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93-Jährige wurde OpferAnwalt von Betrügerin taucht mit 100.000 Euro Bargeld im Kölner Landgericht auf

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Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger André Wallmüller beim Prozessauftakt im Landgericht

Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger André Wallmüller beim Prozessauftakt im Landgericht

Der Prozessauftakt in Saal 23 des Kölner Justizgebäudes verlief sehr kurios.

Eine Bande von Trickbetrügern hat eine Kölner Seniorin um Vermögenswerte in sechsstelliger Höhe gebracht. Mit einem sogenannten Schockanruf gelang es den perfiden Tätern, die 93-Jährige zur Herausgabe von Goldmünzen zu bewegen. Der Wert: rund 311.000 Euro. Nun muss sich eine zweifache Mutter aus Berlin vor dem Landgericht verantworten. Sie hatte die Rolle der sogenannten „Abholerin“ übernommen.

Köln: 120.000 Euro für „Corona-Behandlung“ gefordert

An einem Nachmittag im vergangenen Juni erhielt die Rentnerin den Anruf auf ihrem Festnetztelefon. Die Frau am anderen Ende der Leitung gab sich als Enkelin der Geschädigten aus – tatsächlich hatte die alte Dame zufällig einen solchen Anruf erwartet. Laut Anklage suggerierte die „Enkelin“ ihrem Opfer, schwer an Corona erkrankt zu sein. Diese spezielle Art könne man nur per Injektion behandeln.

Da auch ihre Eltern erkrankt seien, bräuchte sie drei Spritzen, die allerdings pro Verabreichung 40.000 Euro kosteten. Daher benötigte sie 120.000 Euro. „Die Geschädigte suchte nach Bargeld, hatte aber nur 8000 Euro im Haus“, so verlas es der Staatsanwalt. Dann sei der Seniorin aber eingefallen, dass sich in ihrem Tresor noch 144 wertvolle Goldmünzen befänden. Ein „Jackpot“ für die Trickbetrüger.

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Eine Mitarbeiterin der Uniklinik Köln, die die Corona-Behandlung durchführe, würde sich auf den Weg machen, sagte die Anruferin. Diese würde die Münzen dann entgegennehmen. Und so kam es dann laut Anklage auch. Die Besucherin habe der Seniorin sogar mit einer Gebrauchsanleitung geholfen, den Tresor zu öffnen. Dann habe sie die Goldmünzen in einen Beutel gesteckt und sei geflüchtet.

Köln: Seniorin verlor nach der Tat ihren Lebensmut

Erst am nächsten Tag realisierte die 93-Jährige, zum Opfer von Betrügern geworden zu sein. In einem dramatischen Notruf schilderte sie der Polizei, „ganz fürchterlich“ auf den Enkeltrick hineingefallen zu sein. Sie sei vollkommen fertig und sprach von einer Katastrophe. Der Sohn der Dame berichtete im Landgericht, dass seine Mutter danach jeden Lebensmut verloren habe. Sie verstarb im Januar.

Zum Prozessauftakt räumte die 24-jährige Beschuldigte alle Vorwürfe ein. Auf die Schliche gekommen waren die Ermittler der Frau, da sie Fingerabdrücke am Safe hinterlassen hatte. Nach einem ähnlichen Delikt im Jugendalter waren ihre Daten im Polizeicomputer gespeichert. Von der Beute habe sie vier Münzen behalten dürfen und erst beim Verkauf gemerkt, wie wertvoll diese gewesen seien.

Köln: Anwalt mit 100.000 Euro Bargeld im Gericht

Kurios wurde es beim Prozess, als Verteidiger André Wallmüller eine Tasche mit 100.000 Euro Bargeld präsentierte. Das Geld war als Schadenswiedergutmachung und für einen Täter-Opfer-Ausgleich gedacht. Dem Vernehmen nach stammte es von den Hintermännern eines Familienclans. Durch die Zahlung erhoffte sich der Anwalt ein milderes Urteil und zunächst die Aufhebung des Haftbefehls.

Der Sohn der Verstorbenen nahm das Geld aber zunächst nicht an und bestand auf Begleichung der kompletten Schadenssumme. Anwalt Wallmüller nahm die Geldtasche daraufhin wieder mit. Der Prozess wird nun im Oktober fortgesetzt. „Die Geldzahlung war eigentlich vorher so vereinbart“, sagt Wallmüller auf Anfrage. Ob diese noch zustande kommt, muss der nächste Verhandlungstag zeigen.