dorint

Ortstermin in Köln: Scentcommunication sitzt nach seinem Umzug aus dem Mülheimer Hafen in Junkersdorf, umgeben von Vorstadtgewerbe und Autobahnzubringer. Schon auf dem Parkplatz des zweistöckigen Fabrikgebäudes dringen frische, angenehm leichte Noten in die Nase, wie eine Meeresbrise in der sonst erdig-feuchten Oktoberluft. Nach dem Klingeln öffnet der Chef die schwere Eisentür persönlich und führt gut gelaunt in die höhere Etage oberhalb der Produktion und des Lagers, wo die aktuellen Düfte, kostbare Rohstoffe in Fässern, und mehrere tausend Mischungen im Archiv lagern. „Mir fällt kaum eine Branche ein, für die ich noch nicht gearbeitet habe“, sagt der Kölner. Er selbst ist eigentlich kein Parfümeur, sondern Kaufmann. Nach jahrzehntelanger Expertise und dank feiner Nase ist er inzwischen aber durchaus selbst in der Lage, zu mischen, auch wenn er häufig externe Parfümeure beauftragt – am liebsten seinen Lieblingsparfümeur Geza Schön in Berlin.

Auf dem langen Konferenztisch im Büro-Loft stehen seine jüngsten Produkte. „Burgundy Breeze“, nach dem seit Juli dieses Jahres alle Eurowings-Maschinen duften, und „Hommage“ für die gleichnamige Fünf-Sterne-Luxussparte der Dorint-Hotelgruppe. Der Eurowings-Duft hat zugleich eine florale Frische und eine pudrige Tiefe. Der Duft soll den stressigsten Moment des Fliegens, das Boarding, mildern. Was gelungen zu sein scheint. Den Umfragen nach kommt er bei Kabinenpersonal wie Fluggästen sehr gut an. „Er trägt nachweislich zur Entspannung bei.“

Nebenbei bleibt der Duft natürlich in Erinnerung, und die Reisenden wissen, dass sie nicht in irgendeinem Flugzeug sitzen, sondern in einer Eurowings-Maschine, so die Marketingstrategie. Das alles lässt sich mit gutem Duft beeinflussen. Genauso weiß Müller-Grünow dank jahrelanger Forschung, dass problematische Bahnhöfe mit angenehmem Duft weniger problematisch werden, und öffentliche Aufzüge weniger zu Müllhalden mutieren, wenn es darin gut riecht.

Preislich startet die Duftentwicklung bei 8000 Euro – kaum Grenzen nach oben

Rund sechs bis acht Monate dauert eine Duftentwicklung. In der Regel wird mit den Firmen zwei- bis dreimal nachjustiert. Bei rund 8000 Euro geht es los, nach oben gebe es kaum Grenzen. Je mehr Hölzer, Harze, Weihrauch, Myrre, Blumen wie Jasmin, Iris, Tuberose in der Mischung sind, um so teurer die Produkte. „Das Briefing umzusetzen ist die schwierigste Aufgabe“, sagt er. „Manchmal stehen nur Wörter wie Leidenschaft, Frische, Wohlfühlen auf dem Papier.“ Wenn er einen externen Parfümeur dazu holt, arbeiten sie zusammen am Konzept, übersetzen abstrakte Wörter in Noten wie Lavendel, Tee, Sandelholz.

Ein Duft soll Firma, Image und das Publikum widerspiegeln. „Dafür analysieren wir die Marke und den kulturellen Kontext. Je internationaler das Produkt, desto komplizierter wird es allerdings auch.“ Wenn etwa ein chinesischer Automobilhersteller seine bedufteten Fahrzeuge auch für die Märkte in Europa, Naher Osten und in den USA vorsieht, wird der Auftrag zur Herausforderung. „Denn in China werden blumig-transparente Düfte als schön und luxuriös empfunden, in Abu Dhabi hingegen brauche ich mit Luftig-Frischem gar nicht erst anzukommen. Da braucht es schwere, süße, holzige Noten, die natürliche Duftumgebung des Orients.“

Robert Müller-Grünow gehört zu den glücklichen Menschen, die ihren Job auch nach Jahrzehnten noch lieben. Und gerade das Gegensätzliche erzeugt für ihn die nötige Spannung: Ausstellungen zeitgenössischer Künstler mit passendem Geruch auszustatten – und teure Blumen für DAX-Konzerne zusammenzumischen. „Der Kontrast macht meine Arbeit interessant“, sagt der Kunstliebhaber, der sich schon als Student Geld lieh, um die ersten Arbeiten von Wolfgang Tilmanns kaufen zu können. Aber der Kontrast liegt eben auch in der Natur der Sache: Jedes gute, wertvolle und ausbalancierte Parfum hat im Gerüst nun mal krasse animalische Komponenten, wie etwa Zibet. Zu deutsch: „Riecht wie Katzenpisse“, sagt der Experte und lacht.


Die Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast (29. Oktober 2025 bis 8. März 2026) hat Robert Müller-Grünow gemeinsam mit dem Generaldirektor und künstlerischen Leiter des Hauses, Felix Krämer, entwickelt. Als Ausstellungskatalog erscheint Müller-Grünows Buch „Die geheime Macht der Düfte“ neu aufgelegt. Weitere Infos unter www.kunstpalast.de