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KommunalwahlPolitische Bubbles prägen den Bergisch Gladbacher Wahlkampf

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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mit dem Bürgermeisterkandidaten Alexander Felsch geben in der Fußgängerzone ein Interview.

Interessantes Interview-Duo: NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mit dem Bürgermeisterkandidaten Alexander Felsch.

In der Gladbacher Fußgängerzone geht der Kommunalwahlkampf in den Endspurt. Zu treffen waren Herbert Reul (CDU) und Caroline Bosbach (CDU).

Das Wort des Jahres 2024 war „Ampel-Aus“, 2023 war es „Krisenmodus“ und 2022 war es „Zeitenwende“. Hier der Vorschlag für 2025: „Bubble“. Damit ist die eigene Lebenswirklichkeit gemeint, die sich von anderen Gruppen unterscheidet. Ein Gang durch die Gladbacher Fußgängerzone an einem schönen, sonnigen Samstagmittag ist ein Gang durch Bubbles, durch politische Bubbles.

Die Parteien haben ihre Stände aufgebaut. Die Stimmung ist überall gut.   Komisch, es kann doch nicht nur Gewinner geben.   Und zu der guten Stimmung und Sonnenschein paart sich an allen Ständen auch Unsicherheit: Wie ist wirklich die Stimmung – außerhalb meiner Bubble?

Bubble an Bubble reihen sich die politischen Gruppen

Am Trotzenburgplatz haben sich CDU, Grüne und FDP aufgebaut. Optisch dominiert ganz klar die CDU mit ihrem Container für ihren Bürgermeisterkandidaten Alexander Felsch, der ja auch der Kandidat der FDP ist. Und der Kandidat kommt mit dem Fahrrad. Er wähle das Fortbewegungsmittel je nach Lage der Dinge – bei diesem Wetter war es wohl keine echte Frage.

In Richtung Konrad-Adenauer-Platz kommt einige Meter nichts, dann stehen dort die Stände von AfD, Linke, Freie Wählergemeinschaft, SPD und Bürgerpartei GL. Bubble an Bubble.

Auch FWG und Linke waren bei Sonnenschein anzutreffen

Zum Beispiel die der Freien Wählergemeinschaft (FWG). Ihr Fraktionsvorsitzender Rainer Röhr weiß so gar nicht, wie die Arbeit der FWG in den vergangenen fünf Jahren im Rat von der Bevölkerung bewertet wird. Wer sich für Lokalpolitik interessiert, der hat mitbekommen, wie sich die FWG zu einer Art Zünglein an der Waage entwickelt hat und auch mit eigenen Anträgen Impulse gesetzt hat. „Ich habe kein Gefühl dafür, ob das honoriert wird.“ Ein wenig ängstlich geht sein Blick zum Stand der Bürgerpartei GL, die sich ja auch als „Wählergemeinschaft“ verkauft. „Hoffentlich verstehen die Wähler, dass wir nichts mit denen zu tun haben.“

Am Stand der Linken wird es bunt und jung. Schon vergessen: Bei der Europawahl 2024 erreichte diese Partei 1,85 Prozent der Stimmen. Das war der Tiefpunkt. Bei der Bundestagswahl 2025 waren es in Gladbach 5,1 Prozent – und derzeit liegt sie nach aktuellen Umfragen in NRW bei sieben Prozent. Aber auch dort fällt der Satz: „Wir können es eigentlich schlecht einschätzen.“

