Am Sonntag reist Wolodymyr Selenskyj für Gespräche zu Donald Trump. Aus Moskau kommen schon zuvor eindeutige Signale.
Selenskyj trifft TrumpUniform, Großangriff, Drohungen – Putin bekräftigt Kriegskurs

Kremlchef Wladimir Putin in Uniform bei einem Besuch der Kommandoposten der Gemeinsamen Gruppe der russischen Streitkräfte. (Archivbild)
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Kremlchef Wladimir Putin hat sich in Uniform von seinem Generalstab über angebliche neue Eroberungen in der Ukraine informieren lassen. Putins Auftritt in Militärkleidung kurz vor einem an diesem Sonntag in Florida geplanten Treffen des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump dürfte kein Zufall sein.
Der Kremlchef fordert Selenskyj seit längerem zum Rückzug ukrainischer Truppen im Donbass auf. Selenskyj wirft Putin derweil immer wieder Lügen über angebliche Eroberungen vor und lehnt eine Kapitulation ab.
Putin droht erneut mit militärischer Einverleibung des Donbass
Putin drohte nun erneut, dass Russland sich den Donbass – dazu gehören die Gebiete Donezk und Luhansk – auch militärisch einverleiben könne. Der Kremlchef warf Selenskyj zudem in einem vom Kreml am Samstagabend veröffentlichen Clip vor, kein Interesse an einem Friedensabkommen zu haben.
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„Wenn der Machtapparat in Kyjiw nicht bereit ist, die Angelegenheit friedlich zu regeln, dann werden wir alle vor uns liegenden Aufgaben im Rahmen der militärischen Spezialoperation mit Waffengewalt lösen“, drohte Putin. Militärische Spezialoperation ist die offizielle Bezeichnung in Russland für den 2022 begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Bisherige Friedensgespräche scheiterten bisher stets an Moskau Bedingungen, die in vielen Punkten einer ukrainischen Kapitulation gleichkommen.
Kremlchef verkündet neue Eroberungen – Ukraine widerspricht
Erneut sprach Putin am Samstag von neuen Eroberungen durch die russische Armee. Zuletzt hatte Russland mehrfach von Geländegewinnen an der Front berichtet, die von der Ukraine in vielen Fällen bestritten wurden.
Diesmal behauptet Moskau, die Stadt Myrnohrad im Gebiet Donezk sei eingenommen worden. Nach der Eroberung von Siwersk im Norden des Gebiets Donezk sei nun der Weg frei auf die Großstadt Slowjansk, verkündete Generalstabschef Waleri Gerassimow. Die russischen Truppen seien an der gesamten Frontlinie auf dem Vormarsch, hieß es weiter aus Moskau.

Kremlchef Wladimir Putin (r.) im Gespräch mit dem russischen Generalstabschef Waleri Gerassimow. (Archivbild)
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Erobert wurde nach russischen Militärangaben auch die Stadt Huljajpole im Gebiet Saporischschja. In einer Erklärung des ukrainischen Generalstabs auf Facebook am späten Samstagabend hieß es, die Berichte des Kreml seien falsch. Die Lage in Huljajpole wie auch in Myrnohrad sei schwierig, man verteidige die Städte aber weiter, die feindlichen Einheiten könnten ihre Pläne weiter nicht in die Tat umsetzen.
Nicht nur ukrainische Experten, sondern auch moskautreue Militärblogger hatten zuletzt immer wieder erklärt, dass das russische Verteidigungsministerium von den unter Erfolgsdruck stehenden Kommandierenden vor Ort über angebliche Erfolge informiert werde, die es so nicht gebe. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben von der Frontlinie kaum.
„All das richtete sich gegen unser Volk, gegen das Leben selbst“
Dass Moskau weiterhin auf Konfrontation setzt, war unterdessen bereits vor Putins Auftritt in Uniform deutlich geworden. „Allein in dieser Woche haben sie über 2.100 Kampfdrohnen, rund 800 gelenkte Bomben und 94 Raketen verschiedener Typen eingesetzt“, berichtete der ukrainische Präsident Selenskyj am Sonntag auf der Plattform X über massive russische Angriffe in den letzten Tagen.
„All das richtete sich gegen unser Volk, gegen das Leben selbst und alles, was dessen normales Funktionieren ermöglicht – vor allem gegen unsere Energieinfrastruktur“, fügte Selenskyj hinzu. Die russische Armee hatte zuvor insbesondere die ukrainische Hauptstadt Kyjiw attackiert.
Ukraine warnt Putin vor einem „hohen Preis“
„Putin hat absichtlich einen massiven Bombenangriff auf Wohngebiete und kritische Infrastruktur in Kyjiw angeordnet, gerade als sich die Staatschefs der Ukraine und der USA auf ein Treffen zur Förderung des Friedensprozesses vorbereiteten“, schrieb der ukrainische Außenminister Andrii Sybiha bei X.
Russlands einzige Antwort auf Friedensbemühungen seien brutale Angriffe, hieß es weiter von Sybiha. „Putin muss sich darüber im Klaren sein, dass eine weitere Ablehnung des Friedens für ihn und sein Regime einen sehr hohen Preis haben wird“, drohte der Außenminister.

