In den allermeisten Polizeieinsätzen bleibt die Dienstwaffe ungenutzt, doch es gibt auch Fälle, in denen Beamte auf Menschen schießen.
Selten, aber oft dramatischMindestens 28 Polizeischüsse in NRW 2025 – zwei Tote

Die meisten Schüsse der Polizei auf Menschen in NRW hatten keine tödliche Wirkung. (Symbolbild)
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Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2025 häufiger auf Menschen geschossen als im Vorjahr, allerdings seltener mit tödlichem Ausgang. So gab es bis einschließlich November 18 Verletzte durch Schusswaffengebrauch der Polizei, wie das NRW-Innenministerium auf Anfrage mitteilte. Zwei Menschen starben.
Insgesamt sei in den ersten elf Monaten des Jahres 19 Mal unmittelbar auf Menschen gezielt worden, siebenmal richtete sich der Schusswaffengebrauch der Statistik zufolge gegen „Personen in Sachen“, was in aller Regel bedeute, dass die Polizei auf mit Menschen besetzte Fahrzeuge geschossen habe.
Mögliche weitere Fälle aus dem Dezember sind in der Erhebung bislang nicht erfasst. Mit einem medial bekannt gewordenen Fall aus Mönchengladbach, bei dem die Polizei auf einen wohl bewaffneten mutmaßlichen Räuber geschossen hatte, summieren sich die Einsätze mit Schusswaffengebrauch gegen Menschen damit auf mindestens 27 im ablaufenden Jahr.
Ein weiterer Fall kam am 27. Dezember dazu, als in Bochum ein Spezialeinsatzkommando (SEK) einen 28-Jährigen nach Schusswaffengebrauch festnahm. Der durch die Schussabgabe verletzte Mann kam anschließend ins Krankenhaus. Er hatte zuvor mehrere Autos beschädigt und ein Messer gezogen.
Deutlich mehr Tote bei Polizeieinsätzen im Vorjahr
Zum Vergleich: Im Vorjahr waren bei insgesamt 14 registrierten Einsätzen mit Schusswaffengebrauch gegen Personen oder Personen in Autos in NRW sieben Menschen ums Leben gekommen, bei insgesamt sieben Verletzten.
Detailliertere Angaben sind den Daten nicht zu entnehmen. Insofern seien keine Schlussfolgerungen zur Örtlichkeit oder den zugrunde liegenden Sachverhalten möglich, hieß es aus dem Innenministerium.
Meist entscheiden Sekundenbruchteile
Grundsätzlich stellten gewaltsame, manchmal lebensbedrohliche Angriffe die Polizisten und Polizistinnen vor sehr große Herausforderungen, teilte ein Sprecher mit. „Ein einzelner Messerstich kann unter bestimmten Umständen zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod führen“, hieß es weiter.
Entsprechend müsse in Sekundenbruchteilen eine schwerwiegende Entscheidung getroffen werden: Der Schusswaffengebrauch sei in solchen Fällen stets die „ultima ratio“ – das letzte zur Verfügung stehende Mittel, um eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben abzuwenden.
Schusswaffengebrauch gegen Kind wirft Fragen auf
Besondere Betroffenheit löste ein Einsatz vom 17. November in Bochum aus, bei dem ein Polizeibeamter einen Schuss auf ein gehörloses zwölfjähriges Mädchen abgab und es lebensgefährlich verletzte. Laut den noch laufenden Ermittlungen in dem Fall soll das Mädchen zuvor mit Messern auf die Beamten zugegangen sein. Sie befürchteten demnach einen Angriff. Der Anwalt des Mädchens übt scharfe Kritik an dieser Darstellung und zweifelt die Neutralität der ermittelnden Behörden an.
Inzwischen eingestellt sind die Ermittlungen nach Auskunft der zuständigen Staatsanwaltschaften in den beiden tödlich geendeten Einsätzen des letzten Frühjahrs: In Dortmund hatte im März ein Polizist einen 70-Jährigen erschossen, nachdem dort ein Rettungseinsatz eskaliert war.
Die Polizei habe aus Notwehr und damit rechtmäßig gehandelt, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft später. Der Mann habe sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen mit einem Messer auf die Polizei zubewegt – trotz mehrfacher Aufforderungen, das Messer fallen zu lassen und der Drohung, dass ansonsten geschossen werde.
Verfahren eingestellt: erwiesene Unschuld der Polizei
Nur drei Tage später fielen in Herne bei einem Einsatz erneut tödliche Schüsse: Als ein 51-Jähriger mit einem Messer auf mehrere Beamte in seinem Treppenhaus zustürmte, erschoss ihn ein damals 26-jähriger Polizist. Zuvor hatte der Mann in seiner Wohnung randaliert und auch Gegenstände aus dem Fenster geworfen.
Eine Frau wurde dabei getroffen und schwer verletzt. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Mann in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen sei. Der Polizist habe geschossen, um das eigene Leben sowie das der Kollegen und der verletzten Nachbarin zu schützen, erklärte ein Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft. Das Verfahren gegen ihn sei daher wegen erwiesener Unschuld kurz vor den Feiertagen eingestellt worden. (dpa)

