Warum die Kölner neue Wege gehen müssen, um die Touristen vom Dom wegzulocken.
Satirischer WochenrückblickAlles und auf einmal für Touristen


Drei Touristinnen versuchen bei starkem Wind ein Foto vor dem Dom zu machen.
Copyright: Alexander Schwaiger
Geahnt haben wir das schon immer. Doch jetzt gibt es den Beweis. Von wegen weltoffen, tolerant und gastfreundlich. Kölner und ihre Besucher kommen sich nur selten in die Quere. Die Einheimischen meiden Dom-Umgebung und Altstadt wie der Teufel das Weihwasser, weil sie der Trubel nervt.
Die Touris, von der Wucht der Kathedrale völlig ermattet, schleppen sich allenfalls zu den Liebesschlössern auf die Hohenzollernbrücke oder in die Hohe Straße, um dort in einem der gruseligen Süßwaren-Discounter zu enden. Oder in einem der Brauhäuser, die dem Dom am nächsten liegen.
Das lässt sich aus den Bewegungsprofilen der Smartphones ablesen, von den Beweisfotos, die dort millionenfach abgespeichert sind, mal abgesehen. Und in der Heimat herumgezeigt werden. Es soll in China Menschen geben, die noch nie in Köln waren und sich bei ihrem ersten Dom-Besuch fragen: Was mache ich eigentlich hier? Kenne ich doch alles schon.
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Dass es den Berlinern mit dem Brandenburger Tor oder den Münchnern mit dem Hofbräuhaus genauso ergeht, nennt man die Tourismus-Blase.
Was gibt's am Ebertplatz zu sehen?
Eigentlich müsste den Kölnern doch daran gelegen sein, sich etwas gastfreundlicher zu zeigen, damit der Roncalliplatz nicht zu einem kölschen Markusplatz verkommt, auf dem selbst die Tauben Platzangst kriegen. In Venedig kommen auf einen Einwohner 38 Übernachtungen. In Köln sind es nur sieben. Was vermutlich daran liegt, dass die Aida mit ihren Kreuzfahrtriesen am Konrad-Adenauer-Ufer nicht anlegen kann. Wie sollten wir derart viele Touristen von dort mit Reisebussen auch abholen?
Mal abgesehen davon: Was können wir unseren Gästen denn sonst noch zeigen? Außer dem Schokoladenmuseum.
Jedes Mal, wenn ein roter Doppeldecker-Bus den Ebertplatz umkreist und die Touristen erwartungsfroh die Hälse recken, kommt man als Kölner mächtig ins Grübeln. Was gibt es da zu sehen? Den örtlichen Drogenhandel auf einer Fläche, die architektonisch dem Brutalismus doch sehr nahekommt? Den Messekreisel und die Nord-Süd-Fahrt, zwei kölsche Meisterwerke autogerechter Stadtplanung? Das, mit Verlaub, können die Chinesen besser.
Für eine Rundfahrt mit der Bimmelbahn bleibt bei Europa in drei Tagen keine Zeit. Zumal die Warteschlangen vor dem Pariser Louvre nach dem spektakulären Einbruch noch länger geworden sind. Weil sich jeder neben der Mona Lisa jetzt auch noch vor dem zerborstenen Fenster knipsen muss.
Nein. Was wir brauchen, sind Alleinstellungsmerkmale. Dinge, mit denen wir uns von allen Metropolen abheben. Was der Kölner am besten kann, ist das Veranstaltungsmanagement.
Verabschieden wir uns also von den Jahreszeiten, flexibilisieren wir den Tourismus mit einem Ganzjahres-Weihnachtsmarkt am Dom, der Ganzjahres-Sessionseröffnung auf dem Alter Markt, einem Funkenbiwak auf dem Neumarkt und zwei Veedelszügen pro Woche, einer Lachenden Kölnarena am Elften eines jeden Monats und Kölner Lichtern, die Rheinkilometer für Rheinkilometer alle vier Wochen ein Stückchen weiter flussabwärts wandern. Vom Weißer Bogen bis zur Leverkusener Rheinbrücke.
Das ist wahre Gastfreundschaft. Komme, wer will und wann er mag. Wir bieten alles und auf einmal. Weltoffen, wie wir nun mal sind.