Ein Mann verlässt ein Haus, das nach einem russischen Angriff auf Kyjiw, Ukraine, zerstört wurde.
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In Kyjiw herrschte Entsetzen angesichts der massiven Angriffswelle. „Plötzlich flogen überall um mich herum Gegenstände herum. Es war furchtbar, es fühlte sich an wie ein Erdbeben“, zitierte die Zeitung „Kyiv Independent“ eine 73-jährige Bewohnerin. „Sie haben uns die ganze Nacht bombardiert“, fügte die hinzu. „Ich habe die ganze Nacht Explosionen gehört.“
„Fast zehn Stunden lang wurde Kyjiw bombardiert“
Auch im Westen sorgte der erneute russische Großangriff sowie Putins Ausführungen für Empörung und scharfe Kritik. Es sei eine der „längsten Nächte voller Angriffe“ in der Ukraine gewesen, schrieb etwa der frühere britische Verteidigungsminister Grant Shapps bei X.
„Fast zehn Stunden lang wurde Kyjiw von Drohnen und Raketen bombardiert. Familien verbrachten die Nacht in Schutzräumen – Entwarnung gab es erst am späten Vormittag“, hieß es weiter von Shapps. „Putin zerstört bewusst eine zivile Stadt – und fordert die Welt heraus, das zu akzeptieren!“
„Soviel zu ‚Verhandlungsbereitschaft‘ von Putin. Wir müssen anfangen uns zu wehren – Luftverteidigung, härtere Sanktionen, Einreisestopp“, schrieb derweil der Grünen-Politiker Janosch Dahmen bei X angesichts des erneuten Großangriffs.
Ähnlich schätzen auch Politik-Experten die Lage vor dem Treffen von Selenskyj und US-Präsident Trump in den USA ein. „Putin bestätigt zum 51.387. Mal, dass er etwas anderes als die Kapitulation der Ukraine nicht akzeptiert“, kommentierte etwa Thomas Jäger, Professor für internationale Politik an der Universität Köln, die jüngsten Äußerungen des Kremlchefs.
Sergej Lawrow attackiert erneut Europa
Aus Moskau kam unterdessen am Sonntag erneut ein eindeutiges Signal, diesmal von Außenminister Sergej Lawrow, der erneut Europa ins Visier nahm. „Europa und die Europäische Union sind zum Haupthindernis für Frieden geworden“, sagte Russlands Chefdiplomat der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.
Die europäischen Staaten machten „kein Geheimnis aus ihren Plänen, sich auf einen Krieg mit Russland vorzubereiten“, behauptete Lawrow weiter. Die Ukraine sei Europa hingegen „offenbar egal“, fügte der Außenminister an und drohte, dass europäische Truppen in der Ukraine von Moskau als „legitimes Ziel betrachtet“ werden würden.
Selenskyj reist mit Rückendeckung zu Donald Trump
Selenskyj hat sich vor seinem Treffen mit US-Präsident Trump die Rückendeckung von seinen europäischen Verbündeten geholt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sicherte Selenskyj am Samstag nach einer Telefonschalte mit weiteren europäischen Entscheidungsträgern „volle Unterstützung“ zu.
„Wir treten in enger Koordination mit den USA für einen nachhaltigen und gerechten Frieden ein“, schrieb Merz am Samstagabend im Onlinedienst X nach einem gemeinsamen Telefonat mehrerer europäischer Staats- und Regierungschefs mit Selenskyj. „Die Ukraine hat die volle Unterstützung der Berlin-Gruppe“, betonte Merz in Bezug auf ein Treffen der europäischen Unterstützer der Ukraine Mitte Dezember in Berlin.
Ausgang der Gespräche in den USA bleibt offen
Der Ausgang der Gespräche in Florida gilt als offen. Trump hatte am Freitag betont, dass nichts beschlossen sei, solange er kein grünes Licht gebe. Selenskyj habe „nichts, solange ich nicht meine Zustimmung gebe“, sagte Trump gegenüber dem US-Magazin „Politico“ und fügte hinzu: „Wir werden also sehen, was er hat.“
Die USA hatten im November einen 28-Punkte-Plan zur Beendigung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine vorgelegt. Der als sehr russlandfreundlich kritisierte Text wurde in den folgenden Wochen auf Drängen Kiews und seiner europäischen Verbündeten überarbeitet. (mit dpa/afp)