Äpfel gab es am Stand von SPD-Politiker Marcel Kreutz

Theresia Meinhardt, die Co-Vorsitzende der Grünen, macht nicht nur Wahlkampf in der Fußgängerzone, sondern geht auch einkaufen. Sie berichtet von einem „unglaublichen intensiven Wahlkampf“. Gerade die letzten Tage im Häuserwahlkampf. Da habe es viel Zuspruch gegeben und – auch für sie erstaunlich – keine wüsten Beschimpfungen. Ein Gegensatz zu den vielen Beschädigungen von Wahlplakaten, von denen alle Parteien berichten. Die Grünen wollen mit der SPD weiter im Rat zusammenarbeiten. Unbedingt. Ob es der Partei nicht geschadet hat, keinen eigenen Kandidaten aufgestellt zu haben? „Marcel Kreutz ist ja unser Kandidat“, sagt sie und umgeht so eine direkte Antwort, denn Marcel Kreutz ist SPD-Parteimitglied. Und dann: „Ich bin gespannt auf das Wahlergebnis.“ Es klingt nicht unbedingt nach freudiger Erwartung.

SPD-Bürgermeisterkandidat Marcel Kreutz hält eine hölzerne Kiste voller Äpfel im Arm.

Äpfel und gute Laune brachte SPD-Bürgermeisterkandidat Marcel Kreutz mit.

Am Stand der SPD werden Äpfel verteilt. Gute Laune verbreitet da vor allem einer: Marcel Kreutz. Er ist seit Tagen etwas erkältet und begrüßt die Bürger mit einem „besser halten sie ein wenig Abstand“. Aber das wollen die gar nicht. Es reichen ein paar Minuten neben dem Stand, um zu sehen, dass Kreutz inzwischen nicht mehr auf die Passanten zugehen muss, sondern die Menschen sich an ihn wenden. Die Stimmung am SPD-Stand zieht der Kandidat eindeutig nach oben.

Am CDU-Stand versammelte sich politische Prominenz

Zurück am CDU-Container. Da ist inzwischen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) eingetroffen, der vom Bürgermeisterkandidaten Alexander Felsch interviewt wird. Das sieht nach Augenhöhe aus und nicht nach einem kleinen Kandidaten, der mit dem mit Abstand beliebtesten CDU-Politiker des NRW-Kabinetts diskutiert. Eine Menschentraube hat sich um das Interview-Duo gebildet. So war das schon im ganzen Wahlkampf: Felsch kann mit viel politischer Prominenz große Menschenmassen anziehen. Und er ist Teil einer großen CDU-Familie, deren Mitglieder tief und fest in Rhein-Berg verwurzelt sind. Ihm steht ein riesiges Netzwerk zur Verfügung. Aber wie das so ist in einer großen Familie – es gibt auch Streit. Die Bundestagsabgeordnete Caroline Bosbach hat sich nun doch entschieden, für Felsch Wahlkampf zu machen. Seit Monaten will oder kann sie nicht öffentlich erklären, warum sie 2500 Euro von einem jungen CDU-Mitarbeiter angenommen hat, der per Eides statt erklärt, Scheinrechnungen für Caroline Bosbach bei der CDU gestellt zu haben. Erst wollte sie sich nicht im Wahlkampf zeigen, um Schaden von der Partei und dem Kandidaten abzuhalten. Da hat sie umgedacht. Viele nehmen Caroline Bosbach herzlich in den Arm – viele halten ostentativ Abstand zu ihr. Ist sie eine Hilfe oder eine Last für Felsch? An Aufmerksamkeit fehlt es am CDU-Stand jedenfalls nicht.

Wer von Stand zu Stand geht, der nimmt Teil an Gesprächen über Schulen, Verkehr, Zanders – und hört die Gretchenfrage: Wie wird das Wahlergebnis? Erwartet wird an allen Ständen eine Stichwahl zwischen den Bürgermeisterkandidaten Felsch (CDU/FDP) und Kreutz (SPD/Grüne). Aber wie stark wird die AfD in Bergisch Gladbach? In den verschiedenen Lagern, den unterschiedlichen Bubbles, gibt es auch darauf unterschiedliche Antworten, aber eine gemeinsame Hoffnung: Hoffentlich nicht so viele Stimmen. Das klingt am Stand der AfD natürlich ganz anders: In dieser Bubble herrscht Optimismus pur.