Um bei einem Amoklauf möglichst schnell Alarm schlagen zu können, haben zwei Lehrer eine App entwickelt. Auch eine Kölner Schule testet sie.
SicherheitsdebatteKölner Schule testet App für Warnung bei Amoklage

Die „Amsos-App“ kann unter anderem dabei helfen, Lehrkräfte schnell über einen Amoktäter im Schulgebäude zu informieren, damit diese rechtzeitig die Klassentür verriegeln. (Symbolbild)
Copyright: Marijan Murat/dpa
Nach dem Amoklauf am Grazer Bundesoberstufenrealgymnasium stellt sich nicht nur in Österreich, sondern auch hierzulande die Frage nach den Sicherheitsvorkehrungen an Schulen. Nützlich könnte die „Amsos-App“ sein, die zwei Lehrer aus Düsseldorf programmiert haben.
„Ganz ehrlich, der Amoklauf-Notfallplan ist bei den meisten Schulen in Deutschland nicht praktikabel“, befindet Ali Badre Eddine. Er ist Lehrer am Düsseldorfer Leo-Statz-Berufskolleg und hat gemeinsam mit seinem Kollegen Khalid Ebanhesaten eine App entwickelt, durch die Lehrkräfte in Sekundenschnelle auf Gefahren hinweisen können.
Keine verpflichtenden Amokübungen
Damit sich potenzielle Amoktäter nicht gezielt vorbereiten können, sind die vorgesehenen Schutzmaßnahmen und Handlungsempfehlungen, die das NRW-Schulministerium in einem Notfallordner bereitstellt, nicht öffentlich einsehbar. Geregelt ist aber zum Beispiel, wem im Krisenfall welche Aufgaben zufallen. Laut Bezirksregierung muss die jeweilige Schulleitung dafür Sorge tragen, „dass alle an der Schule Tätigen über den Notfallordner informiert sind“. Amokübungen seien hingegen nicht verpflichtend, um die Schülerinnen und Schülern nicht zu verunsichern. An einigen Kölner Schulen existieren „Amoktaster“ im Gebäude, mit denen Hilfe herbeigerufen werden kann.
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Zwar verfüge jede Schule über einen Notfallordner für akute Krisensituationen, räumt Badre Eddine ein, aber von einer solchen müsse das Sekretariat erstmal erfahren. „Im Falle eines Amoklaufs lässt keine Lehrkraft die Klasse allein, schon wegen der Aufsichtspflicht nicht“, erklärt der App-Entwickler.
App gegen die Furcht vor Fehlalarm
Die „Amsos-App“ ermöglicht es, einen stillen Alarm auszulösen, der direkt an die Schulleitung gesendet wird. „Sie erhält eine Push-Benachrichtigung auf dem Smartphone, auch wenn das Handy im Lautlos-, Nicht stören- oder Flugmodus ist“, erklärt der 38-Jährige. Die Funktionsweise sei mit der Nina-Warn-App vergleichbar. Der Vorteil: Die Entscheidung über einen offiziellen Notruf liege bei der Schulleitung oder dem Sicherheitsbeauftragten. „Viele Lehrkräfte haben Hemmungen, den vorgesehenen Notfallplan und womöglich einen nicht nötigen Großeinsatz der Polizei in Gang zu setzen“, sagt Badre Eddine, der Mitglied im Krisen- und Interventionsteam am Düsseldorfer Leo-Statz-Berufskolleg ist.
Da gehe es vor allem um Haftungsfragen, führt er aus. Dieser Respekt ist aber unbegründet: „Lieber einmal zu viel alarmieren, als einmal zu wenig“, sei der eindeutige Tenor, den er in Gesprächen mit Polizisten wahrnehme. Eine Lehrkraft müsse im Ernst- oder Verdachtsfall nur drei Sekunden lang einen Button drücken, die Verantwortung gebe sie an die dafür vorgesehenen Instanzen ab, so Badre Eddine. Für die App brauche es lediglich Zugang zu Wlan oder dem Mobilfunknetz. Im Übrigen sei diese nur als Ergänzung zu den bestehenden Sicherheitsvorkehrungen gedacht. „Es geht vor allem um die schnelle und einheitliche Informationsverbreitung an alle Lehrkräfte im Schulgebäude“, sagt er.
Zurzeit werde die über zwei Jahre entwickelte App an sieben Schulen in Nordrhein-Westfalen getestet, berichtet Badre Eddine. Das Interesse sei sehr groß. Eine dieser Schulen liegt im Stadtbezirk Rodenkirchen. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wollte sich dort kein Verantwortlicher zu bisherigen Erfahrungen und dem Entschluss, die App auszuprobieren, äußern, da die Testphase gerade erst anlaufe.