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HandelskriegMeloni umgarnt Trump – und erreicht im Weißen Haus nichts

Lesezeit 4 Minuten
Einer spricht, die andere hört zu: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei ihrem Treffen mit Donald Trump im Weißen Haus. /Chris Kleponis - Pool via CNP

Einer spricht, die andere hört zu: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei ihrem Treffen mit Donald Trump im Weißen Haus. /Chris Kleponis - Pool via CNP

Die italienische Ministerpräsidentin Meloni wird bei ihrem Besuch im Weißen Haus von Trump mit Lob überschüttet. Doch zu Wort kommt sie nur selten.

Man wüsste wirklich gerne, was in Giorgia Meloni vorgeht, während sie sich auf dem Sessel vor dem neuerdings vergoldeten Kamin im Oval Office stumm hin- und herbewegt. Zwei Stunden zuvor hat sie der Hausherr überschwänglich als eine der „wirklichen Anführerinnen der Welt“ begrüßt und für ihren „fantastischen Job“ gelobt. Doch nun findet Donald Trump offenbar, dass die Scheinwerfer wieder auf ihn gerichtet sein sollten.

Eine halbe Stunde lang redet fast nur er, während die italienische Premierministerin mit leicht gesenktem Kopf zu ihm herüberschaut. Meloni hat ihre Beine übereinandergeschlagen und sich nach vorne gebeugt. Einmal stellt sie ihren rechten Unterarm senkrecht auf das obere Knie, um ihr Kinn auf der Hand abzustützen. Vielleicht ist es der Jetlag. Aber sonderlich glücklich wirkt die 48-Jährige nicht.

Der Zollhammer schwebt über dem alten Kontinent

Dabei waren die Erwartungen an den Besuch der Rechtspopulistin daheim in Europa groß gewesen. Vor ihr hatten zwar schon der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer dem starken Mann im Weißen Haus ihre Aufwartung gemacht. Doch da war es noch überwiegend um den Ukraine-Krieg gegangen. Nun schwebt der gewaltige Zollhammer über dem alten Kontinent. Manche Beobachter hatten geglaubt, dass die Italienerin Trump mit einer Charmeoffensive einwickeln könnte – sei es zu Gunsten der gesamten EU oder für eine Sonderbehandlung Italiens.

Meloni verspricht in Washington mehr Geld für die Verteidigung

Das klingt vielversprechend. Die Agenturen schicken Eilmeldungen heraus, und an den Aktienbörsen steigen die Kurse. Das ist ganz im Sinne von Trump, der am frühen Morgen die Märkte mit der Drohung, Fed-Chef Jerome Powell herauszuschmeißen, mal wieder in Turbulenzen gestürzt hat. Meloni tut alles, um ihren Gastgeber bei Laune zu halten. „Ich bin hier, um den Westen stärker zu machen“, wirbt sie für transatlantische Gemeinsamkeit. Als Erstes werde Italien seine Verteidigungsausgaben von 1,5 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben. Das freilich wurde schon vor zehn Jahren in der Nato vereinbart und scheint Trump nicht übermäßig zu beeindrucken.

„Ich bin sicher, dass wir einen Deal machen können und bin gekommen, um dabei zu helfen“, sagt Meloni mit Blick auf den Handelsstreit. Sie hat vorgeschlagen, dass beide Seiten die Zölle auf Null senken. Nach dem Mittagessen weist sie vor laufenden Kameras auf die ideologischen Gemeinsamkeiten ihrer und der amerikanischen Regierung hin: Sie hebt den Kampf gegen die „woke Ideologie“, gegen illegale Migration und gegen synthetische Drogen hervor. Trump merkt an, dass Europa im Umgang mit der Einwanderung „sehr viel klüger“ werden müsse. „Wir beginnen damit“, antwortet Meloni: „Die Dinge ändern sich.“

Tatsächlich weckt Trump gleich bei der Begrüßung große Erwartungen. Demonstrativ freundlich begrüßt er die ganz in Weiß gekleidete Ministerpräsidentin am Eingang des West Wing. „Sie ist eine großartige Person“, sagt er und deutet für die Fotografen mit dem Finger auf die Italienerin. Wie optimistisch er sei, den Zollstreit beilegen zu können, will ein Reporter wissen. Die Antwort geht im Autolärm unter. Einige Beobachter glauben aus der Bewegung der präsidialen Lippen ein „sehr zuversichtlich“ ablesen zu können.

Vorerst freilich gelten 25-prozentige Auto- und Stahlzölle, und Trump hat den zusätzlichen Universalaufschlag von 20 Prozent auf sämtlichen europäischen Einfuhren nur bis zum 9. Juli auf zehn Prozent halbiert. Was denn passiere, wenn bis dahin keine Übereinkunft gefunden sei, will eine Reporterin drinnen im Kabinettssaal wissen, wo sich Trump und Meloni mit jeweils einer Handvoll Minister beim Mittagessen gegenübersitzen. „Oh, es wird einen Handels-Deal geben“, wischt der Präsident die Frage beiseite: „100 Prozent!“

Zölle: Trump bleibt auch bei Meloni hart

Dann können Fragen gestellt werden, und es geht um alle möglichen amerikanischen innenpolitischen Themen. Trump schwadroniert über Fed-Chef Powell, sinkende Eierpreise und Jimmy Carter, der kein so schlechter Präsident wie Joe Biden gewesen sei. Es ist seine übliche Platte. Nur zum Handelskrieg sagt er praktisch nichts. Ob Meloni seine Haltung zu Zöllen verändert habe, will eine Reporterin schließlich wissen. „Nein“, antwortet der Präsident hart: „Zölle machen uns reich.“ Das klingt nicht so, als habe das Treffen einen Durchbruch gebracht. „Zu einem gewissen Zeitpunkt“ werde es wohl Abkommen mit den betroffenen Ländern geben, wiegelt Trump regelrecht ab: „Wir sind nicht in Eile.“

Immerhin endet Melonis Besuch deutlich freundlicher als der des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der vor zwei Monaten von Trump wegen Widerworten aus dem Weißen Haus geworfen worden war. Daran erinnert ein italienischer Reporter, der in seiner Muttersprache fragt, ob Selenskyj für den Krieg verantwortlich sei, wie Trump das nahegelegt hatte.

Zunächst stockt die Übersetzung. Trump versteht kein Wort. Aber er strahlt. „Das klingt großartig“, schwärmt der Präsident über die fremde Sprache: „Das wurde wunderbar vorgetragen.“ Dankend nimmt er später eine Einladung von Meloni nach Rom an. „Wir haben viele Italiener in unserem Land“, sagt er zum Abschied: „Sie haben für Trump gestimmt. Sie mögen Trump.“