Nach dem Messerangriff auf eine Lehrerin an einem Berufskolleg in Essen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wegen zweifachen versuchten Mordes übernommen.
Bundesanwaltschaft ermitteltEssener Messerangreifer soll weitere Opfer in Synagoge gesucht haben

Einsatzkräfte bringen die Trage mit einer verletzten, tatverdächtigen Person zu einem Rettungswagen.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den 17-Jährigen übernommen, der vergangene Woche eine Lehrerin am Essener Berufskolleg niedergestochen hat. Der Vorwurf lautet auf zweifachen Mordversuch, weil der Kosovare zuvor einem Obdachlosen bei einer Busfahrt in den Rücken gestochen haben soll. Zudem habe er nach seinen Taten womöglich noch zweimal erfolglos versucht, in einer ehemaligen Essener Synagoge weitere Opfer zu finden, heißt es.
Darauf sind die Ermittler gestoßen, als sie versuchten, den Fluchtweg des Schülers nach dem Attentat auf die Lehrerin zu konstruieren. Unter anderem wurden dafür dessen Handydaten genutzt. Den bisherigen Ermittlungen zufolge betrat der junge Mann die Alte Synagoge in Essen und erkundigte sich bei einer Mitarbeiterin, welcher Religion sie angehöre. Sie sei Christin antwortete die Frau. Wortlos soll sich der Jugendliche daraufhin umgedreht und die Einrichtung wieder verlassen haben.
Islamistischer Hintergrund
Die Bundesanwaltschaft begründete die Übernahme der Ermittlungen auch mit der besonderen Bedeutung des Falles. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen lägen weiter beim Polizeipräsidium Essen. Die Taten seien vermutlich „religiös motiviert“, hat der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages gesagt. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben die bei einer Hausdurchsuchung sichergestellten Handyvideos des Kosovaren einen islamistischen Hintergrund.
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Wenn die Bundesanwaltschaft Ermittlungen übernimmt, wird der Tatverdächtige danach in der Regel in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihm einen neuen Haftbefehl eröffnet. Das kann aber mehrere Tage oder Wochen dauern.
Täter war schon mehrfach straffällig geworden
„Wir gehen von einem dschihadistischen und gewaltverherrlichenden Hintergrund aus“, war aus Sicherheitskreisen zu erfahren. Nach den Messerattacke auf die Lehrerin habe der Beschuldigte seine Tat in einem Video glorifiziert. Sein Opfer habe den Propheten beleidigt, deshalb will der Schüler zugestochen haben. Immer wieder rief er in dem Clip auch „Alahu Akbar“.
Laut Innenministerium war der Jugendliche bereits wegen Bedrohung, Verstoß gegen das Waffengesetz beziehungsweise gefährlicher Körperverletzung und Besitz von Kinderpornographie polizeibekannt. Im Frühjahr 2023 habe es „im Rahmen von Verhaltensauffälligkeiten“ zudem eine Fallkonferenz mit der damaligen Schule und dem Essener Jugendamt gegeben, bei der der Kosovare von der örtlichen Polizei als „Person mit Risikopotential“ eingestuft wurde.
Polizei hatte den Jugendlichen als „Person mit Risikopotential“ eingestuft
„Nachdem er vier Monate polizeilich nicht mehr in Erscheinung getreten war und die Familie beim Jugendamt angebunden werden konnte, wurde das Risiko einer zielgerichteten Gewalttat als unwahrscheinlich eingeschätzt und der Verdächtige im August 2023 wieder ausgestuft“, so Reul.
Landeskriminalamt NRW werde diese Entscheidung der Essener Kollegen jetzt noch einmal überprüfen. Zumal es nach der Ausstufung „noch zwei weitere Vorfälle mit dem Jungen Mann“ gegeben habe. „Und zwar eine Bedrohung in 2024 und eine wechselseitige gefährliche Körperverletzung im April 2025“, berichtete der Innenminister. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll er einige Monate später jedoch ein Mädchen mit dem Tode bedroht und einen Mitschüler nach einem Streit über religiöse Fragen mit Pfefferspray angegriffen haben.