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Henns GeschmackssacheWarum es zu Mittag bei Grubers besonders lohnt

4 min
Franz Gruber in seinem Restaurant im Agnesviertel

Franz Gruber in seinem Restaurant im Agnesviertel. Die Küche hier ist bei weitem nicht nur traditionell, sondern modern und innovativ.

„Grubers Restaurant“ im Agnesviertel ist eine Institution, die modern-österreichische Küche stets verlässlich. Ein Besuch zur Mittagszeit gefiel unserem Kritiker aber nochmal besonders.

Wie schön ist das bitte, in einem guten Kölner Restaurant mittags essen zu können? Und auch noch eine große Auswahl im Menü zu finden? Als erklärter Mittagsesser ist das für mich der Himmel. Früher gab es in meiner Familie stets mittags „warm“ und abends eben das Abendbrot. Über viele Jahre hinweg verschwand bei Kölns ambitionierten Restaurants nach und nach allerdings das Mittagsangebot – aber der Trend ist erfreulich rückläufig.

Das Grubers steht seit vielen Jahren für einen Spagat zwischen traditioneller, österreichischer Küche auf der einen, und Casual Fine Dining auf der anderen Seite. Aufgrund des charmant alpenländischen Interieurs – allerdings mit Bildern von Friedensreich Hundertwasser an den Wänden - fällt manchmal nicht auf, wie modern und innovativ einzelne Speisen aus der Küche von Denis Steindorfer tatsächlich sind.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Abends muss man – was ich trotz Verständnis für wirtschaftliche Zwänge diskutabel finde – mindestens drei Gänge bestellen, mittags geht auch weniger. Wer also mal ins Grubers reinschnuppern will, ist hier dann genau richtig. Für alle, die ausgiebiger tafeln möchten, werden drei Menüs mit bis zu vier Gängen angeboten (zu niedrigeren Preisen als abends, allerdings ist die Auswahl dann sogar noch größer). Dazu gibt es noch einige Hausklassiker à la carte.

Weinschrank im Grubers

Die Weinkarte im Grubers bietet tolle Weine aus Österreich.

Man kann ein Essen hier mit einem Glas Champagner beginnen, aber bei den wunderbaren österreichischen Pricklern wäre das schon fast „narrisch“. Von Steininger gibt es einen herrlich komplexen 2019er Riesling Sekt Brut (12 Euro / 0,1 l) und von Jurtschitsch einen süffig-rotfruchtigen Rosé Brut (10 Euro / 0,1 l). Beides preislich deutlich unter dem Champagner, bei dem man halt immer auch für den klingenden Namen bezahlt.

Die von Sommelier Nico Veale kurierte Weinkarte hat viel Bemerkenswertes aus Österreich zu bieten, und – wichtig für das Mittagsangebot – neben etlichen Tropfen glasweise auch einige halbe Flaschen. Im nicht-alkoholischen Bereich ist ebenfalls einiges Spannendes vorhanden.

Vegetarisches Menü startet fruchtig

Aber jetzt zum Essen! Zweierlei Brot, dazu hausgemachtes Knäckebrot sowie Frischkäse mit Paprika kommen auf dem Tisch. Ein einfacher Blattsalat mit Frings Tomaten und Balsamico zeigt, wie sorgsam hier auch bei vermeintlich simplen Gerichten gearbeitet wird. Die Tafelspitzbouillon mit Frittaten und Wurzelgemüse ist routiniert, könnte aber durchaus noch mehr Tiefe vertragen. Das vegetarische Menü startet angenehm fruchtig-frisch und kombiniert cremige Ziegenkäse Crème brûlée mit Lavendel, Feige und Pekannuss.

Tellergericht mit einem dicken weißen Fischfielt auf Linsen, mit Salat und Sprossen dekoriert.

Großartige Hauptgang: Kabeljau auf einem würzigen Cassoulet mit Chorizo

Weiter geht es mit einer gerösteten Paprikasuppe, die mit Pinienkernen und Basilikum gepimpt wird. Steindorfer begeht nicht den Fehler, die Röstaromen in den Vordergrund zu schieben, sondern bietet der Paprika eine Bühne. Das Schmankerl-Lunch – trotz des bodenständigen Namens ist dies das kreativ-ambitionierte – legt ebenfalls fruchtig los und bringt geschmorte Rote Beete, Walnuss, Rucola und Grapefruit zusammen. Ein charmantes Spiel von Erdigkeit, Säure und feinen Bitternoten. Eine Consommé von Edelfischen mit Crêpes-Roulade und Rouille bietet dann französische Klassik, wobei auch hier ein wenig mehr Intensität möglich gewesen wäre. Der großartige Hauptgang des Menüs hat davon definitiv genug: glasig gebratener Kabeljau auf einem würzigen Cassoulet mit Chorizo. Auch hier zeigt sich, dass Steindorfer seine alpenländische Küche immer mal wieder für andere kulinarische Akzente öffnet.

Wiener Schnitzel vom Kalb? Hier eine Bank

Eine Bank ist das großartig soufflierte Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken, zu dem lauwarmer Erdäpfel-Gurkensalat gereicht wird. Wie aus dem Lehrbuch! Und auch das Hauptgericht des vegetarischen Menüs ist ein Treffer: außen knusprige und innen fluffige Eierschwammerlpralinen, dazu Blattsalat, Preiselbeeren und Kartoffeln. Bei allen Hauptspeisen gilt: große Portionen.

Dessert muss bei einem alpenländischen Restaurant natürlich sein, und bedeutet stets, dass die Bremsen bei der Süße abmontiert sind. Der schön dünne und crunchy gefüllte Nusspalatschinken mit Tonkabohne und Nougat bringt die Kalorien einer ganzen Woche mit sich, und auch das Muscovado Tiramisu mit Waldbeeren ist etwas für alle, die einen richtig süßen Zahn haben. Bei den Desserts gilt im Grubers: je klassischer, desto besser.

Tellergericht mit panierten Pilzklößen, Blattsalat und angebratenen Kartoffeln

Gelungener vegetarischer Hauptgang: Eierschwammerlpralinen mit Blattsalat, Preiselbeeren und Kartoffeln

Einen großen Vorteil des Mittagessens hier habe ich noch gar nicht erwähnt. Der charmante und ewig junge Franz Gruber ist nur dann in seinem Restaurant anzutreffen. Also, pack mas! Gemma zum Franz!

Fazit: Ob traditionell oder kreativ: Das Grubers bietet mittags für jeden etwas. Tolle Auswahl und richtig gutes Küchen-Handwerk.

Bewertung: 5 von 6

Grubers Restaurant, Clever Str. 32, 50668 Köln, Tel. 0221-7202670, geöffnet Mo–Fr: 12-15 (Küche 12-14) & Mo-Sa 18-23 (Küche 18-21)www.grubersrestaurant.de

Eingedeckter Gastraum im Grubers zu Mittag

Eingedeckter Gastraum im Grubers zu Mittag

Henns Auswahl

Schmankerl-Lunch: 3-Gang-Menü 57 Euro/ 4-Gang-Menü 67 Euro

Traditions-Lunch: 3-Gang-Menü 48 Euro/ 4-Gang-Menü 53 Euro

Grüner-Alpen-Lunch: 3-Gang-Menü 44 Euro/ 4-Gang-Menü 49 Euro