Laut Wettbewerb sollte das geplante Bürohaus nur 80 Meter hoch sein, das unterstützte auch der Denkmalschutz. Jetzt soll es anders kommen.
Stadtkonservator ändert MeinungHochhaus am Kölner Fernsehturm soll auf 96 Meter wachsen

Diese Visualisierung zeigt das Gebäude noch mit einer Höhe von 80 Metern.
Copyright: Sauerbruch Hutton/Art-Invest
Das geplante Büro-Hochhaus am Fernsehturm Colonius soll statt 80 Meter nun 96 Meter groß werden – obwohl der Architektenwettbewerb im Jahr 2023 laut Stadt „eine maximalen Höhenentwicklung von 80 Metern“ für den ersten Sieger festgelegt hatte. Es handelt sich um einen Entwurf von Sauerbruch Hutton, Bauherr ist der Projektentwickler Art-Invest.
Die 80 Meter als Grenze hatte Stadtkonservator Thomas Werner festgelegt, weil der 266 Meter hohe Fernsehturm seit 2022 unter Denkmalschutz steht und nicht beeinträchtigt werden soll. Die Kanzel befindet sich auf 166 Metern.

So sieht die Visualisierung des 80 Meter hohen Gebäudes aus. Es soll 16 Meter höher werden als ursprünglich geplant.
Copyright: Sauerbruch Hutton/Art-Invest
Doch nun hat Werner seine Meinung geändert, obwohl es laut seiner Aussage durch die 20-prozentige Erhöhung eine „gewisse Veränderung“ des Gebäudeensembles von Büroturm und Colonius gibt. Demnach „ergibt sich für das Wirkungsfeld des Denkmals eine vertretbare Beeinflussung, sodass hier eine positive Abwägung für die größere Gebäudehöhe getroffen werden kann“.
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Der neue Büroturm soll auch etwas weiter weg vom Colonius rücken und näher an der Ecke Innere Kanalstraße/Subbelrather Straße stehen. Bislang befindet sich auf dem Grundstück ein fünf- und ein achtstöckiges Bürohaus, nur im kleineren sind noch Mieter untergebracht.

So sieht die Stelle derzeit aus.
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Art-Invest und die Verwaltung begründen die größere Höhe mit dem städtebaulichen stimmigeren Bild, sowohl das Telekom-Hochhaus (101 Meter) und das Herkules-Hochhaus (102 Meter) stehen jeweils 300 Meter südlich und nördlich von dem geplanten Hochhaus. Sie sollen sich laut Verwaltung, so schreibt sie es tatsächlich, in „einer gut ablesbaren Familie zusammenfügen“.
Hochhäuser als Politikum
Und die Wirtschaftlichkeit spielt eine Rolle: Ab 60 Metern braucht es laut Gesetz etwa einen zweiten Rettungsweg. Die Logik: Jedes Stockwerk mehr, das vermietet werden kann, kompensiert die Baukosten. Art-Invest-Geschäftsführer Arne Hilbert sagte am Mittwoch: „Es geht nicht nur um die reine Höhe, sondern auch um die bessere Lösung.“
Weil der 157 Meter hohe Dom die Stadt prägt und neue Hochhäuser nicht die Sichtachsen verletzen sollen, sind Hochhäuser häufig ein Politikum. Das war und ist auch der Verwaltung bekannt – das zeigt die Tatsache, dass die mögliche Erhöhung auf 96 Meter an oberster Stelle angesiedelt war.

