Abo

Verdächtige festgenommenAnschlag auf Weihnachtsmarkt stand nicht unmittelbar bevor

4 min
Mutmaßliches Anschlagsziel war ein Weihnachtsmarkt im Raum Dingolfing.

Mutmaßliches Anschlagsziel war ein Weihnachtsmarkt im Raum Dingolfing.

In Niederbayern werden fünf Männer festgenommen. Ihr Plan soll vorgesehen haben, mit einem Fahrzeug in einen Markt zu fahren. Ein konkretes Ziel und hatten sie wohl noch nicht.

Die wegen mutmaßlicher Anschlagspläne auf einen Weihnachtsmarkt in Niederbayern festgenommenen Männer hatten wohl noch kein konkretes Ziel ausgesucht. „Pläne für einen Anschlag an einem bestimmten Tag oder an einem bestimmten Weihnachtsmarkt gibt es nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht“, sagt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Durch die Festnahmeaktion in Niederbayern konnte eine konkrete Gefahr nach derzeitigem Stand bereits in einem sehr frühen Stadium unterbunden werden.“ Nach derzeitigem Stand gehe er nicht davon aus, dass der Anschlag unmittelbar bevorgestanden habe.

Laut Generalstaatsanwaltschaft München gehen die Ermittler von einem islamistischen Motiv aus. Die Verdächtigen hätten es auf einen Weihnachtsmarkt im Raum Dingolfing abgesehen gehabt und wollten die Tat wohl mit einem Fahrzeug verüben.

Festnahmen am Freitag

Die fünf Männer waren bereits am Freitag von Spezialeinsatzkräften festgenommen worden. Laut Herrmann in Niederbayern. Die Sicherheitsbehörden waren nach eigenen Angaben zwei Tage vorher auf sie aufmerksam geworden. 

Die Generalstaatsanwaltschaft München bestätigte die Festnahmen und mehrere Haftbefehle.

Die Generalstaatsanwaltschaft München bestätigte die Festnahmen und mehrere Haftbefehle.

Am Samstag ergingen Haftbefehle gegen vier der Männer. Einer wurde in Präventivgewahrsam genommen, wie die Generalstaatsanwaltschaft München bestätigte. Laut Herrmann laufen alle Maßnahmen über das Ende der Weihnachtszeit hinaus. Damit sei „erst mal Ruhe“. Ob und falls ja, wie sich die Männer zu den Vorwürfen äußerten, blieb zunächst offen. Als Teil der Ermittlungen sollen laut Herrmann nun technische Geräte wie Handys ausgewertet werden.

Prediger soll in Moschee zu Anschlag aufgerufen haben

Bei den Männern handelt es sich den Ermittlern zufolge um einen 56-jährigen Ägypter, einen 37-jährigen Syrer und drei Marokkaner im Alter von 22, 28 und 30 Jahren. Der Ägypter, ein islamischer Prediger, soll nach derzeitigem Erkenntnisstand in einer Moschee im Raum Dingolfing-Landau zu einem Anschlag aufgerufen haben, „um möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen“, wie die Generalstaatsanwaltschaft erklärte.

Die drei Marokkaner sollen demnach bereit gewesen sein, den Anschlag auszuführen. Ihnen wird vorgeworfen, sich zum Mord bereiterklärt zu haben. Der Syrer soll die Männer in ihrem Entschluss bestärkt haben. Ein Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wird dem Vernehmen nach nicht angenommen. 

Der Ägypter, der mit den anderen Männern in einer Hinterhof-Moschee Gespräche geführt haben soll, lebt nach dpa-Informationen bereits seit rund drei Jahrzehnten in Deutschland und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis. Ganz anders die drei jungen Marokkaner: Sie sollen erst in den vergangenen Monaten als Fachkräfte eingereist sein. Der Syrer soll einen Asylantrag gestellt und etwa vor zwei Jahren subsidiären Schutz erhalten haben. Dieser Schutzstatus ist als vorübergehende Lösung gedacht und dient dem Schutz vor akuten Gefahren im Herkunftsland.

„Potenzieller islamistisch motivierter Anschlag verhindert“

„Dank der hervorragenden Zusammenarbeit unserer Sicherheitsbehörden konnten in kürzester Zeit mehrere Tatverdächtige festgenommen und damit ein potenzieller islamistisch motivierter Anschlag in Bayern verhindert werden“, sagte Innenminister Herrmann. „Wir sind in der Lage, unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen!“ Polizei und Sicherheitsbehörden beobachteten und beurteilten die Lage weiterhin aufmerksam. „Es gibt daher keinen Anlass auf die Durchführung oder den Besuch von Weihnachtsmärkten zu verzichten.“

Auch im Landkreis Dingolfing-Landau gehen die Weihnachtsmärkte unterdessen weiter, wie Landrat Werner Bumeder (CSU) laut Mediengruppe Bayern sagte: „Die laufenden und geplanten Christkindlmärkte finden statt, von behördlicher Seite gibt es diesbezüglich keine Änderungen oder zusätzliche Auflagen. Sicherheitskonzepte lagen für alle Märkte bereits vor, diese haben weiterhin Bestand.“

Polizei: Sicherheitsmaßnahmen müssen nicht verschärft werden

Auch die Polizeipräsidien in Niederbayern sowie in München und Nürnberg, wo es große und bekannte Weihnachtsmärkte gibt, sehen auf dpa-Anfrage keine Notwendigkeit, die Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen

Die Sicherheit sei schon jetzt hoch, hieß es, an der Lage habe sich durch die aktuellen Ereignisse nichts geändert. Zumal ein möglicher Angriff mit einem Fahrzeug in den Sicherheitskonzepten bereits bedacht sei. 

Als weiteres Argument führt unter anderem das Polizeipräsidium Niederbayern an, dass die Verdächtigen ja festgenommen worden seien und von ihnen daher keine Bedrohung ausgehe. Ein Sprecher aus Nürnberg betonte: Dies zeige, dass die Sicherheitsbehörden sehr fokussiert seien. 

Frühere Anschläge

Weihnachtsmärkten gilt seit längerem besondere Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden - auch wegen früherer Anschläge. So steuerte ein radikalisierter Islamist am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen in die Menschenmenge auf dem Berliner Breitscheidplatz und tötete damit 13 Menschen, wobei einer erst Jahre später an den Folgen starb.

Im vergangenen Jahr raste ein Autofahrer absichtlich über den Magdeburger Weihnachtsmarkt, tötete damit sechs Menschen und verletzte mehr als 300 weitere. Derzeit läuft am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen den geständigen Täter aus Saudi-Arabien, der seit 2006 in Deutschland lebt. (dpa)