Zwischen Sommer 2023 und Herbst 2024 hat sich die Zahl der Crack-Konsument mehr als verdoppelt.
Kölner DrogenszeneCrack ist jetzt die dominierende Droge auf dem Neumarkt

Die Drogenszene am Neumarkt wird mittlerweile von Crack dominiert (Symbolbild).
Copyright: Arton Krasniqi
Crack ist laut einer Befragung von 120 Drogenabhängigen die am häufigsten konsumierte illegale Droge in der harten Drogenszene rund um den Kölner Neumarkt. 54 Prozent der Befragten bei einer Studie im Auftrag des NRW-Gesundheitsministeriums gaben an, in den vergangenen 24 Stunden Crack geraucht zu haben. Bei Heroin waren es 51 Prozent. Damit hat Crack, eine rauchbare Form von Kokain, Heroin als dominierende Droge abgelöst.
Im Jahr 2023 lag der Anteil der Crack-Konsumenten bei einer ähnlichen Befragung noch bei 21 Prozent. Zwischen Sommer 2023 und Herbst 2024 hat sich die Zahl der Crack-Konsumenten also mehr als verdoppelt.
Crack-Konsumenten leben unter prekären Bedingungen
Für die Studie hatten die Hochschule Düsseldorf und die Technische Hochschule Nürnberg von September bis Dezember 2024 525 drogenabhängige Menschen im Alter von 17 bis 78 Jahren in Düsseldorf, Köln, Essen und Münster befragt. Auch in den anderen drei Großstädten ist Crack laut der Befragten die am häufigsten konsumierte Droge.
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Für Daniel Deimel, einen der Studienautoren, ist die rapide Zunahme des Crack-Konsums ein Hauptgrund für die Verelendung und die zunehmenden Konflikte im öffentlichen Raum. „Die Hilfssysteme sind darauf nicht vorbereitet“, sagt er. Am Neumarkt brauche es etwa einen größeren Drogenkonsumraum, mit Verweilmöglichkeiten und psychosozialen Betreuungsangeboten. Deimel fordert auch, dass der Kleinhandel in Konsumräumen toleriert wird, ähnlich wie dies in Zürich praktiziert wird. „So sorgen wir dafür, dass die Konsumenten die Räume dauerhaft nutzen und der Sozialraum drumherum entlastet wird.“
Viele der Befragten leben unter prekären Bedingungen: 80 Prozent bekommen Bürgergeld oder Grundsicherung, mehr als jeder Vierte besitzt keine Krankenversicherung. 15 Prozent der Befragten verfügen über keinerlei Einkünfte. Rund 80 Prozent berichteten von Hafterfahrungen. Sie waren im Schnitt viermal inhaftiert mit einer durchschnittlichen Gesamthaftzeit von fast sechs Jahren. In den anderen NRW-Städten sieht die Lage ähnlich aus. Es gibt aber auch Unterschiede: Während in Münster und Essen etwas weniger als die Hälfte der Befragten in eigenen Wohnungen lebt, liegt ihr Anteil in Düsseldorf bei rund 30 Prozent und in Köln nur bei rund 25 Prozent.
Studienautor warnt vor mehr Drogentoten durch synthetische Opioide wie Fentanyl
„Wir sehen, dass sich Probleme wie Wohnungslosigkeit, Drogenkonsum und andere Erkrankungen gegenseitig bedingen und verstärken.“ Gerade in Köln sei die Wohnungsnot ein drängendes Thema. „Wenn man diesen Menschen nachhaltig helfen will, muss man das Thema Obdachlosigkeit angehen“, sagt Deimel.
Er warnt außerdem davor, dass künftig synthetische Opioide wie Fentanyl eine größere Rolle in der Drogenszene spielen könnten. „Wir wissen aus Testungen in anderen Städten, dass schon jetzt Dealer ihrem Heroin vereinzelt Fentanyl beimengen. Wenn sich das weiter ausbreitet, könnte sich die Situation nochmal verschärfen. Es drohen mehr Überdosierungen und damit auch mehr Todesfälle.“
Fentanyl wirkt etwa 50-mal stärker als Heroin, schon winzige Mengen können zu einer Überdosis führen. Vor allem in den USA wird Fentanyl als Droge missbraucht und hat dort eine regelrechte Pandemie mit mehreren tausend Toten im Jahr ausgelöst. Die amerikanische Drogenbehörde DEA stuft Fentanyl als die „tödlichste Drogengengefahr für dieses Land“ ein.
„Unsere Untersuchung zeigt, dass die Droge Crack eine besondere Herausforderung darstellt“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Wir müssen bestehende Angebote an diese neue Situation anpassen.“
Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse solle das Hilfesystem für drogenabhängige Menschen weiterentwickelt werden. Die Befragung zeige aber auch, dass die bestehenden Hilfeangebote wie Streetwork, Kontaktläden, Drogenkonsumräume, Notschlafstellen oder medizinische Angebote mehrheitlich gut angenommen würden. (mit dpa)