20.06.2024, Köln: Interview mit der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker Foto: Michael Bause
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In einer Einladung zu einem Gespräch mit Vertretern aus Rat und Verwaltung, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, schrieb Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) Anfang April 2024: „Der sehr ansprechende Entwurf basierte auf der Vorgabe in der Auslobung einer maximalen Gebäudehöhe von 80 Meter. Die Vorgabe beruhte auf einer umfänglichen Abstimmung und Sichtfeldstudie zwischen dem Stadtkonservator und der Stadtplanung aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Eintragung des Colonius als Denkmal. Der Investor Art-Invest ist nun auf die Verwaltung zugekommen mit der Bitte, die Höhenentwicklung noch einmal zu überdenken und auch eine Höhe von 96 Meter zuzulassen.“
Laut des neuen Höhenkonzeptes wären die 96 Meter an der Stelle erlaubt. Die Bezirksvertretungen Innenstadt und Ehrenfeld behandeln den Wunsch im Mai, der Stadtentwicklungsausschuss entscheidet darüber am 22. Mai – und Art-Invest kann mit Widerstand rechnen. Das hat eine Abfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergeben.
Grüne müssen noch beraten
Unter anderem sagte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin: „Wir sehen ein Hochhaus mit Gewerbeflächen an dieser Stelle nach wie vor kritisch, umso mehr, wenn nun auch noch die Höhe verändert wird.“ Laut Martin muss die Fraktion aber noch darüber beraten. Der Stadtentwicklungsausschuss besteht aus 13 stimmberechtigten Mitgliedern, die Grünen stellen vier davon.
Linke und Volt haben jeweils einen Sitz, sie sehen das Vorhaben auch kritisch. Linke-Fraktionsgeschäftsführer Günter Bell sagte: „Das geplante Hochhaus soll nun statt 80 Meter sogar 96 Meter hoch werden. Das verschlimmert die Sache noch weiter. Wir bleiben daher bei unserer Ablehnung.“
CDU-Politiker ist irritiert
Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen sagte: „Das ist diskussionswürdig. Dass diese Höhe nicht gewinnmaximierend ist, war schon vor Jahren bekannt. Die Informationen sind für uns noch unzureichend.“ Damit könnten sechs der 13 Mitglieder dagegen stimmen.
Die CDU (drei Sitze) hat sich laut Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz noch nicht festgelegt: „Aus immobilienwirtschaftlicher Sicht kann ich den Wunsch nach mehr Höhe nachvollziehen, weil es wirtschaftlicher ist. Ich bin aber schon irritiert, weil zu dem Thema noch ein Fachgespräch ansteht. Ob wir als CDU-Fraktion der höheren Gebäudehöhe zustimmen, werden wir beraten.“
Knappe Mehrheit möglich
Für die SPD, ebenfalls drei Sitze, sagte Michael Frenzel, dass sie knappe Flächen gut nutzen will: „Deshalb können wir uns eine Zustimmung zu einem höheren Bau grundsätzlich vorstellen, soweit dies mit dem Denkmalschutz vereinbar ist und die Architektur des Gebäudes durch die Erhöhung nicht so verändert wird, dass es dem Ergebnis des Gestaltungswettbewerbs zuwiderläuft.“
Ralph Sterck von der FDP (eine Stimme) sagte: „Die FDP begrüßt, dass die Stadtverwaltung dem bereits im Wettbewerb geäußerten Wunsch nach einer größeren Höhe folgt, weil dies der Architektur und dem städtebaulichen Umfeld gut tut. Man darf nicht immer nur theoretisch höhere Gebäude fordern, um Flächen zu sparen, sondern muss sie praktisch auch ermöglichen. In diesem Sinne hoffe ich, dass die Grünen nicht auch diesen Investor vergraulen.“
Entscheidet sich die CDU für die 96 Meter, hat sie mit SPD und FDP eine knappe 7:6-Mehrheit.
Hilbert rechtet mit je zweieinhalb Jahren Planungs- und Bauzeit, so dass das Hochhaus 2030 stehen könnte. Pläne an der Stelle haben eine lange Geschichte (siehe Info-Artikel). Auf die Frage, ob Köln weitere Büroflächen braucht, sagte er: „Büros in der richtigen Form erfahren weiter eine Nachfrage.“
Die Historie der Hochhaus-Pläne an der Stelle
2017 entscheidet eine Jury: An der Stelle sollen zwei neue Wohntürme (130 und 60 Meter) entstehen. Bauherr ist die Parkview Cologne GmbH. Von den 700 Mikroappartements sollen 30 Prozent mit günstiger Miete über die öffentliche Förderung vermietet werden.
2018 Parkview will nun zwei Türme von 94 und 63 Meter hoch bauen, es handelt sich um den zweitplatzierten Entwurf. Später folgt die nächste Korrektur mit nur noch einem Hochhaus (128,5 Meter) samt Anbau (25,5 Meter).
2019 will Parkview plötzlich entweder Bürotürme (104 und 62 Meter) bauen oder zwei Hochhäuser für Büros und Wohnungen mit 104 und 24 Metern. Die Kölner Politik reagiert verärgert. 2019 verkauft Parkview das Grundstück an Art-Invest.
2022 beschließt der Stadtentwicklungsausschuss, das Verfahren für den Bebauungsplan für ein bis zu 80 Meter hohes Gebäude zu starten.
2023 legt sich eine Jury auf den 80-Meter-Entwurf der Architekten Sauerbruch Hutton fest.